Willkommen beim Original und Testsieger.
Online seit 2004, mit über 140.000 Fragen & Antworten. 
00.000
Bewertungen
0,0/5,0
Günstige Rechtsberatung für alle.
Anwalt? Mitmachen

Steht uns Erbteil am Erbe der Großmutter nach Ausschlagung des Erbes des Vaters zu?

| 27. Januar 2025 12:54 |
Preis: 75,00 € |

Erbrecht


Beantwortet von

Im Folgenden geht es um die Frage, ob meine Schwester und ich noch Anspruch auf einen Erbanteil am Erbe unserer Großmutter haben. Gerne möchte ich kurz den Sachverhalt in chronologischer Reihenfolge schildern und die Frage am Ende nochmals konkretisieren:

Anfang September verstarb unsere Großmutter väterlicherseits in Bayern. Darauffolgend verstarb Anfang November dann auch unser Vater in Thüringen.

Mitte November ging meiner Schwester und mir die Eröffnungsniederschrift des Testaments unserer verstorbenen Großmutter vom zuständigen Amtsgericht in Bayern zu.
Das eigenhändige Testament unserer Großmutter wurde für die Erbfolge als maßgeblich angegeben: Nach diesem sind ihre drei Kinder, darunter unser Vater, zu Miterben in gleichen Teilen eingesetzt (andere Auslegungsmöglichkeiten konnten jedoch vorgebracht werden). Wir wurden um Stellungnahme zur Auslegung des Testaments gebeten. Weiterhin wurde darauf verwiesen, dass nachdem unser Vater nach dem Erbfall seiner Mutter verstorben ist, er zum Miterben geworden ist. Abschließend wurden wir darum gebeten, anzugeben, ob wir die Erbschaft annehmen. Im Glauben, dass es in diesem Schreiben ausschließlich um das Erbe unserer Großmutter ging, nahmen wir die Erbschaft an.
Unsere Überlegung hierbei war, unterstützt von Aussagen der Nachlassverwalterin, dass wir direkt von unserer Großmutter erben würden, da unser Vater zum Zeitpunkt der Testamentseröffnung nicht mehr lebte und daher nie wusste, dass er laut Testament erben würde und auch nicht die Möglichkeit zur Annahme/Verweigerung hatte (vom Tod seiner Mutter wusste er natürlich). Wir gingen also davon aus, dass das Erbe unserer Großmutter noch nicht auf unseren Vater übergegangen war – andernfalls hätten wir uns auch nicht erklären können, warum uns das bayerische Amtsgericht bezüglich des Erbes unserer Großmutter gesondert anschreiben hätte sollen, da man laut unseres Wissens ein Erbe ja prinzipiell nur ganz oder gar nicht annehmen kann.

Was nun bei uns einige Unklarheiten hervorruft, ist folgender Sachverhalt:
Nachdem uns nun Mitte November die Eröffnungsniederschrift des Testaments unserer Großmutter zugegangen war und wir dieses Erbe per Rückschreiben angenommen hatten, schlugen wir dann Ende November das Erbe unseres Vaters wegen Überschuldung des Erbes per notariell beglaubigtem Schreiben an das zuständige Amtsgericht in Thüringen aus.
Vor einigen Tagen erhielten wir dann von der Nachlassverwalterin des Nachlasses unserer Großmutter die Information, dass wir dann, da wir das Erbe unseres Vaters ausgeschlagen haben, nun auch keinen Anspruch mehr auf das Erbe unserer Großmutter haben.

Wir gingen wie zuvor bereits erläutert davon aus, dass es sich in diesem Fall um zwei getrennte Erbmassen handeln würde, die unserer Großmutter und die unseres Vaters.

Unsere Frage lautet daher, ob meine Schwester und ich Anspruch auf den Erbteil am Erbe unserer Großmutter haben, den unser Vater annehmen oder ausschlagen hätte können, wenn er zur Testamentseröffnung noch gelebt hätte (Oder eben, ob der Erbteil am Erbe unserer Großmutter juristisch bereits zur gesamten Erbmasse des Erbes unseres Vaters gehört hat, welches wir ja ausgeschlagen haben.)

27. Januar 2025 | 14:37

Antwort

von


(1622)
Radeberger Str. 2K
01796 Pirna
Tel: 03501/5163032
Web: https://RA-Peter-Eichhorn.de
E-Mail:
Diesen Anwalt zum Festpreis auswählen Zum Festpreis auswählen

Sehr geehrter Ratsuchender,

lassen Sie mich Ihre Frage, "ob [Ihre] Schwester und [Sie] Anspruch auf den Erbteil am Erbe [Ihrer] Großmutter haben", wie folgt beantworten.

Da ich den Wortlaut des Testamentes Ihrer Großmutter nicht kenne und Sie etwas von anderen Auslegungsmöglichkeite schreiben, kann ich nur vorbehaltlich der Prüfung des Testamentes antworten. Ich unterstelle, dass die Großmutter die ihre gesetzlichen Erben im Testament benannt hat.


Mit dem Tod Ihrer Großmutter erbten deren Kinder zu 1/3, § 1922 BGB:
"(1) Mit dem Tode einer Person (Erbfall) geht deren Vermögen (Erbschaft) als Ganzes auf eine oder mehrere andere Personen (Erben) über.
(2) Auf den Anteil eines Miterben (Erbteil) finden die sich auf die Erbschaft beziehenden Vorschriften Anwendung."

Das hießt, Ihr Vater erbte 1/3 des Vermögens der Großmutter.

Mit dem Tod Ihres Vaters erben Sie sein Vermögen (positiv wie negativ). Zum Nachlass gehört damit auch das eine Drittel des Vermögens der Großmutter.

Sie uns Ihre Schwester erben nicht direkt von der Großmutter, denn ein zur Zeit des Erfalls lebender Abkömmling (Ihr Vater) schließt die durch ihn mit dem Erblasser (Großmutter) verwandten Abkömmlinge (Sie und Ihre Schwester) von der Erbfolge aus (§1924 Abs. 2 BGB).

Da Sie das Erbe des Vaters ausgeschlagen haben (§ 1942 Abs. 1, § 1944, § 1945 BGB), werden Sie nicht Erbe Ihres Vaters, erben daher auch nicht das vom Vater geerbte Drittel des Vermögens der Großmutter.

Hätte Ihr Vater die Erbschaft seiner Mutter ausgeschlagen oder wäre vor der Großmutter verstorben, hätten Sie direkt das eine Drittel geerbt.

Ob Sie die Ausschlagung (noch) wegen Irrtums (§ 1954 BGB; § 119 Abs. 2 BGB [verkehrswesentliche Eigenschaft ist die Überschuldung des Nachlasses) anfechten können, wäre gesondert zu prüfen.

Die sechs Wochen Anfechtungsfrist beginnen jedenfalls mit Kenntnis des Anfechtungsgrundes (§ 1954 Abs. 2 S. 1, 2. Halbsatz BGB).
Der bloße Rechtsirrtum bei Ausschlagung direkt von der Großmutter zu erben, ist allerdings wohl nur ein bloßer unbeachtlicher Motivirrtum.
Hier sind sich die Oberlandesgerichte nicht einig.

Es sollte zügig geprüft werden, ob der Wert des Drittels der Großmutter die Schulden des Vaters übersteigen, also der Vater doch (positives) Vermögen hat und dann gegebenenfalls die Ausschlagung (wegen Irrtums über die Überschuldung des Nachlasses) angefochten werden.
Mit erfolgreicher Anfechtung der Ausschlagung wären Sie (wieder) Erbe des Vaters inklusive dem Drittel der Großmutter.

Erforderlichenfalls legen Sie die nachlassgerichtlichen Schreiben einem Anwalt / einer Anwältin für Erbrecht zur Prüfung der Anfechtung der Ausschlagung vor.

Mit freundlichen Grüßen

Peter Eichhorn
Rechtsanwalt


Rückfrage vom Fragesteller 31. Januar 2025 | 09:02

Sehr geehrter Herr Eichhorn,

herzlichen Dank für die schnelle und ausführlich Antwort, das hilft uns sehr.

Die einzige Frage, die noch bei uns besteht, ist nun: Warum hat uns das Amtsgericht in Bayern dann dennoch angeschrieben mit der Bitte um Beantwortung der Frage, ob wir das Erbe unserer Großmutter annehmen, wenn doch diesen Erbanteil mit ihrem Tod bereits unser Vater geerbt hat und nur noch diese eine Erbmasse bestand? Unser Gedanke war, dass das Amtsgericht in Bayern dann eigentlich beim Amtsgericht in Thüringen nachfragen hätte müssen, ob wir überhaupt das Erbe unseres Vaters annehmen oder nicht, aber nicht gesondert nach dem Erbe unserer Großmutter.

Antwort auf die Rückfrage vom Anwalt 31. Januar 2025 | 09:48

Sehr geehrter Ratsuchender,

ohne den genauen Inhalt des Schreibens zu kennen, kann ich nur spekulieren.

Sie haben ja bereits angegeben, dass es um die Auslegung des Testaments geht und möglicherweise wusste das Gericht bereits vom Tod des Vaters, sodass Sie direkt Post erhalten haben.

Mit freundlichen Grüßen
Peter Eichhorn
Rechtsanwalt

Bewertung des Fragestellers 31. Januar 2025 | 08:55

Hat Ihnen der Anwalt weitergeholfen?

Wie verständlich war der Anwalt?

Wie ausführlich war die Arbeit?

Wie freundlich war der Anwalt?

Empfehlen Sie diesen Anwalt weiter?

"

Herzlichen Dank für die schnelle, ausführliche und fachlich fundiert dargelegte Antwort!

"
Mehr Bewertungen von Rechtsanwalt Peter Eichhorn »
BEWERTUNG VOM FRAGESTELLER 31. Januar 2025
5/5,0

Herzlichen Dank für die schnelle, ausführliche und fachlich fundiert dargelegte Antwort!


ANTWORT VON

(1622)

Radeberger Str. 2K
01796 Pirna
Tel: 03501/5163032
Web: https://RA-Peter-Eichhorn.de
E-Mail:
RECHTSGEBIETE
Vertragsrecht, allgemein, Verwaltungsrecht, Mietrecht, Kaufrecht, Arbeitsrecht, Erbrecht, Verkehrsrecht, Zivilrecht, Strafrecht