Gerne zu Ihren Fragen:
Ausgangspunkt ist Art. 20 Absatz 2 Satz 1 GG
, wonach die politische Willensbildung vom Volke ausgeht, NICHT von der kommunalen Exekutive.
Dazu das BVerfG: "Den Staatsorganen ist es von Verfassungs wegen versagt, sich in amtlicher Funktion im Hinblick auf Wahlen mit politischen Parteien oder Wahlbewerbern zu identifizieren und sie unter Einsatz staatlicher Mittel zu unterstützen oder zu bekämpfen, insbesondere durch Werbung die Entscheidung des Wählers zu beeinflussen. […] Das Recht der politischen Parteien auf Chancengleichheit wird verletzt, wenn Staatsorgane als solche parteiergreifend zugunsten oder zu Lasten einer politischen Partei oder von Wahlbewerbern in den Wahlkampf einwirken."
BVerfG NJW 1977, 751
.
Im Einzelnen:
"Als Hoheitsträger hat der (Ober-)Bürgermeister kein Grundrecht auf Meinungsfreiheit. Grundrechte sind genuin Abwehrrechte des Bürgers gegen den Staat. Sie gewähren den Bürgern auch die Freiheit, ihre Meinung in politisch umstrittenen Fragen – frei von staatlicher Einflussnahme und Druck – kundzutun. Es wäre eine Verkennung des für den freiheitlichen Staat konstitutiven Grundsatzes, wenn sich ein Hoheitsträger oder dessen Organ unter Berufung auf die Meinungsfreiheit gegen die Grundrechtsausübung durch die Bürger wenden könnte. Äußert sich ein Hoheitsträger in amtlicher Funktion und nimmt er dabei die ihm in dieser Funktion zur Verfügung stehenden Mittel in Anspruch, darf er grundsätzlich nicht in einem allgemeinen politischen Meinungskampf zugunsten einer von mehreren widerstreitende Standpunkte vertretenden Gruppen Partei ergreifen.
(....gekürzt)
Insoweit gelten die Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts zur Neutralitätspflicht von Regierungsmitgliedern, wenngleich sie sich unmittelbar auf die Chancengleichheit der Parteien im Wettbewerb beziehen, entsprechend. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts unterliegt ein Regierungsmitglied der Bindung an das Neutralitätsgebot, wenn es im politischen Wettbewerb Möglichkeiten nutzt, die ihm aufgrund seines Regierungsamtes zur Verfügung stehen, während sie den politischen Wettbewerbern verschlossen sind. Dies ist insbesondere gegeben, wenn eine Äußerung unter Rückgriff auf die einem Regierungsmitglied zur Verfügung stehenden Ressourcen erfolgt oder eine erkennbare Bezugnahme auf das Regierungsamt vorliegt und damit die Äußerung mit einer aus der Autorität des Amtes fließenden besonderen Gewichtung versehen wird.
Vgl. Bundesverfassungsgericht (BVerfG), Urteil vom 16. Dezember 2014 – 2 BvE 2/14
–, juris, Rn. 55." (Zitatende VG Düsseldorf a.a.O.)
So das Verwaltungsgericht Düsseldorf, 1 L 54/15
mit Datum:
09.01.2015 Spruchkörper: 1. Kammer mit Beschluss im Wege der einstweiligen Anordnung
Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.
Mit freundlichen Grüßen
Antwort
vonRechtsanwalt Krim.-Dir. a.D. Willy Burgmer
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Herr Burgmer sie haben verschiedene Gesetztexte wiedergeben, in denen von Staatsorganen, Parteien und Wahlkampf die Rede ist. Meine Fragen sind damit nicht beantwortet: Darf eine Stadt (kein Staatsorgan) sich so politisch einseitig verhalten? Und wie kann man dieses Verhalten stoppen (ggf. vor Gericht) ?
Gerne zu Ihren Nachfragen:
Darf eine Stadt (kein Staatsorgan) sich so politisch einseitig verhalten?
A.: Ich habe ein Urteil des BVerfG zitiert und den Beschluss eines Verwaltungsgericht. Die Entscheidung des Verwaltungsgericht bezog sich exakt auf die Beschränkung des Grundrechts der Meinungsfreiheit bei einem als Hoheitsträger auftretenden Oberbürgermeister, nämlich dessen Aufruf zum Löschen der Lichter durch den Oberbürgermeister bei einer in Düsseldorf stattfindenden Demonstration der "PEGIDA". Es geht also um kommunales Verfassungsrecht, was das Gericht ausdrücklich ebenfalls dem Art. 20 Absatz 2 GG
zugeordnet hat.
Und wie kann man dieses Verhalten stoppen (ggf. vor Gericht) ?
A.: Auch diese Frage ist beantwortet, nämlich mit Hinweis auf das zitierte "Düsseldorfer Verfahren": Also mit Klage zum zuständigen Verwaltungsgericht Ihrer Kommune und/oder ggf. einer einer einstweiligen Anordnung.
Freundliche Grüße
W. Burgmer
- Rechtsanwalt