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Sozialversicherungspflicht im Innenverhältnis einer Freiberufler GbR

8. März 2025 13:43 |
Preis: 65,00 € |

Sozialversicherungsrecht


Beantwortet von


in unter 2 Stunden

Wir sind zwei Freiberufler, die sich in einer GbR zusammengeschlossen haben, um im Außenverhältnis unter einer gemeinsamen Marke aufzutreten. Wir sind beide zu 50 % an der GbR beteiligt und arbeiten hauptberuflich als Angestellte. Es gibt keine weiteren Mitarbeitenden der GbR.

Die GbR stellt Rechnungen an die Kunden (i.d.R. ein bis zwei Aufträge je Kunde, daher ist in diesem Außenverhältnis keine „Scheinselbständigkeit" gegeben, weil stets wechselnde Kunden) und nach jedem Auftrag stellen wir aus unserer individuellen Rolle als Freiberufler, die getrennt beim Finanzamt mit eigener Steuernummer angemeldet sind, der GbR Rechnungen, um den Gewinn aufzuteilen. Dabei erfolgt die Aufteilung der Arbeit und der Rechnung wie in folgendem Beispiel:

- Ein Kunde beauftragt eine Dienstleistung im Wert von 5.000 € zzgl. MwSt.
- Wir beide arbeiten zu je 50 % an der Leistung.
- Die GbR stellt die Rechnung an den Kunden.
- Nachdem der Kunde bezahlt hat, begleicht die GbR anfallende gemeinsame Drittkosten (1.000 € + MwSt.).
- Wir stellen der GBR jeweils 1.800 € zzgl. MwSt. in Rechnung, damit ein gewisser Gewinn in der GbR verbleibt und wir keine Liebhaberei aus der GbR begründen würden.

Das Konstrukt wurde gewählt, um die Handhabung von durchaus unterschiedlichen berufsbedingten Kosten wie Internet, Handy, Arbeitszimmer, Kfz und verschiedensten Arbeitsmitteln zu vereinfachen, da sich diese als GbR nicht sauber trennen ließen.

In der GbR verbleibt somit die Tätigkeit der Neukundenakquisation und Geschäftsführung, während die konkrete Abarbeitung der hochkomplexen Software-Tests in der jeweiligen Freiberufler-Rolle liegen würde.

In dieser Freiberufler-Rolle haben wir allerdings keine anderen Auftraggeber als die GbR. Unsere Frage ist, ob wir durch die Rechnungsstellung an unsere eigene GbR als Scheinselbstständige in diesem Verhältnis GbR <-> Freiberufler eingestuft werden könnten, obwohl wir keinerlei "Weisungsbefugnis" haben und die Arbeit vollständig selbstständig organisieren (wann, wie, und wo wir arbeiten). Zudem haben wir keine festen Bezüge, keine Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall und keinen Urlaubsanspruch.

Unserem Verständnis nach macht es steuerlich unterm Strich keinen Unterschied, ob wir den Gewinn über die GbR (als Gewinne aus Beteiligung) oder als Freiberufler abrechnen, außer die mögliche Anrechnung der Umsatzsteuer und die genaue Differenzierung der notwendigen Ausgaben. Es geht uns also primär um die Sozialversicherungspflicht.

8. März 2025 | 14:36

Antwort

von


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Sehr geehrte/r Fragesteller/in,

in der von Ihnen beschriebenen Konstellation, in der zwei Freiberufler eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) gegründet haben und im Rahmen dieser GbR ihre Dienstleistungen erbringen, stellt sich die Frage nach einer möglichen Scheinselbstständigkeit im Verhältnis zwischen der GbR und den einzelnen Freiberuflern.

Scheinselbstständigkeit und ihre Kriterien

Scheinselbstständigkeit liegt vor, wenn eine Tätigkeit formal als selbstständig deklariert wird, tatsächlich jedoch Merkmale einer abhängigen Beschäftigung aufweist. Entscheidend ist hierbei die Gesamtbetrachtung der tatsächlichen Arbeitsumstände. Wesentliche Indizien für eine abhängige Beschäftigung sind:

- Weisungsgebundenheit: Der Auftragnehmer unterliegt den Weisungen des Auftraggebers hinsichtlich Inhalt, Durchführung, Zeit, Dauer und Ort der Tätigkeit.

- Eingliederung in die Arbeitsorganisation: Der Auftragnehmer ist in die betriebliche Organisation des Auftraggebers integriert und nutzt dessen Ressourcen wie Arbeitsmittel oder Räumlichkeiten.

- Fehlendes unternehmerisches Risiko: Der Auftragnehmer trägt kein eigenes wirtschaftliches Risiko und erhält eine feste Vergütung.

- Fehlende eigene Mitarbeiter: Der Auftragnehmer beschäftigt keine eigenen sozialversicherungspflichtigen Mitarbeiter.

Diese Kriterien wurden durch die Rechtsprechung, insbesondere des Bundessozialgerichts (BSG), entwickelt und dienen der Abgrenzung zwischen selbstständiger Tätigkeit und abhängiger Beschäftigung.

Anwendung auf Ihre GbR-Konstellation

In Ihrem Fall sind Sie und Ihr Partner jeweils zu 50 % an der GbR beteiligt und erbringen die Dienstleistungen im Namen der GbR. Nach Abschluss eines Auftrags stellen Sie der GbR Rechnungen für Ihre erbrachten Leistungen, um den Gewinn aufzuteilen. Entscheidend ist hier, dass Sie als Gesellschafter der GbR gemeinsam die unternehmerischen Entscheidungen treffen und nicht in die Arbeitsorganisation eines Dritten eingegliedert sind. Sie sind somit nicht weisungsgebunden gegenüber einem externen Auftraggeber, sondern agieren innerhalb Ihrer eigenen Gesellschaft.

Die Tatsache, dass Sie in Ihrer freiberuflichen Rolle keine anderen Auftraggeber als die GbR haben, könnte isoliert betrachtet ein Indiz für Scheinselbstständigkeit sein. Jedoch ist in Ihrem Fall zu berücksichtigen, dass Sie als Gesellschafter der GbR tätig sind und somit gemeinsam das unternehmerische Risiko tragen und die Geschäfte führen. Sie sind nicht in die Arbeitsorganisation eines fremden Unternehmens eingegliedert, sondern gestalten Ihre Tätigkeit eigenverantwortlich.

Rechtsform der GbR und Sozialversicherungspflicht

Die Wahl der Rechtsform, in Ihrem Fall die GbR, schützt nicht per se vor einer möglichen Einstufung als Scheinselbstständigkeit. Entscheidend ist stets die tatsächliche Ausgestaltung der Tätigkeit. Allerdings wird bei einer GbR, in der die Gesellschafter gemeinsam das Unternehmen führen und das unternehmerische Risiko tragen, in der Regel keine Scheinselbstständigkeit angenommen. Die Deutsche Rentenversicherung führt hierzu aus, dass bei selbstständigen Tätigkeiten, die im Rahmen einer Personengesellschaft wie der GbR ausgeübt werden, keine Versicherungspflicht in der Rentenversicherung besteht, sofern keine Merkmale einer abhängigen Beschäftigung vorliegen.

Fazit

Unter Berücksichtigung der genannten Kriterien und der Tatsache, dass Sie als gleichberechtigte Gesellschafter einer GbR tätig sind, die gemeinsam das unternehmerische Risiko tragen und keine Weisungsgebundenheit gegenüber Dritten besteht, ist eine Einstufung als Scheinselbstständige im Verhältnis GbR zu Freiberufler unwahrscheinlich. Dennoch empfehle ich, die konkrete Ausgestaltung Ihrer Tätigkeit und der vertraglichen Vereinbarungen im Detail zu prüfen. Eine verbindliche Klärung können Sie über ein Statusfeststellungsverfahren bei der Deutschen Rentenversicherung herbeiführen.

Mit freundlichen Grüßen

Hussein Madani
Rechtsanwalt


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