Sehr geehrter Rechtsuchender,
vielen Dank für Ihre Anfrage, die ich gerne wie folgt beantworte:
Dass Ihr Vermieter Sie auf eine Einsicht der Unterlagen beim Verwalter verweist, ist grundsätzlich in Ordnung. Er muss Ihnen nicht unbedingt alles schriftlich erklären. Sie haben jedoch dass Recht in alle erforderlichen Unterlagen Einsicht zu nehmen. Das ist nicht nur die Nebenkostenabrechnung alleine, sondern auch alle Belege und Verträge mit anderen Unternehmen, die Sie dazu benötigen, um die Betriebskostenabrechnung im Detail nachvollziehen zu können. Das gilt auch für die Höhe der Vergütung für einzelne Leistungen bzw. Stückpreise.
Wenn Ihnen keine umfassende Einsicht gewährt wird, so steht Ihnen ein Zurückbehaltungsrecht hinsichtlich der Nachforderung der Nebenkosten zu.
Soweit Sie durch die Einsicht in die Unterlagen erfahren, dass die Zahlen korrekt sind, stellt sich die Frage, ob der Vermieter gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot verstoßen hat. Zwar muss der Vermieter nicht zum billigsten Anbieter gehen, jedoch darf er sich auch nicht eines Anbieters bedienen, der unverhältnismäßig teuer ist.
Manchmal lassen sich hohe Preise auch auf andere Art erklären. Z. B. bei Heizungsanlagen, die über einen höheren Preis finanziert wurden oder wenn Wartung und Reparatur einer Anlage beinhaltet sind. Sollten die Preise bei Ihnen deswegen höher sein, werden Sie dies durch Einsicht in die Unterlagen erfahren.
Sollte der Vermieter jedoch gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot verstoßen, so darf dies nicht zu Ihren Lasten gehen. In diesem Fall stünde Ihnen ein entsprechender Schadensersatzanspruch zu, § 280 BGB
.
Anhaltspunkte, ob ein Verstoß gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot vorliegt, sind Nebenkostenabrechnungen von vergleichbaren Wohnungen (Größe, Zuschnitt etc.) oder erhebliche Abweichungen vom sog. Betriebskostenspiegel.
Soweit der Vermieter Sie mit zu niedrigen Nebenkosten bei Vertragsschluss gelockt hat, ist dies auch nicht in Ordnung. Es handelt sich zwar regelmäßig nur um Vorauszahlungen § 556 BGB
, jedoch hat der Vermieter einen realistischen Wert anzugeben, soweit es ihm möglich ist. Hat er keine Anhaltspunkte, sollte er dies vertraglich festhalten. Es liegt eine vertragliche Pflichtverletzung vor, wenn der Vermieter bewusst die Vorauszahlungen zu niedrig ansetzt oder über die wahre Höhe täuscht. In diesem Fall entstehen Ihrerseits Schadenersatzansprüche, die Sie wiederum dazu berechtigen, die Nachforderung einzubehalten, bzw. die Aufrechnung zu erklären.
Je höher die Nachzahlung ist, umso wahrscheinlicher ist es, dass der Vermieter bewusst zu niedrige Beträge angegeben hat, es sei denn, es liegen nachvollziehbare Gründe vor (langer Leerstand, kurzfristiger Erwerb der Immobilie…)
Ich rate Ihnen Einsicht in alle erforderlichen Unterlagen zu fordern. Dies wird dann Grundlage für Ihr weiteres Vorgehen sein (Ansprüche wegen Verstoßes gegen das Wirtschaftlichkeitsverbot, bewusster zu niedriger Ansatz bei Vertragsschluss).
Ich hoffe, ich konnte Ihnen mit meinen Ausführungen weiterhelfen. Ich hoffe, dass ich alle Ihre Fragen erwischt haben. Ansonsten machen Sie bitte von Ihrem Nachfragerecht Gebrauch.
Bitte beachten Sie, dass es sich bei den vorstehenden Ausführungen um eine erste Einschätzung aufgrund des von Ihnen geschilderten Sachverhalts handelt, die eine persönliche Beratung durch einen Rechtsanwalt nach umfassender Sachverhaltsaufklärung nicht ersetzen kann. Durch Auslassen oder Hinzufügen von Tatsachen Ihrerseits kann sich die rechtliche Bewertung ändern.
Mit freundlichen Grüßen
Gina Haßelberg
(Rechtsanwältin)
Vielen Dank, Frau RA, das trifft es schon recht genau. Ihre Ausführungen sind für mich sehr brauchbar. Jedoch, um es zu konkretisieren:
Heisst:
Zitat:"Sie haben jedoch dass Recht in alle erforderlichen Unterlagen Einsicht zu nehmen. Das ist nicht nur die Nebenkostenabrechnung alleine, sondern auch alle Belege und Verträge mit anderen Unternehmen, die Sie dazu benötigen, um die Betriebskostenabrechnung im Detail nachvollziehen zu können. Das gilt auch für die Höhe der Vergütung für einzelne Leistungen bzw. Stückpreise."
· Ich frage, wie sich die Preise zusammensetzten und Verwalter muss wahr und nachvollziehbar antworten? Ja/Nein
Heisst weiter, ich kann Teile der NK einbehalten, bis die Fragen schlüssig beantwortet sind? Ja/Nein
Sie schreiben: "Anhaltspunkte, ob ein Verstoß gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot vorliegt, sind Nebenkostenabrechnungen von vergleichbaren Wohnungen (Größe, Zuschnitt etc.) oder erhebliche Abweichungen vom sog. Betriebskostenspiegel."
Da ich derartiges nicht lesen und interpretieren kann mangels Wissen, bräuchte ich Hilfe vom örtlichen Mieterverein (der dann erstmal MG-Gebühr haben will?) Ja/Nein / Alternative?
Sie schreiben: "liegen nachvollziehbare Gründe vor (langer Leerstand...") Ist das denn wirklich mein Problem (WH stand knapp 2 Jahre leer)? Ja/Nein
Und zum Schluss, Sie schreiben: "... Einsicht in alle erforderlichen Unterlagen zu fordern. Dies wird dann Grundlage für Ihr weiteres Vorgehen sein (Ansprüche wegen Verstoßes gegen das Wirtschaftlichkeitsverbot, bewusster zu niedriger Ansatz bei Vertragsschluss)....
Das kann dann doch nur in einem unangenehmen Streit enden, den ich eigentlich nicht will, richtig (?), da ich nur auf dem Fundament einer Behauptung/Unterstellung stehe, die ich dann auch noch beweisen muss, richtig?
Nochmals vielen Dank für Ihre Mühe! MfG !
Sehr geehrter Rechtsuchender,
gerne beantworte ich Ihre nachfragen:
• "Sie haben jedoch dass Recht in alle erforderlichen Unterlagen Einsicht zu nehmen. Das ist nicht nur die Nebenkostenabrechnung alleine, sondern auch alle Belege und Verträge mit anderen Unternehmen, die Sie dazu benötigen, um die Betriebskostenabrechnung im Detail nachvollziehen zu können. Das gilt auch für die Höhe der Vergütung für einzelne Leistungen bzw. Stückpreise."
Im Prinzip ja. Sie haben ein Recht auf die Beantwortung der Fragen. Der Verwalter kann jedoch Sie auf die Einsicht der Unterlagen verweisen. Er muss die Fragen nicht zwangsweise schriftlich oder mündlich beantworten.
• Heisst weiter, ich kann Teile der NK einbehalten, bis die Fragen schlüssig beantwortet sind?
Ja, wenn Sie die Nebenkostenabrechnung beanstanden, dann wird das Saldo aus der Betriebskostenabrechnung nicht fällig, solange der Vermieter nicht die verlangte vollständige Einsicht in die Originalbelege der Abrechnung gewährt hat. Zwar gehört die Vorlage von Belegen nicht zur formellen Ordnungsgemäßheit der Abrechnung, jedoch steht Ihnen ein Zurückbehaltungsrecht nach § 273 BGB
zu, solange der Vermieter entgegen Ihrem geäußerten Willen des Mieters keine Belegeinsicht gewährt (Gies in Hannemann/Wiegner, Münchener Anwaltshandbuch Mietrecht, 3. Auflage 2010, § 24, Rdn. 181-191).
• "Anhaltspunkte, ob ein Verstoß gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot vorliegt, sind Nebenkostenabrechnungen von vergleichbaren Wohnungen (Größe, Zuschnitt etc.) oder erhebliche Abweichungen vom sog. Betriebskostenspiegel."
Grundsätzlich müssen Sie darlegen, dass das Wirtschaftlichkeitsgebot nicht eingehalten wurde. Dafür müssen Sie Tatsachen vorbringen. Zuerst müssen Sie sich dazu die Unterlagen des Verwalters ansehen.
Dann wäre es Ihnen zumutbar z.B. Vergleiche mit ähnlichen Wohnungen anzustellen. Sie könnten dazu verschiedene Anzeigen des Wohnungsmarktes benutzen. Sind dort alle vergleichbaren Wohnungen grundsätzlich teurer, wäre dies ein brauchbarer Anhaltspunkt.
Des Weiteren finden Sie auch kostenlose Informationen zum Betriebskostenspiegel auf der Internetseite vom deutschen Mieterbund e.V., ohne dass Sie dort Mitglied sein müssen.
Soweit Sie an einen Punkt gelangen, an dem Sie ohne kostenpflichtige Hilfe keine Anhaltspunkte mehr finden können, müssten Sie entsprechende Beratung in Anspruch nehmen. Soweit diese notwendig ist und tatsächlich sich ein Verstoß gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot herausstellt, könnte man an eine Schadensersatzpflicht des Vermieters denken.
• "liegen nachvollziehbare Gründe vor (langer Leerstand...") Ist das denn wirklich mein Problem (WH stand knapp 2 Jahre leer)?
Grundsätzlich tragen Sie die Beweislast dafür, dass der Vermieter eine Pflicht aus dem Vertragsverhältnis verletzt hat.
Soweit erheblich zu geringe Nebenkosten angegeben worden sind, spricht viel für diese Pflichtverletzung.
Der Vermieter könnte jedoch dagegen einwenden, dass er keine ausreichende Tatsachengrundlage gehabt hätte wegen des Leerstandes. Allerdings wird man sich dann fragen müssen, ob sich die zu geringen Vorauszahlungen sich dem Vermieter nicht hätten aufdrängen müssen – gerade bei einer hohen Differenz. Denn grundsätzlich ist abzusehen, dass die Kosten mit Leerstand wesentlich geringer sind.
Deshalb empfiehlt es sich für den Vermieter im Vertrag festzuhalten, dass eine ausreichende Tatsachengrundlage für die Betriebskostenvorauszahlung nicht vorhanden war und dass erhebliche Abweichungen zu befürchten sind. Ohne eine solche Aufklärung liegt nämlich die Annahme der verschuldeten Pflichtverletzung nicht fern.
• "... Einsicht in alle erforderlichen Unterlagen zu fordern. Dies wird dann Grundlage für Ihr weiteres Vorgehen sein (Ansprüche wegen Verstoßes gegen das Wirtschaftlichkeitsverbot, bewusster zu niedriger Ansatz bei Vertragsschluss)....
Ja, voraussichtlich wird die Klärung dieser Angelegenheit nicht einfach. Bislang haben Sie nur Vermutungen. Diese könnten durch die Einsicht sich erhärten. Voraussetzung ist natürlich, dass ihnen die Einsicht gewährt wird. Dies alleine ist die erste Herausforderung.
Sollten sich Ihre Vermutungen bestätigen, müssen Sie darlegen, warum das Handeln nicht wirtschaftlich ist und bei der Verfolgung von Schadensersatzansprüchen tragen Sie die Beweislast im Wesentlichen.
Im Ergebnis sollten Sie sich überlegen, ob Sie das Mietverhältnis so überhaupt noch aufrecht erhalten wollen, wenn der Vermieter kein Einsehen hat. Dies ist eine Frage der Abwägung Ihrer Interessen.
Ich bedauere, Ihnen keine erfreulicheren Antworten geben zu können.
Mit freundlichen Grüßen
Gina Haßelberg
(Rechtsanwältin)