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Schriftliche Willenserklärung: ausreichender Erklärungswert ?

28. März 2022 17:42 |
Preis: 45,00 € |

Mietrecht, Wohnungseigentum


Beantwortet von


15:16

Sehr geehrte Anwälte,
es geht um eine gewerbliche Mietsache, in der ich mein vertraglich vereinbartes Recht zur Inanspruchnahme einer Verlängerungsoption um weitere 5 ausgeübt habe.
Der Vermieter ist damit nicht mehr einverstanden und argumentiert im Kern mit den folgenden zwei Punkten:

1) Mein Schreiben sei nicht rechtzeitig eingegangen
2) Meine Willenserklärung wäre unzureichend deutlich formuliert.

» Ich habe die beiden Punkte der Einfachheit halber in 2 separate Fragen / Threads aufgesplittet.

ANLAGE: chronologische Darstellung der Schreiben
https://docs.google.com/document/d/1xdHlxYmRxxSLP2Wyy21YX4km3Cf7ukqzrX4I3Umoiqo/edit?usp=sharing

ZUM SACHVERHALT 2: (Erklärungswert)

• Im späteren Verlauf des Schriftverkehrs schwenkte die Argumentation (ausgehend von "kein fristgerechter Zugang") in eine neue Richtung:

• Die zugesandte Willenserklärung sei nicht deutlich genug formuliert.

• Der erste Absatz des Schreibens lautet:
"Entsprechend unseres Mietvertrages möchte ich gern fristgerecht meine Verlängerungsoption in Anspruch nehmen."

• Im nachfolgenden Absatz erfragte ich darüber hinaus die Möglichkeit eines weiteren Zwischenjahres:
"Wegen der noch ungewissen Corona-Situation, aber mit Erwartung eines baldigen Endes würde ich Sie gern um die einmalige Verlängerung des bestehenden Vertrages um vorerst ein weiteres Jahr bitten - um anschließend zum regulären 5-Jahres Turnus zurück zu kehren."

• Kontextuell sind dies für mich zwei verschiedene Punkte.
» Erstens: Die Inanspruchnahme meiner Verlängerungsoption. (Aussage)
» Zweitens: Bitte um ein weiteres Zwischenjahr (Frage)

• Es gibt bereits die Aussage eines (neutralen) Anwaltes, wonach der benutzte Konjunktiv zu weich formuliert worden sei.

• Zum Erklärungswert einer Willenserklärung / Absichtserklärung fand ich Folgendes:
"Der objektive Erklärungswert einer Erklärung ist nach der Vertrauenstheorie zu ermitteln. Demnach ist die Erklärung aus der Sicht eines objektiv-redlichen Erklärungsempfängers zu betrachten, alle Kenntnisse des wirklichen Erklärungsempfängers, auch soweit sie ungewöhnlich sind, eingeschlossen. Ein objektiv-redlicher Erklärungsempfänger ist, wer sich bemüht, richtig zu verstehen, was der andere will. - Vgl I/11/14."

» WICHTIG sei hier noch zu erwähnen,
dass der Vermieter mein Schreiben aus 2021 (erstes Zwischenjahr) mit einem fast identischen Wortlaute akzeptierte - dessen Formulierung also scheinbar ausreichend deutlich war.

» Es entsteht somit der Eindruck einer willkürlichen Auslegung seitens des Vermieters, da vorheriges Schreiben aus 2020 akzeptiert und einer Fortführung des Mietverhältnisses zugestimmt wurde.

» Zwei unterschiedliche Auslegungen eines fast identischen Wortlautes lassen keine Konsistenz erkennen und stellen die Glaubhaftigkeit des Vermieters in Frage (Die Formulierung wäre "nicht deutlich genug" gewesen).
_____________________

• MEINE FRAGE:
Wie kann ich meine Argumentation weiter ausbauen, um dieses Argument (seitens des Vermieters) weiter zu entkräften und aufzeigen, dass die wahrgenommene Verlängerungsoption Gültigkeit besitzt?

Was spricht ggf. für seine Argumentation? Gibt es Referenzfälle bzw. Urteile?

ANLAGE: Antrag 2.Verlängerung Mietvertrag
https://docs.google.com/document/d/1GAl6Q8KgRtkvtXxF6gzwsXL2nV5GCjPKFeV04FsvP8I/edit?usp=sharing

28. März 2022 | 18:32

Antwort

von


(879)
Gräfelfinger Str. 97a
81375 München
Tel: +4917664624234
Web: https://www.kanzlei-richter-muenchen.de
E-Mail:

Sehr geehrter Fragesteller,

Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegebenen Informationen verbindlich wie folgt beantworten:

Die Erklärung ist am objektiven Empfängerhorizont auszulegen, also wie sie eine neutrale Vergleichsperson verstehen würde.

Sie wollen einerseits die Option nach Mietvertrag in Anspruch nehmen (5 Jahre), andererseits fragen Sie aber nach einer 1-Jahres-Verlängerung. So wie Sie es beschreiben war diese 1-Jahres-Verlängerung etwas anderes, ein Aliud.

Das würde die Erklärung perplex und damit nichtig machen.
Wenn diese 1-Jahres-Verlängerung aber genau die gleiche Option wäre, aber Sie nur für 1 Jahr verlängern wollten, dann wäre das ein "Weniger".

Sie können also nochmal klarstellen, dass Sie die Option fristgericht in Anspruch genommen haben.
Sie haben lediglich nachgefragt, ob man statt der 5 Jahre erstmal ein Jahr verlängert.
Dies ändert aber nichts an der Tatsache, dass Sie sich die Option sichern wollten und dies auch getan haben.

Rechtsprechung zu diesem speziellen Fall der Vertragsauslegung ist nicht zu finden.

Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.

Mit freundlichen Grüßen


Rückfrage vom Fragesteller 29. März 2022 | 13:24

Sehr geehrter Herr RA Richter,

wie Sie der bereits vorab genannten Übersicht zum Schriftverkehr (1) und im speziellen der ersten und zweiten Bekräftigung meiner Willenserklärung (2) entnehmen können, habe ich mein Anliegen der Vermieter gegenüber 2 weitere Male explizit mitgeteilt.

Frage:
Wenn sich diese beiden Schreiben auf mein ursprüngliches -fristgerecht zugestelltes Schreiben- beziehen und mein Anliegen damit noch einmal klar stellen: Ist dann davon auszugehen, dass hiermit auch die unmissverständliche Ausübung meiner Verlängerungsoption als 'fristgerecht' wahrgenommen angesehen werden kann? (selbst wenn diese laut Vermieter 'zu wenig deutlich' gewesen sei)
____________________________

1) Übersicht Schriftverkehr: https://docs.google.com/document/d/1xdHlxYmRxxSLP2Wyy21YX4km3Cf7ukqzrX4I3Umoiqo/edit?usp=sharing

2) https://docs.google.com/document/d/1miFHLmbdFy8FGzktc_WAL6PFJwm5vU9-LWOMsObjJko/edit?usp=sharing sowie
https://drive.google.com/file/d/1utvT8w1qnnR160FaEHIg1DKuhp0XB6k9/view?usp=sharing

Antwort auf die Rückfrage vom Anwalt 29. März 2022 | 15:16

Sehr geehrter Fragesteller,
Ich sehe das so, ja.

Beste Grüße
RA Richter

ANTWORT VON

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