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Schenkung von Immobilien an Kinder, Ausgleichszahlung, steuerliche Behandlung

11. Dezember 2022 10:27 |
Preis: 52,00 € |

Erbrecht


Beantwortet von

Rechtsanwalt Helge Müller-Roden

Meine Eltern (82 Jahre alt) wollen nächste Woche Mittwoch meiner Schwester und mir zwei Immobilien übertragen.
- Ein Mehrfamilienhaus in Stuttgart, in dem u.a. auch meine Eltern in einer Wohnung und meine Schwester mit Mann in einer anderen Wohnung leben. Die anderen Einheiten in dem Mehrfamilienhaus sind vermietet. Wir nehmen hier als Wert 1.100.000,-- an
- Eine Eigentumswohnung in der Nähe von Stuttgart, die vermietet ist. Diese Wohnung schätzen wir auf 400.000,--
- Über eine Ausgleichszahlung von meiner Schwester an mich (350.000,--) soll ein faire Verteilung des vorweggenommenen Erbes erfolgen
- Ziel ist, dass ungefähr jeder die Hälfte bekommt und wir so wenig wie möglich Steuer bezahlen.

Wir denken gerade in zwei Varianten:

- Variante 1: Meine Schwester bekommt jetzt als Schenkung das Haus in Stuttgart und wird als Eigentümerin ins Grundbuch eingetragen. Ich bekomme jetzt als Schenkung die Eigentumswohnung in der Nähe von Stuttgart. Wir vereinbaren eine Ausgleichszahlung von meiner Schwester zu mir über 350.000,--.
Wir haben von der Notarin gehört, dass die Möglichkeit besteht, dass meine Schwester diese Ausgleichszahlung von 350.000,-- an meine Eltern leisten kann und meine Eltern diese an mich leisten (also weiter überweisen). Somit würde nach Aussage der Notarin keine Schenkungssteuer anfallen, da wir beide innerhalb der Freibeträge von jeweils 800.000,-- lägen. Würde die Zahlung direkt von meiner Schwester an mich erfolgen würde dies als Schenkung von ihrer Seite zu meiner Seite erfolgen (also nicht direkte Linie) und somit wäre dies steuerrechtlich deutlich schlechter zu bewerten.

- Variante 2: beide Immobilien werden jeweils zur Hälfte an meine Schwester und mich als Eigentümer übertragen. Wir würden dann, sobald meine Eltern verstorben sind in die Erbauseinandersetzung gehen und die Immobilien verteilen. Aus heutiger Sicht sollte auch sie in diesem Fall Eigentümerin des Mehrfamilienhauses in Stuttgart werden und ich der Eigentumswohnung. Eben nur zu einem späteren Zeitpunkt. Und wir würden auch hier eine Ausgleichszahlung vereinbaren, die wir dann zu diesem Zeitpunkt aushandeln.
Die Notarin meinte, dass in diesem Fall Grunderwerbsteuer anfiele, wenn wir nach dem Tode die Immobilien auf uns Kinder überschreiben würden.

In beiden Fällen würden wir meinen Eltern ein Nießbrauchsrecht einräumen.

Wir favorisieren Variante 1, weil ...
- ... wir damit jetzt schon die Verteilung klar benennen können und sich jeder auf sein Eigentum konzentrieren kann
- ... wir die Hoffnung, haben, dass durch die Ausgleichszahlung in direkter Linie, d.h. von 350.000,-- durch meine Schwester an meine Eltern, und diese dann an mich wir den Freibetrag von 800.000,-- pro Kind voll ausschöpfen und somit keine Schenkungssteuer bezahlen.
- ... wir die Grunderwerbsteuer umgehen, die fällig werden würde, wenn die Immobilien nach Ableben meiner Eltern auf meine Schwester (das Mehrfamilienhaus) und mich (die Eigentumswohnung) übertragen wird.

Folgende Fragen stellen sich uns:
- Ist es korrekt, dass wir bei Variante 1 durch diese Ausgleichszahlung in direkter Linie (sprich: Zahlung von 350.000,-- von meiner Schwester an meine Eltern und danach Zahlung von meinen Eltern an mich), den Rahmen der Schenkungssteuer voll ausschöpfen können und wir keine Schenkungssteuer zahlen?
- Und bräuchte es bei Variante 1 einen bestimmten Passus beim notariellen Vertrag? Und wenn ja, wie heißt der?
- Oder sollen wir lieber die Variante 2 wählen, weil die Variante 1 steuerrechtlich zu unübersichtlich ist und nicht eindeutig beantwortet werden kann.

Sehr geehrter Fragesteller,

Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegebenen Informationen verbindlich wie folgt beantworten:

Ich gehe davon aus, dass der gesamte Vorgang in einer Notar-Urkunke unter Beteiligung aller Familienmitglieder erfolgt.

Ich würde Ihnen in jedem Fall zu Variante 1 raten, da mit ihr die Eigentumsverhältnisse an den Immobilien klar geregelt sind und kein Geschwisterteil dem anderen etwas hereinreden oder verbieten kann.

Im Übrigen sparen Sie tatsächlich gegenüber einer späteren Auseinandersetzung die fälligen Notarkosten und neue Gebühren beim Grundbuchamt, abgesehen von der anstehen Neubewertung der Wertverhältnisse in 2023.

Als Steuerfreubetrag haben Sie jeweils 400.000€ pro Elternteil, d.h. insgesamt 1.600.000€, wobei die selbst bewohnte Wohnung sogar noch gesondert behandelt werden könnte.

Das Nießbrauchrecht mindert den Wert der Schenkungen.

Für die Nutzungsdauer erfolgt eine Berechnung anhand der Sterbetafeln des Statistischen Bundesamts und der konkreten Lebenserwartung der zum Nießbrauch Berechtigten (sogar differenziert nach Geschlecht) für einzelne Geburtsjahrgänge.

Der Jahreswert wird mit einem Faktor gem. Anlage 9a Bewertungsgesetz (BewG) bestimmt.

Genauso müßte eine Auflage der Eltern gegenüber Ihrer Schwester wirken, Ihnen eine Ausgleichszahlung zukommen zu lassen. Diese mindert den SchenkungsWert der Schwester und erhöht Ihren Anteil.

Daher müßte eine Schenkung der Immobilien an Sie beide mit einer Teilungsanordnung und einer entsprechenden Verpflichtung Ihrer Schwester zu der Ausgleichszahlung an sich ausreichen, weil es sich um eine gemischte Schenkung handelt.

1.) Zahlungen des Beschenkten zur Abwendung etwaiger Herausgabeansprüche des Vertragserben bzw. des Nacherben sind als Aufwendung zur Erlangung und Sicherung des Erwerbs gemäß § 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 1 i.V.m. § 1 Abs. 2 ErbStG bei der Besteuerung der Schenkung erwerbsmindernd zu berücksichtigen.

2.) Solche Zahlungen stellen rückwirkende Ereignisse i.S. von § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO dar.

[BFH Urteil vom 06. Mai 2021,
Az.: II R 24/19)].

Aber um sicherzugehen kann sich ja Ihre Schwester verpflichten an die Eltern zu zahlen und die Eltern schenken Ihnen dieses Anspruch gegen die Schwester und treten ihn unwiderruflich an Sie ab.


Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.

Mit freundlichen Grüßen

Rückfrage vom Fragesteller 11. Dezember 2022 | 11:32

Hallo Herr Müller-Roden,

vielen Dank für Ihr schnelle Antwort. Es gibt die EINE Frage die uns umtreibt. Laut BFH-Urteil (09. August 2017 - Nummer 051/17 - Urteil vom 10.05.2017
II R 25/15) scheint eine Ausgleichszahlung (zu Lebzeiten meiner Eltern) von meiner Schwester an mich so eingestuft zu werden, dass ich nur 20.000,-- € Freibetrag habe, da Steuerklasse II. Deswegen wird der "Umweg" über meine Eltern gewählt. D.h. Zahlung von 350.000,-- von meiner Schwester an meine Eltern und Zahlung von meinen Eltern an mich.

Ich frage mich, ob anhand des oben benannten Urteils, das Finanzamt die Zahlung von 350.00,-- von meiner Schwester an meine Eltern als Schenkung an meine Eltern betrachtet und dieses besteuert (Steuerklasse II mit Freibetrag von nur 20.000,--) und die Zahlung dann von meinen Eltern zu mir auch mit Steuerklasse II mit einem Freibetrag von 20.000,-- betrachtet wird. Ich also erhebliche Schenkungssteuer bezahlen werde, obwohl unsere Absicht war, ja gerade dieses zu vermeiden.
Ich stelle mir halt vor, dass das Finanzamt aufgrund des oben benannten Urteils sagt, dass die von uns gewählte Konstruktion (Variante 1) eine Umgehung des oben benannten Urteils ist und damit steuerrechtlich nicht gültig ist.

Urteil:
https://www.bundesfinanzhof.de/de/presse/pressemeldungen/detail/abfindung-fuer-den-verzicht-auf-einen-kuenftigen-pflichtteilsanspruch/#:~:text=Mai%202017%20II%20R%2025,Tod%20des%20Erblassers%20anzuwenden%20ist.

Viele Grüße

Antwort auf die Rückfrage vom Anwalt 11. Dezember 2022 | 16:43

Es ist doch ganz einfach, die (Betrüger-) Rechtsprechung des BFH zu umgehen.

Die Eltern verkaufen das Haus an die Schwester für nur noch 350.000€ und schenken IHNEN diesen Betrag.

M.e. geht das in einer Urkunde.

Und beide Kinder verzichten insoweit auch wechselseitig auf erbrechtliche Ausgleichsansprüche und Pflichtteilsergänzungsansprüche.

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