Sehr geehrter Ratsuchender,
1.
Leider muss ich Ihnen zunächst mitteilen, dass Sie aufgrund des Überlassungsvertrages grundsätzlich an die Pflegeverpflichtung und die Gewährung des Wohnrechts bis an das Lebensende des Berechtigten gebunden sind, außer es ergibt sich aufgrund der Vertragsgestaltung eine andere Beurteilung
Dies gilt, solange Sie Eigentümer der Immobilie sind.
Wenn Sie die Pflege und Wart nicht mehr leisten können, haben Sie aber die Möglichkeit, die Immobilie weiter zu veräußern.
Natürlich wäre dies mit einem gewissen Wertverlust verbunden, da zwar rein rechnerisch der Gegenwert (der Pflegeverpflichtung und) des Wohnrechts inzwischen aufgebraucht ist, sich aber kaum ein Käufer finden wird, die Immobilie zum gegenwärtigen Zeitpunkt für einen Preis zu erwerben, der einem lastenfreien Objekt entspricht, solange der Berechtigte dort wohnt.
2.
Erfüllen Sie die Pflegeverpflichtung nicht, richten sich die Folgen nach den vertraglichen Bedingungen.
3.
Ein strafrechtlich relevantes Verhalten des Überlassers vermag ich nicht zu erkennen. Sie haben sich auf der Grundlage der damaligen medizinischen Einschätzung auf das Vertragswerk freiwillig eingelassen. Insbesondere würde eine Strafbarkeit nach § 263 StGB
(Betrug) auch voraussetzen, dass der Überlasser Sie im Zeitpunkt des Vertragsschlusses bereits über seinen wahren Gesundheitszustand absichtlich und in Schädigungsabsicht getäuscht hat, was kaum anzunehmen ist, aber jedenfalls schwer zu beweisen wäre.
4.
Die Formulierung "mit lediglich schuldrechtlicher Wirkung" bedeutet in dem Zusammenhang der von Ihnen auszugsweise dargestellten vertraglichen Regelung, dass Sie das Grundstück in Bezug auf die Pflegeverpflichtung lastenfrei verkaufen können, weil insoweit (anscheinend) anders als in Bezug auf das Wohnrecht keine Eintragung im Grundbuch vorliegt, die auch den Erwerber mit sogenannter dinglicher Wirkung (also in Bezug auf das zu erwerbende Eigentum) verpflichten könnte.
Dies bedeutet für Sie einen gewissen Vorteil in Bezug auf die Aussichten eines möglichen Verkaufs. Auf der anderen Seite wäre zu prüfen, inwieweit Sie dann (vgl. oben Punkt 2) schadensersatzpflichtig werden, da Sie dann die Pflegeverpflichtung nicht mehr erfüllen können.
Ich hoffe, Ihnen eine erste rechtliche Orientierung gegeben zu haben.
Eine weiterführende Beratung bzw. Vertretung durch einen Kollegen erscheint ratsam. Zunächst können Sie hier aber noch bei Bedarf eine Rückfrage stellen.
Mit freundlichen Grüßen
Wolfram Geyer
Rechtsanwalt
Sehr geehrter Herr Geyer,
vielen Dank für die schnelle Bearbeitung unserer Anfrage! Leider sind bei der Beantwortung der Fragen noch einige Punkte offen geblieben.
zu 1.
Verstehen wir Sie richtig, dass der Wert der erbrachten Gegenleistung höher sein darf als das eigentliche Geschenk bzw die damit verbundene Auflage? Dass der Berechtigte, das Sozialamt oder die gesetzliche Pflegeversicherung weiterhin Forderungen an uns stellen können, ohne die bisher von uns erbrachten Leistungen zu berücksichtigen? Würde nicht evtl. § 526 BGB
2. Buch für uns anwendbar sein?
zu 2.
Im Vertrag sind keine Bedingungen für die Folgen einer Nichterfüllung erkennbar, außer:
"Zur Sicherung der vorstehend vereinbarten Leistungen, soweit sie vom Erwerber außer dem Wohnrecht zu erbringen sind, bestellt der Erwerber hiermit dem Berechtigten eine Reallast am überlassenen Grundbesitz. Eintragung an nächstoffener Rangstelle im Grundbuch". (zusammengefasst als einheitl. Leibgeding siehe Anfrage).
Gelten hier möglicherweise gesetzliche Bestimmungen? Wenn ja, welche bzw wo kann man sie nachlesen?
Vielen Dank!
Mit freundlichen Güßen
Ratsuchende
Sehr geehrte Ratsuchenden,
1.
Es verhält sich in der Tat leider so, dass bei einer Schenkung unter Auflage die zu erbringenden Leistungen vom tatsächlichen Gegenwert her den Wert der Schenkung übersteigen kann und darf (steuerrechtlich liegt allerdings dann keine Schenkung mehr vor). Insoweit sind Sie dem Grundsatz der Vertragsfreiheit sozusagen ausgeliefert, wonach Sie bewusst das Risiko eingegangen sind, dass die Pflegeleistungen und das gewährte Wohnrecht über den nach der Sterbetafel wahrscheinliche Maß hinaus gehen können. Anders sieht die Sache aus, wenn hier eine bewusste Täuschung vorliegt (siehe meine Ausführungen in der Ausgangsantwort).
Dennoch sind Sie jedenfalls gegenüber Forderungen Dritter, insbesondere des Sozialamtes (aus übergeleitetem Recht) durch § 528 Abs. 1 Satz 1 BGB
geschützt. Denn ein etwaiger Rückforderungsanspruch wegen Verarmung des Schenkers ist nach dieser Vorschrift auf den Wert der Schenkung begrenzt.
Ein Fall des § 526 BGB
liegt dagegen nach Ihren Angaben nicht vor. Voraussetzung für ein Recht zur Verweigerung der Vollziehung der Auflage über den Wert der Schenkung hinaus (§ 526 Satz 1 BGB
) sowie für Aufwendungsersatz (§ 526 Satz 2 BGB
) ist nämlich ein Sach- oder Rechtsmangel des verschenkten Gegenstandes als Ursache dafür, dass der Wert des Geschenkes nicht erreicht wird.
2.
Mangels vertraglicher Regelung für den Fall, dass Sie die Pflegeleistungen trotz Aufforderung und Fristsetzung nicht weiter erbringen oder die Erfüllung endgültig und ernsthaft verweigern, kommt hier ein Schadensersatzanspruch des Berechtigten nach §§ 280 Abs. 1
, 281 Abs. 1, Abs. 2 BGB
in Betracht.
Dieser kann also die Kosten z.B. einer Pflegekraft von Ihnen verlangen, aber nur soweit diese Kosten tatsächlich anfallen und soweit sie erforderlich sind.
Ein Recht zum Rücktritt vom Vertrag steht dem Berechtigten hier aber nicht zu, da Sie bereits einen Großteil der Ihnen obliegenden Leistung im Interesse des Gläubigers erbracht haben (§ 323 Abs. 5 Satz 1 BGB
).
Aufgrund der Eintragung des Leibgedinges haftet auch das Grundstück selbst für die Erfüllung der Verpflichtung im Falle der Zwangsvollstreckung.
Die dingliche Sicherung dieses Anspruchs kann gemäß § 23
der Grundbuchordnung (GBO) erst mit dem Tod des Berechtigten gelöscht werden. Anders wäre dies zu beurteilen, wenn das eingetragene Recht bereits mit dem Erreichen des nach der allgemeinen Lebenserwartung zu ermittelnden Alters erlöscht (§ 24 GBO
). Dies ist aber bei einer lebenslangen Verpflichtung gerade nicht der Fall.
Ich darf Sie darauf hinweisen, dass diese Auskunft zwar alle wesentlichen Aspekte des von Ihnen geschilderten Falles umfasst, jedoch daneben Tatsachen relevant sein können, die möglicherweise ein anderes Ergebnis nahe legen.
Mit freundlichen Grüßen
Wolfram Geyer
Rechtsanwalt