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Scheinselbstständigkeit vermeiden

| 25. Mai 2016 08:45 |
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Sozialversicherungsrecht


Beantwortet von

Rechtsanwältin Manuela Fritsch

Sehr geehrte Damen und Herren,

seit zwei Jahren (05.2014) bin ich selbstständig. Früher war ich Angestellt. Ich bin als selbstständiger IT-Berater für ein großes Unternehmen (Kunde) über eine Provider-Firma (Personaldienstleiter) in Deutschland tätig. Ich habe einen Vertrag nur mit diesem Provider, ich habe keinen einzelnen Vertrag mit dem Kunden. Der Provider ist zwischen mir und dem Kunden. Es war so bis 01.06.2015, ca. 1 Jahr lang.
Seit 01.06.2015 haben wir noch eine andere Provider-Firma, jetzt sieht es so aus: Kunde -> neuer Provider -> alter/bisheriger Provider -> ich.
Der Kunde wurde in meinen bisherigen Verträgen benannt, wo ich arbeite. Seit 01.01.2016 wurde nur der neue Provider als „End-Kunde" bezeichnet. In diesem neuen Vertrag wurden die Vertragsparteien nicht geändert: alter Provider und ich. Nur der Kunde wurde ausgetauscht. Mein Vertrag wird Quartalweise verlängert. (bei dem alten Provider)
Ich kann den Provider leider wegen dem Wettbewerbsverbot nicht wechseln. Der neue Provider ist von dem Kunden erwünscht, deshalb kann man nur über diesen Provider hier arbeiten. Eine Festanstellung bei der Kunde ist nicht möglich. Ich möchte hier weiter arbeiten, weil die Projekte sind extrem interessant und wechselhaft, aber ich habe Angst, wenn ich es so weitermache, dann kommt die Frage: die Scheinselbstständigkeit?
Ich habe meinen Provider darüber gefragt und die Rechtsabteilung von dem Provider denk so, dass der Endkunde in dem Vertrag geändert ist, deshalb kann man über Scheinselbstständigkeit nicht sprechen – vertragstechnisch gesehen.
Ich hatte einen Angestellte (im Midijob) zwischen 01.11.2015 und 30.04.2016. Seit 01.05.2016 arbeitet er bei mir im Minijob.
Ich werbe mich über Xing, LinkedIn usw… Ich versuche noch andere Kleinkunden/ kleinere Projekte gewinnen, aber heutzutage gibt es nur größere Projekte, die ich neben dem jetzigen ich nciht annehmen kann.

Aber in diesem Fall habe ich seit 2 Jahren nur einen Auftraggeber – deshalb meine Frage:
Was ist in diesem Fall entscheidend: der Endkunde oder der Provider?
Wie könnte ich die Scheinselbstständigkeit vermeiden?
oder ist es nicht so wichtig, weil ich als Anfänger- Freiberufler nur „Existenzgründer"/"Einsteiger" bin. Wenn es so ist, dann wie lange?

Vielen Dank im Voraus für Ihre Antwort!

Sehr geehrter Fragesteller,

gerne übermittele ich Ihnen einige Anhaltspunkt, die Ihnen bei der Einstufung Ihres Falls behilflich sein können. Bitte beachten Sie aber, dass eine abschließende Beurteilung in diesem Rahmen nicht möglich sein wird, da diese von vielen Faktoren des Einzelfalles, insbesondere der genauen Ausgestaltung Ihres Vertrages mit dem Provider/ Personaldienstleister abhängen wird.

Grundsätzlich ist es natürlich korrekt, dass eine Scheinselbständigkeit gegeben sein kann, wenn Sie nur für einen Auftraggeber arbeiten.
Ob Ihre Arbeit jedoch als solche unselbständige Arbeit einzustufen ist, hängt letztlich davon ab, wie hoch Ihre persönliche Abhängigkeit und die Art der Leistungserbringung durch Sie zu beurteilen wären.
So wie ich Sie verstehe, handelt Ihr Provider eher als Vermittler, es werden Ihnen aber immer wieder neue Kunden vermittelt. Vor diesem Hintergrund könnten Sie als echter Selbständiger einzustufen sein.

Es wäre aber auch möglich, dass Sie als so genannter "Selbständiger mit nur einem Auftraggeber" eingestuft werden können. Dabei handelt es sich letztlich um ein Konstrukt der Deutschen Rentenversicherung, mit der Folge, dass Sie grundsätzlich rentenversicherungspflichtig und die entsprechenden Beträge alleine von Ihnen zu tragen wären.

Voraussetzungen für diese Regelung wären, dass Sie zum einen normalerweise keine versicherungspflichtigen Arbeitnehmer oberhalb der Minijobgrenze beschäftigen und im Wesentlichen nur für einen Auftraggeber tätig sind.
Ob das erste Kriterium trotz der vorübergehenden Beschäftigung Ihres Mitarbeiters auf Midijobbasis noch erfüllt ist, wäre letztlich über die Deutsche Rentenversicherung zu klären.

Sofern eine entsprechende Einstufung erfolgt, haben Sie jedoch die Möglichkeit, sich gegenüber der Deutschen Rentenversicherung auf Antrag für die ersten drei Jahre Ihrer Selbständigkeit von der entsprechenden Zahlungsverpflichtung befreien zu lassen.

Ich rate Ihnen daher, Kontakt dorthin aufzunehmen und einen entsprechenden Antrag zu stellen, bzw. gegebenenfalls von sich aus ein Statusfeststellungsverfahren anzuregen. Damit hätten Sie im Ergebnis Planungssicherheit.

Ich hoffe, dass ich Ihnen hiermit zunächst weiterhelfen konnte.

Mit freundlichen Grüßen

Daniela Désirée Fritsch
Rechtsanwältin

Rückfrage vom Fragesteller 27. Mai 2016 | 08:15

Sehr geehrte Frau Fritsch

Vielen Dank für Ihre ausführliche Antwort, aber ich hätte noch ein paar Fragen dazu:
- Wenn die Behörde diese Situation so feststellen würde, dass es eine Scheinselbstständigkeit ist, dann muss ich die Strafe allein, oder nur teilweise bezahlen? (Muss mein Provider auch Strafe zahlen, oder bin ich nur allein der Risikoträger?)
- Warum kann die Behörde diese Situation so unterschiedlich feststellen?
- Wie kann ich am besten der Behörde beweisen, dass es keine Scheinselbstständigkeit ist, wenn ich meinen Provider nicht wechseln kann? Welche Unterlagen könnte man vorführen, als Beweis? z.B:
o Verträge oder Projektbeschreibung von dem neuen Provider oder
o Änderung der Tätigkeitsbeschreibung in meinem Projektvertrag, der Quartalweise verlängert wird oder
o eine Excel-Liste wo ich meine tägliche Arbeit aufzeichne, an welchem Projekt/Projektteil bei dem Endkunde gearbeitet habe (Der End-Kunde hat mehrere mini-Projekte, ich arbeite parallel an 5-6 mini Projekten) oder
o Die E-Mails vorführen, die ich von meinem jetzigen Provider bekam, in denen er mir noch andere Projekte/Vorstellungsgespräche anbietet?

Vielen Dank für Ihre Hilfe im Voraus!

Antwort auf die Rückfrage vom Anwalt 27. Mai 2016 | 08:24

Sehr geehrter Fragesteller,

ist ist leider nicht möglich, Ihre Fragen ohne die genaue Kenntnis Ihrer Verträge zu beantworten. Grundsätzlich ist es aber Ihr eigenes unternehmerisches Risiko, wenn Sie nur einen Auftraggeber hätten (sofern es so eingestuft würde). In erster Linie müssen Sie also auch eventuelle Nachzahlungen von Sozialversicherungsbeiträgen entrichten.
Anders kann es aber aussehen, wenn Ihre Verträge Sie faktisch knebeln und an den Provider binden, dieser eventuell auch weiß, dass Sie keine weiteren Auftraggeber haben und damit an ihn gebunden sind.

Vorlegen sollten Sie in der Tat alles, was die unterschiedlichen Tätigkeitsbereiche für verschiedene Endkunden nachweisbar macht. Die Verträge und eine Exceltabelle werden dabei ein guter Anfang sein, falls es Rückfragen geben sollte, müsste dann entsprechend reagiert werden.

Ich wünsche Ihnen viel Erfolg.

Daniela Désirée Fritsch
Rechtsanwältin

Bewertung des Fragestellers 27. Mai 2016 | 09:03

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