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Räumungsklage mit veränderten Gründen beim Gerichtstermin

| 17. März 2025 20:35 |
Preis: 120,00 € |

Mietrecht, Wohnungseigentum


Beantwortet von

Sehr geehrte Rechtsanwälte und Rechtsanwältinnen,

vor vier Jahren habe ich neue Vermieter bekommen, die angeblich die Wohnung, in der ich wohne, für Eigenbedarf bräuchten. Der Grund dafür war, dass ihre Eltern ebenfalls in meiner direkten Nachbarschaft eine Wohnung zwei Jahre früher gekauft haben, und meine Vermieter würden gerne in der direkten Nachbarschaft zu ihren Eltern wohnen, vor allem, weil sie einen Nachwuchs planen und dabei die Unterstützung ihrer Eltern benötigen/wünschen. Es handelt sich um eine 94m² große dreieinhalb-Zimmer-Wohnung, in der wir (ich mit meinem Sohn und freiberuflicher Tätigkeit in einem Zimmer in der Wohnung) wohnen.

Ich meinerseits habe einen Wunsch geäußert, in der Wohnung bleiben zu wollen, bis mein Sohn seine Ausbildung beendet und weil meine berufliche Situation zu dem Zeitpunkt unstabil war. Nach langem Überlegen haben sie meinem Wunsch zugestimmt, allerdings mit einer Bedingung, eine erhöhte Miete zu bezahlen. Wir haben uns auf eine Erhöhung der Miete um 20 % geeinigt, damit ich in der Wohnung bleiben darf.

Etwa zwei Jahre später erhielt ich eine Email von meinen Vermietern, dass sie die Wohnung wieder verkaufen möchten und ein Makler sich diesbezüglich bei mir melden würde. Für mich würde sich allerdings nichts ändern und alles würde so bleiben wie es ist. Sie haben zu dem Zeitpunkt in eine Doppelhaushälfte gezogen.
Der Verkaufsversuch der Wohnung ist allerdings gescheitert.

Ein paar Monate später erhielt ich ein Formular zum Unterschreiben zur erneuten Mieterhöhung auf die ortsübliche Miete, wieder um 20 %. (3 Jahre nach der ersten Mieterhöhung). Da es aber keinen offiziellen Mietspiegel in meinem Ort gibt und ich mit der Mieterhöhung aus mehreren Gründen nicht einverstanden war, habe ich dem nicht zugestimmt.

Halbes Jahr später haben sich die Vermieter erneut mit einer (erstmal) unformellen Eigenbedaftkündigung bei mir gemeldet mit der Begründung, jetzt doch in der Nähe von ihren Eltern wohnen zu wollen. Da ihr Sohn vor kurzem auf die Welt kam, bräuchten sie dringend Unterstützung von ihren Eltern und können nicht täglich 15 Kilometer hin und her fahren von ihrem jetzigen Wohnort.

Ich schöpfte sofort einen Verdacht, dass meine Vermieter finanzielle Interessen verfolgen und nach einem gescheiterten Versuch die Wohnung weder verkaufen noch teurer vermieten zu können, mich loswerden möchten, um ihre Pläne mit einem/einer Verkauf/erneuten Vermietung durchzuziehen.
Meine Antwort war kurz und knapp: meine Lebenssituation ist kompliziert und ermöglicht mir derzeit keinen Auszug aus der Wohnung.

Nach einem kurzen Hin und Her ist bei mir eine offizielle Eigenbedarfskündigung im Briefkasten gelandet, in der stand, dass die Vermieterin ihr zweites Kind erwartet und jetzt verstärkt auf die Hilfe ihrer Schwiegermutter angewiesen ist. Zudem wäre ihr Haus, wo sie jetzt wohnen, zu groß und zu teuer für sie, weil sich die Vermieterin bald in der Elternzeit sein würde und der Vermieter (ihr Ehemann) der alleinige Verdiener wäre, was ihnen erschweren würde, die Miete für ihr angemietetes Objekt zu bezahlen. Aber der HAUPTgrund für die Eigenbedarfskündigung bleibt weiterhin der Wunsch, in der Nähe von den Eltern zu wohnen, um ihre Hilfe in Anspruch nehmen zu dürfen.

Mein Mieterschutzverein hat mir geraten, mich nach angemessenen Wohnungen umzuschauen und mich zu bewerben. Nach 6 Monaten erfolgloser Wohnungssuche habe ich der Eigenbedarfskündigung widersprochen mit der Begründung, dass ich keinen geeigneten und angemessenen Wohnraum finden konnte. Daraufhin bekam ich 4 Monate später eine Räumungsklage mit dem selben Grund wie in der Eigenbedarfskündigung. Der Räumungsklage habe ich binnen zwei Wochen widersprochen mit dem Verdacht auf einen vorgetäuschten Eigenbedarf.

3 Monate später (vor einer Woche) war der Gerichtstermin. Beim Gerichtstermin stellte sich heraus, dass die Vermieter ihr eigenes Mietverhältnis schon während dem Eigenbedarfskündigungsprozess gekündigt haben und seit 4 Monaten wohnungslos sind (sie würden bei Verwandten unterkommen).
Das wurde in der Räumungsklage nicht erwähnt. Noch dazu kam es vor Gericht heraus, dass der Vermieter ALG II bezieht, während die Vermieterin sich in der Elternzeit befinden. Da das Elterngeld von der Vermieterin nur für ein Jahr bewilligt wurde und der Vermieter arbeitslos geworden ist, brauchen sie dringend die Wohnung, um so Kosten zu sparen. In der Situation sind sie auch verstärkt auf die Hilfe ihrer Eltern angewiesen und möchten endlich ankommen. Mit zwei Kindern bei den Verwandten unterzukommen ist keine dauerhafte Lösung für sie. Die Vermieter sind, laut ihrer Aussage, nur noch erschüttert über mein Verhalten. Momentan befinden sie sich im Ausland (Türkei) bei ihren Verwandten.
Das Gericht hat mir drei Wochen Zeit gegeben, darauf zu reagieren und Stellungnahme zu beziehen.

Kurz zu meiner Situation:
ich bin freiberuflich tätig und nutze ein Raum in meiner derzeitigen Wohnung für meine Tätigkeit als Heilpraktikerin. Bis jetzt habe ich keine angemessene Wohnung finden können, wo ich leben und ein Zimmer gewerblich nutzen darf. Aus finanziellen Gründen kann ich mir eine eigene Praxis nicht leisten.

Meine Fragen sind:

- Wie hoch sind jetzt meine Chancen vor Gericht bei veränderten Fakten?
- Ist es erlaubt, bei einem Gerichtstermin die Gründe für Eigenbedarf zu ergänzen bzw. zu verändern? Schließlich bin ich mit meinem Widerspruch gegen andere Gründe vor Gericht gezogen.
- Die Vermieter haben auf eigene Faust ihr Mietverhältnis gekündigt und haben sich selbst in die wohnungslose Situation gebracht ohne mich zu informieren. Kurzfristig hat sich herausgestellt, dass einer der Vermieter plötzlich ALG II bezieht ohne Beweise, wie es dazu in einer kurzen Zeit kam. In der Räumungsklage stand nichts davon. Haben diese veränderten Fakten vor Gericht Gewicht?
- Welchen Rat würden Sie mir geben in dieser Situation?

Danke für Ihre Unterstützung!

17. März 2025 | 22:17

Antwort

von


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Sehr geehrter Ratsuchender,

vielen Dank für Ihre Anfrage, die ich basierend auf Ihren Angaben wie folgt beantworten möchte:

Ihre Chancen, die Räumungsklage abzuwehren, stehen nicht schlecht. Die Vermieter haben den Eigenbedarf zunächst mit dem Wunsch nach Nähe zu den Eltern begründet. Vor Gericht wurde jedoch eine völlig neue Argumentation vorgetragen: finanzielle Notlage und der Bedarf, Kosten zu sparen. Diese nachträgliche Änderung des Kündigungsgrundes ist rechtlich unzulässig, da Eigenbedarf bereits zum Zeitpunkt der Kündigung vorliegen muss.

Zudem haben die Vermieter ihr eigenes Mietverhältnis gekündigt, ohne sicherzustellen, dass sie eine neue Wohnung haben. Sie haben sich dadurch selbst in eine schwierige Lage gebracht, was treuwidrig sein kann. Darüber hinaus wurden wesentliche Umstände wie der ALG-II-Bezug und die eigene Kündigung des Mietverhältnisses in der Räumungsklage verschwiegen.

Ihre eigene Situation stellt grundsätzlich einen Härtefall gemäß § 574 BGB dar. Sie nutzen die Wohnung auch für Ihre berufliche Tätigkeit, haben über längere Zeit erfolglos nach Ersatzwohnraum gesucht und Ihr Sohn befindet sich noch in der Ausbildung. Diese Umstände können eine Fortsetzung des Mietverhältnisses rechtfertigen.

Ich empfehle, in der Stellungnahme deutlich auf die Unzulässigkeit der nachträglichen Änderungen, das treuwidrige Verhalten der Vermieter und Ihre persönliche Härtefallsituation hinzuweisen. Ziel sollte die Abweisung der Räumungsklage sein. Allerdings sollten Sie auch einen Vergleich, etwa eine verlängerte Räumungsfrist oder eine Abfindung, in Betracht ziehen.

In jedem Fall sollten Sie einen örtlichen Anwalt einschalten, der für Sie den Fall umfassend prüft und einen entsprechenden Schriftsatz entwirft. Ohne Anwalt riskieren Sie teure Fehler/Mißverständnisse.

Ich hoffe, Ihre Frage damit beantwortet zu haben. Bitte benutzen Sie bei Bedarf die kostenlose Nachfragefunktion.

Ansonsten verbleibe ich
mit freundlichen Grüßen,

Robert Weber
Rechtsanwalt


Rückfrage vom Fragesteller 16. April 2025 | 14:50

Sehr geehrter Herr Weber,

danke für Ihre Antwort.

Jetzt hat sich herausgestellt, dass meine Vermieterin, die wegen Eigenbedarf im Jahr 2024 geklagt hat, laut Hausverwaltung nicht mehr meine Vermieterin ist.
Am 01.01.2025 hat ihr Schwiegervater die Wohnung übernommen und somit wird er bei der Hausverwaltung als Eigentümer meiner Wohnung geführt.

Ich habe folgende Frage:

fällt der Eigenbedarf durch den Eigentümerwechsel in diesem Fall weg, wenn meine Vermieterin nicht mehr als Eigentümerin bei der Hausverwaltung geführt wird?

Zum Zeitpunkt der Eigenbedarfskündigung und anschließender Räumungsklage im Dezember 2024 hat die Wohnung allerdings noch meiner Vermieterin gehört. Ist der Eigenbadarfsanspruch in dem Fall weiterhin gültig?

Mit freundlichen Grüßen

Antwort auf die Rückfrage vom Anwalt 17. April 2025 | 19:07

Sehr geehrte Ratsuchende,

der neue Vermieter kann auch für seine Schwiegertochter Eigenbedarf geltend machen. Allerdings muß er dann eine neue, eigene Kündigung schreiben. Die Kündigung der Ex-Vermieterin ist mit dem Vermieterwechsel hinfällig geworden, die Räumungsklage wird dadurch unbegründet. Allerdings muß dieser Vermieterwechsel tatsächlich stattgefunden haben, und Sie müssen ihn zumindest plausibel darlegen. Die Aussage der Hausverwaltung ist da ein Indiz, ein Grundbuchauszug würde Sicherheit bringen.

Sie müssen im Räumungsprozeß diesen Vermieterwechsel dem Gericht mitteilen, da sonst das Gericht das nicht weiß und Sie dann verlieren. Als Mieter können Sie einen Grundbuchauszug beim örtlichen Amtsgericht/Grundbuchamt einholen, das läuft getrennt vom Räumungsprozeß. Wenn das Gericht Fristen gesetzt hat oder die mündliche Verhandlung bereits vorbei ist, sollten Sie den Vermieterwechsel dem Gericht sofort mitteilen, und die Hausverwaltung als Zeugen nennen sowie eine Beiziehung der Grundbuchakte fordern.

Auch sollten Sie unbedingt einen örtlichen Anwalt einschalten, um teure Fehler/Mißverständnisse zu vermeiden.

Mit freundlichen Grüßen,
Robert Weber
Rechtsanwalt

Bewertung des Fragestellers 19. März 2025 | 22:59

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