Sehr geehrter Fragesteller,
Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegebenen Informationen verbindlich wie folgt beantworten:
Nach Ihrer Schilderung spricht vieles dafür, dass das Verhalten Ihrer jüngeren Schwägerin sowohl insolvenzrechtlich als auch möglicherweise strafrechtlich problematisch ist. Während des laufenden Insolvenzverfahrens ist die Schuldnerin verpflichtet, ihre Einkünfte sowie alle Zuwendungen vollständig und wahrheitsgemäß gegenüber dem Insolvenzverwalter anzugeben. Werden Gelder von Dritten – hier von dem Konto der Mutter – regelmäßig entnommen und für den eigenen Lebensunterhalt verwendet, so handelt es sich wirtschaftlich um Zuwendungen an die Schuldnerin. Diese wären dem Insolvenzverwalter anzugeben. Unterbleibt dies, kann das einen Verstoß gegen die Obliegenheiten nach der Insolvenzordnung darstellen und im schlimmsten Fall den Verlust der Restschuldbefreiung nach sich ziehen. Strafrechtlich kann ein solches Verhalten, wenn es vorsätzlich geschieht, den Tatbestand des Bankrotts (§ 283 StGB) oder der Verletzung der Buchführungspflicht (§ 283b StGB) erfüllen. Auch Betrugshandlungen kommen in Betracht, wenn gegenüber dem Insolvenzgericht oder dem Insolvenzverwalter bewusst unzutreffende Angaben gemacht oder Tatsachen verschwiegen werden.
Für Ihren Mann und seine ältere Schwester besteht keine strafrechtliche Verantwortung allein durch das bloße Wissen um die Vorgänge. Eine Garantenstellung, die zu einer strafrechtlich relevanten Handlungspflicht führen würde, besteht in der Regel nicht. Gleichwohl kann es rechtlich sinnvoll sein, den Insolvenzverwalter zu informieren, um sich nicht dem Vorwurf einer möglichen Mitwirkung oder Duldung auszusetzen, insbesondere da Sie durch die Vorsorgevollmacht Einblick und Einfluss auf die finanziellen Angelegenheiten haben.
Hinsichtlich der Generalvollmacht ist zu beachten, dass diese grundsätzlich nur durch die Vollmachtgeberin selbst widerrufen werden kann. Da Ihre Schwiegermutter aufgrund ihrer Demenzerkrankung nicht mehr geschäftsfähig ist, kann sie den Widerruf nicht wirksam erklären. In einem solchen Fall kommt eine gerichtliche Lösung in Betracht: Das Betreuungsgericht kann eine rechtliche Betreuung anordnen und der Betreuer wäre dann befugt, bestehende Vollmachten zu widerrufen, wenn dies zum Schutz der Betroffenen erforderlich ist. Angesichts der von Ihnen geschilderten Entnahmen dürfte es naheliegen, dass das Gericht eine Kontrolle für geboten hält.
Zusammenfassend: Ja, es liegt mit hoher Wahrscheinlichkeit ein insolvenzrechtlicher Verstoß Ihrer jüngeren Schwägerin vor, der auch strafrechtliche Relevanz entfalten kann. Ihr Mann und seine ältere Schwester sind nicht automatisch strafrechtlich haftbar, sollten aber im eigenen Interesse überlegen, die Angelegenheit transparent gegenüber dem Insolvenzverwalter bzw. dem Betreuungsgericht zu machen. Zudem ist ein Antrag auf Einrichtung einer Betreuung ein sinnvoller Weg, um die Generalvollmacht zu überprüfen und gegebenenfalls widerrufen zu lassen, damit die finanziellen Interessen Ihrer Schwiegermutter künftig wirksam geschützt werden.
Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.
Mit freundlichen Grüßen
El-Zaatari
Rechtsanwalt
Antwort
vonRechtsanwalt Mohamed El-Zaatari
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Rechtsanwalt Mohamed El-Zaatari
Vielen Dank für Ihre ausführliche Antwort. Ich hätte eine letzte Frage bezüglich der Betreuung:
Muss zwingend ein Außenstehender die Betreuung übernehmen oder könnte das auch meine ältere Schwägerin oder mein Mann (oder beide) übernehmen bzw. beantragen?
Vielen Dank vorab!
Im Betreuungsrecht gilt der Grundsatz „So viel Selbstbestimmung wie möglich, so viel staatliche Fürsorge wie nötig". Das bedeutet: Das Betreuungsgericht prüft zunächst, ob geeignete Personen aus dem Familien- oder nahen Umfeld bereitstehen. Angehörige – also Ihr Mann oder die ältere Schwester – können daher selbst als Betreuer vorgeschlagen werden. Das Gericht wird diesen Vorschlag in aller Regel berücksichtigen, wenn keine wichtigen Gründe dagegensprechen (z. B. eigene Überforderung, Interessenkonflikte oder Streitigkeiten zwischen den Geschwistern).
Auch eine gemeinsame Betreuung durch zwei Personen ist möglich, etwa indem die Aufgabenbereiche aufgeteilt werden (z. B. einer für Gesundheitssorge, der andere für Vermögenssorge). Voraussetzung ist, dass dies praktikabel erscheint und das Gericht keinen Konflikt zwischen den Betreuern befürchten muss.
Nur wenn kein geeigneter Angehöriger zur Verfügung steht oder die Gefahr besteht, dass das Wohl der Betroffenen durch familiäre Spannungen gefährdet wäre, bestellt das Gericht einen externen Berufsbetreuer.
Sie können also mit guten Chancen beantragen, dass Ihr Mann oder die ältere Schwester (oder beide) die Betreuung übernehmen. Wichtig ist, dem Gericht darzulegen, dass sie zuverlässig sind, ein gutes Vertrauensverhältnis zur Mutter besteht und sie in der Lage sind, die Betreuung sachgerecht wahrzunehmen.
Mit freundlichen Grüßen
El-Zaatari
Rechtsanwalt