Pflichtteil

Question

Guten Tag.    Wir bitte um Einschätzung des folgenden Falls:    Person A besitzt und bewohnt ein Haus.  Das Haus soll im Rahmen einer Schenkung an Person B übertragen werden.    In der Schenkungsurkunde sollen folgende Rückforderungsgründe und Einschränkungen vereinbart werden:  a&rpar; Grober Undank  b&rpar; Verarmung des Schenkers  c&rpar; Verarmung des Beschenkten  d&rpar; Tod des Beschenkten  e&rpar; keine Veräusserung des Hauses zu Lebzeiten von Person A    Person A soll weiterhin in einer Wohnung des Hauses &lpar;ca. 70% der gesamten Wohnfläche&rpar; wohnen dürfen.  Hierzu soll aber ausdrücklich auf ein eingetragenes Wohnrecht verzichtet werden.   Grund hierfür ist, dass eine Hemmung der Pflichtteilsabschmelzung vermieden werden soll.  Stattdessen vereinbaren A und B einen unbefristeten, lebenslangen Mietvertrag ohne Mietzahlungen.    Fragen:  1&rpar; ist dieses Vorgehen so möglich?  2&rpar; ist die Hemmung der Pflichtteilsabschmelzung durch den lebenslangen Mietvertrag statt des eingetragenen Wohnrechts vermieden?  3&rpar; begründen eventuell die genannten Rückforderungsgründe und Einschränkungen a&rpar; bis e&rpar; eine Hemmung der Pflichtteilsabschmelzung?  4&rpar; welche alternativen Möglichkeiten sehen Sie um Person A das weitere Bewohnen der Wohnung zu ermöglichen, ohne eine Hemmung der Pflichtteilsabschmelzung zu erzeugen?    Vielen Dank für Ihre Antwort im Voraus!

Rechtsanwalt Dr. Milad Ahmadi · Accepted Answer

Antwort vom Rechtsanwalt: Sehr geehrter Fragesteller,    auf Grundlage der genannten Informationen gebe ich Ihnen gerne folgende Ersteinschätzung:         1&rpar; Ist dieses Vorgehen so möglich?        Die Übertragung eines Hauses im Wege der Schenkung unter Vereinbarung von Rückforderungsrechten und Einschränkungen ist grundsätzlich möglich, sofern die formellen Anforderungen, insbesondere die notarielle Beurkundung und die Auflassung nach &#167; 311b BGB, eingehalten werden. Die Vereinbarung von Rückforderungsrechten wie grober Undank &lpar;&#167; 530 BGB&rpar; und Verarmung des Schenkers &lpar;&#167; 528 BGB&rpar; ist gesetzlich vorgesehen und kann im Schenkungsvertrag ausdrücklich geregelt werden. Auch eine Rückforderung für den Fall des Todes des Beschenkten oder ein Veräußerungsverbot zu Lebzeiten des Schenkers sind als vertragliche Gestaltungen zulässig, wobei das Veräußerungsverbot im Grundbuch eingetragen werden kann.        Die Vereinbarung, dass Person A weiterhin in einer Wohnung des Hauses wohnen darf, ohne ein Wohnrecht im Grundbuch eintragen zu lassen, sondern stattdessen einen unbefristeten, lebenslangen Mietvertrag ohne Mietzahlungen abzuschließen, ist rechtlich möglich. Es handelt sich dann um ein rein schuldrechtliches Nutzungsrecht, das nicht dinglich gesichert ist. Dies ist zulässig, birgt aber das Risiko, dass Person B oder deren Rechtsnachfolger den Mietvertrag kündigen könnten, sofern nicht ausdrücklich ein Kündigungsausschluss für die Lebenszeit von A vereinbart wird.        2&rpar; Ist die Hemmung der Pflichtteilsabschmelzung durch den lebenslangen Mietvertrag statt des eingetragenen Wohnrechts vermieden?        Die Hemmung der Pflichtteilsabschmelzung nach &#167; 2325 Abs. 3 BGB tritt ein, wenn sich der Schenker ein Nießbrauchsrecht oder ein Wohnrecht im Grundbuch vorbehält. In diesem Fall beginnt die 10-Jahres-Frist für die Abschmelzung des Pflichtteilsergänzungsanspruchs nicht zu laufen, solange der Schenker sich den vollen Nutzen vorbehält.        Ein rein schuldrechtlicher Mietvertrag, auch wenn er lebenslang und unentgeltlich ist, stellt kein dingliches Recht dar und wird nicht im Grundbuch eingetragen. Nach der herrschenden Meinung und der Rechtsprechung beginnt die 10-Jahres-Frist in diesem Fall zu laufen, da der Schenker keine dingliche Rechtsposition mehr innehat und der Eigentumsübergang zivilrechtlich vollzogen ist, d.h. nur bei dinglichen Rechten wird die Frist gehemmt. Somit wird durch den Abschluss eines schuldrechtlichen Mietvertrags die Hemmung der Pflichtteilsabschmelzung vermieden.        3&rpar; Begründen eventuell die genannten Rückforderungsgründe und Einschränkungen a&rpar; bis e&rpar; eine Hemmung der Pflichtteilsabschmelzung?        a&rpar; Grober Undank und b&rpar; Verarmung des Schenkers sind gesetzliche Rückforderungsrechte, die bei Schenkungen regelmäßig vorbehalten werden können. Sie führen nicht dazu, dass die 10-Jahres-Frist für die Pflichtteilsabschmelzung gehemmt wird, da sie keine dinglichen Rechte am Grundstück begründen, sondern lediglich schuldrechtliche Rückforderungsansprüche darstellen.        c&rpar; Verarmung des Beschenkten ist kein gesetzlich vorgesehener Rückforderungsgrund und müsste individuell vereinbart werden. Auch dies begründet kein dingliches Recht und hemmt die Frist nicht.        d&rpar; Tod des Beschenkten als Rückforderungsgrund ist eine vertragliche Gestaltung, die ebenfalls kein dingliches Recht am Grundstück für den Schenker begründet.        e&rpar; Das Veräußerungsverbot zu Lebzeiten von Person A kann im Grundbuch eingetragen werden. Ein solches Veräußerungsverbot hemmt nach überwiegender Auffassung die Pflichtteilsabschmelzung nicht, solange der Schenker keine eigenen Nutzungsrechte &lpar;Nießbrauch, Wohnrecht&rpar; am Grundstück behält.      Fazit: Keine der genannten Rückforderungsgründe und Einschränkungen a&rpar; bis e&rpar; begründet eine Hemmung der Pflichtteilsabschmelzung, solange kein dingliches Recht &lpar;Nießbrauch, Wohnrecht&rpar; zugunsten des Schenkers im Grundbuch eingetragen wird.        4&rpar; Welche alternativen Möglichkeiten sehen Sie, um Person A das weitere Bewohnen der Wohnung zu ermöglichen, ohne eine Hemmung der Pflichtteilsabschmelzung zu erzeugen?        Die von Ihnen gewählte Lösung &#8211; Abschluss eines lebenslangen, unentgeltlichen Mietvertrags &#8211; ist bereits eine gängige Alternative, um dem Schenker das weitere Bewohnen zu ermöglichen, ohne die 10-Jahres-Frist zu hemmen. Wichtig ist, dass der Mietvertrag tatsächlich nur schuldrechtlich wirkt und nicht als Wohnrecht im Grundbuch eingetragen wird.        Weitere Alternativen wären:        - Ein befristeter Mietvertrag mit Verlängerungsoption, wobei auch hier kein dingliches Recht entsteht.    - Ein Leihvertrag &lpar;Gebrauchsüberlassung&rpar;, der ebenfalls nur schuldrechtlich wirkt.    - Eine vertragliche Vereinbarung, dass Person B sich verpflichtet, Person A das Wohnen zu gestatten, ohne dass ein Wohnrecht im Grundbuch eingetragen wird.        Zu beachten ist, dass alle diese Gestaltungen das Risiko bergen, dass Person B oder deren Rechtsnachfolger sich nicht an die Vereinbarung halten. Ein dingliches Wohnrecht bietet zwar mehr Sicherheit für Person A, hemmt aber die Pflichtteilsabschmelzung.        Zusammenfassend:        - Die von Ihnen geplante Gestaltung ist rechtlich möglich.    - Die Hemmung der Pflichtteilsabschmelzung wird durch den schuldrechtlichen Mietvertrag vermieden.    - Die genannten Rückforderungsgründe und Einschränkungen hemmen die Frist nicht.    - Alternativen sind andere schuldrechtliche Nutzungsvereinbarungen, die jedoch stets das Risiko der fehlenden dinglichen Absicherung bergen.    Bitte beachten Sie, dass diese Ausführungen lediglich eine erste rechtliche Einschätzung darstellen und eine individuelle anwaltliche Beratung nicht ersetzen können. Eine individuelle anwaltliche Beratung ist zu empfehlen.      Mit freundlichen Grüßen    Dr. Milad Ahmadi  Rechtsanwalt

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Erbrecht

Rechtsanwalt Dr. Milad Ahmadi

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