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Pflichten eines privaten Verkäufers zur Angabe von Mängeln in Artikelbeschreibung

| 23. Mai 2014 09:09 |
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Kaufrecht


Beantwortet von

Ich habe als Käufer über ein bekanntes Internet-Auktionsportal ein Laufwerk erworben.

Es stellte sich heraus, dass diese Laufwerk ohne Netzteil geliefert wurde. Das Netzteil ist ein Spezielles und gehört zum normalen Lieferumfang, für mich war dieses Fehlen eine überraschende Eigenschaft.

Zweitens stellte sich heraus, dass das Fehlen des Netzteils zwar in der Artikelbeschreibung erwähnt wird, aber verklausuliert und unnötig "versteckt". Genaue Auflistung der sprachlichen Mittel zum Verstecken des Mangels am Schluss.

Das Rechtssystem scheint sich hier sehr auf Gewährleistung zu konzentrieren. Für mein Rechtsgefühl geht es eher um die vorvertraglichen und allgmeinen zivilrechtlichen Pflichten:

Die Besonderheit ist hier, dass es um einen Mangel geht, der ihm bekannt war, und den er prinzipiell erwähnt hat, dass er aber mit nachweisbaren sprachlichen Mitteln (s.u.) dafür gesorgt hat, dass ich dies nicht entdecke. Dafür passen die ganzen Haftungs-/Gewährleistungsparagraphen nach meinem Gefühl nur schwer, vielleicht "Garantie für die Beschaffenheit der Sache", s.u.

Ich hatte eher auf allgemeine zivilrechtliche Pflichten, ob und wie man Mängel angibt, bis hin zu Treu und Glauben gehofft, ähnlich einer sog. "überraschenden Klausel" oder einer normalen Erwartungshaltung eines Käufers, die hier verletzt wird.

Könnte mir jemand da einen passenden Ansatzpunkt nennen?

Ein Punkt ist hier m.E. relativ klar: Er hat zwar Gewährleistung im Privatverkauf ausgeschlossen, aber §444 Haftungsausschluss zieht hier m.E. relativ sicher:

Nach meinem privaten Rechtsgefühl übernimmt jemand in einer Internetauktion in seiner Artikelbeschreibung sowieso die "Garantie für die Beschaffenheit der Sache" zumindest für wesentliche Dinge. Ob dies in der Rechtsprechung auch so gesehen wird, weiß ich zwar nicht. In meinem Fall gibt es aber tatsächlich die viermalige Nennung des Begriffes "perfekte Funktion", u.a. im Artikelnamen und sogar im Text die Formulierung "Ich garantiere die Funktion, daran sollen Sie nicht zweifeln. "

Ich würde gerne dennoch nur hilfsweise auf diese ungewöhnliche extra ausgesprochene "Garantie" zurückkommen, eigentlich hegte ich die Hoffnung, dass "Fairness", bereits ordnungs- und erwartungsgemäße Angaben bei einem Kauf(vertrag) durch das Recht gedeckt werden.
(?)

Noch einmal zurück: Eins ist klar, die Einschränkung ohne Netzteil gehört nach dem, was üblich, fair und zu erwarten ist in die Artikelbezeichnung. "Laufwerk ohne Netzteil", "Auto ohne Motor", "Tisch ohne Fuß"- das ist alles eindeutig. Ein Autoverkauf mit erwähntem fehlenden Motor auf Seite 99 eines 100-seitigen-Vertrages im Kleingedruckten in einem chinesisch geschriebenen Nebensatz würde vor einem deutschen Richtiger nicht durchgehen, jedenfalls, glaube ich.

Im vorliegenden Fall heißt der Artikel "XX perfekter Zustand, letzte Firmware!"

Dann folgen sage und schreibe 564 Wörter Artikelbeschreibung Fließtext ohne Absatz, die völlig unrelevante und unsachliche Meinungsäußerungen über die Güte diverser Firmen und anderer Artikel enthalten, so dass man vom Weiterlesen förmlich abgehalten wird.

Im Wort 407 von 564 folgt tatsächlich der Satz: "Es wird mit USB-Kabel, ohne PSU [..], geliefert. Auch hier ist das "ohne" im inneren des Satzes "versteckt" also, es wird eine nicht übliche, selbst unter Fachleuten nicht sofort geläufige engl. Akürzung des Wortes Netzteil verwendet.

Ergänzend muss man sagen, dass er bereits über 1.200 Artikel verkauft hat, und ca. 50 Artikel aktuell parallel anbietet, er weiß, was er tut, er hat nachweisbar schon einige Konflikte ausgefochten, ist also ein alter Hase und mindestens an der Grenze zu einem kommerziellen Anbieter. (Auch das ist ein Ansatz, den ich nur hilfsweise verwenden möchte, auch wenn die mitschwingende Versteuerungsproblematik vielleicht einen ungenannten Druck mit entfalten könnte.)

Ich gehe davon aus, dass arglistige Täuschung nach §123 BGB schwer nachzuweisen ist.
In meinem Fall kann ich aber folgende sprachliche Mittel zur Täuschung benennen (ob bewusst oder unbewusst sei erst einmal dahingestellt, aber es ist klar, was ich annehme):

1. Nicht Erwähnen des fehlenden Bestandteils im Artikelnamen, statt dessen den irreführenden Begriff "perfekter Zustand"

2. Vergabe von explizit 6 Stichworten und einem speziellen Kommentar zum Artikelzustand. Diese erscheinen für den Käufer herausgebehoben und sind beim Verkauf durchaus optional und ein Indiz für eine sehr sorgfältige und bewusste Verkaufsanzeige.

3. Keine stichwortartige Produktbeschreibung, sondern Fließtext ohne Absätze (fehlende Absätze sind in einer Anzeigenvorschau sehr einfach zu erkennen, und schwer zu übersehen).

4. Das (produktspezifische) Netzteil, welches definitiv zum erwarteten Artikelumfang dazugehört und zum Betrieb notwendig ist, wird erst in Wort 413 von 564 erwähnt, und dort noch mitten im Satz und nach einem positiven Einschluss (mit Kabel, ohne PSU). Das Kabel ist übrigens ein Standard-USB Kabel und wenig relevant.

5. Die Erwähnung des fehlenden Netzteils erfolgt in einer anderen Sprache, und dort noch in Form einer Abkürzung, die im deutschen Sprachraum bzw. bei Verkäufen in deutscher Sprache normal nicht verwendet wird.

6. In der Artikelbeschreibung gehen der notwendigen (verklausulierten, s.o.) sachlichen Nennung des (einzigen) wesentlichen Mangels, nämlich des fehlenden Netzteils, hunderte von Wörtern voraus, die nicht sachlich direkten Bezug zum Artikel haben, sondern unsachliche Meinungsäußerungen zu Nebenthemen wie diversen Herstellerfirmen und deren moralische Integrität. Damit wird das Weiterlesen erschwert.

Müsste ich ihm wirklich bewusste Täuschung nachweisen oder reicht das nicht schon?

Mir geht es schon darum, dass hier im Speziellen wie auch im Allgemeinen auch von Privatverkäufern eine Ehrlichkeit gefordert werden sollte, und dies beihaltet eben nicht nur, ob man einen Mangel erwähnt, sondern auch wie.

Im Konkreten möchte ich den Kauf nicht rückgängig machen, sondern ihn zur Nachbesserung bzw. Schadenersatz verpflichten, mindestens zum Ersatz eines Netzteils, welches ich dann zumal noch auf eigenes Risiko besorgen muss.

Einsatz editiert am 23.05.2014 09:15:27

23. Mai 2014 | 11:42

Antwort

von


(775)
Wrangelstrasse 16
24105 Kiel
Tel: 0431-895990
Web: https://www.kanzlei-steidel.de
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Sehr geehrter Fragesteller,

Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegebenen Informationen verbindlich wie folgt beantworten:

Das rechtliche Problem ist in der Tat im Rahmen der Sachmängelhaftung ( §§ 434 ff BGB )zu lösen.

Es stellt sich dabei die entscheidende Frage, ob die Kaufsache die geschuldete - vereinbarte oder übliche- Beschaffenheit aufweist.

Eine vereinbarte Beschaffenheit wird im Zuge eines Internetkaufs kaum verhandelt worden sein, so dass auf die übliche Beschaffenheit bei Sachen gleicher Art und die damit zu erwartenden Eigenschaften i.S. von § 434 I Nr.2 BGB abzustellen ist.

Nach Ihren Angaben handelt es sich um ein "spezielles Netzteil" welches zum gewöhnlichen Lieferumfang gehört. Wenn dieses also tatsächlich nicht durch ein beliebiges Netzteil mit einem Standartstecker ausgetauscht werden kann und der Hersteller das Netzteil zum gewöhnlichen Lieferumfang zählt, dann liegt meines Erachtens ein Sachmangel vor, da ein "Teil einer einheitlichen Sache" fehlt.

Der Verkäufer trägt die Beweislast für die vertragsgemäße Freiheit von Sachmängeln bei Lieferung. Sofern der Verkäufer eine andere Beschaffenheitsvereinbarung behauptet - hier Lieferung gemäß Beschreibung ohne Netzteil - so trägt er auch hierfür die Beweislast.

In diesem Zusammenhang wird es dann wohl schon darauf ankommen, ob ein gewerblicher Verkäufer gehandelt hat oder es sich um einen Privatkauf handelt. Angesichts der Vielzahl der Verkäufe scheint aber eher ein gewerblicher Kauf vorzuliegen. Sie müssten sich dann darauf berufen, dass durch die versteckte und unklare Klausel eine andere Beschaffenheitsvereinbarung nicht wirksam geschlossen worden ist. Aufgrund der von Ihnen geschilderten Umstände halte ich diese Argumentation für tragbar.

Die näheren Einzelheiten wäre unter Vorlage der schriftlichen Unterlagen ( Ausdrucke ) selbstverständlich noch einer weiteren Prüfung zu unterziehen. Hier kann nur eine Ersteinschätzung anhand Ihrer Schilderung erfolgen. Danach bestehen allerdings meines Erachtens durchaus gute Möglichkeiten, eine Anspruch auf Nachlieferung ( und sodann ggf. Rücktritt / Schadensersatz ) geltend zu machen.

Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.

Mit freundlichen Grüßen


Rechtsanwalt Sascha Steidel
Fachanwalt für Familienrecht

Rückfrage vom Fragesteller 23. Mai 2014 | 12:01

Die Formulierung "übliche Beschaffenheit bei Sachen gleicher Art" ist ein Ansatzpunkt, den ich suchte.

Das wird relativ einfach nachzuweisen sein. Mit den Netzteilen bzw. Anschlüssen ist es so eine Sache. Es gibt wenige Netzteilanschlüsse, die man als Standard bezeichnen kann (z.B. Mini/Micro-USB oder PC-Gehäuse), so einer ist es nicht.
Für fast jedes Netzteil gibt es natürlich Dritthersteller bzw. Drittmöglichkeiten, so vermutlich auch hier, konkret ein Multi-Netzteil aus dem Baumarkt mit einem Dutzend Anschlüssen hat er mir empfohlen. Ich gehe auch davon aus, dass da einer passt, dann habe ich aber noch das Verpolungsrisiko, und das Risiko, dass die techn. Daten Stromstärke, etc. nicht genau übereinstimmen.

Richtig ist, Kosten, Aufwand und Risiko zur Lösung sind nicht hoch zu bewerten, aber sie sind alle drei da, und durch den weiteren Verlauf des Falles (Beleidigungen, Portalverwarnung) ist es mir wichtig, hier auch Recht zu erhalten, und ihn diesen Aufwand für das Netzteil tragen zu lassen.

Meine Frage:
Angenommen, über die Argumentation "Teil einer einheitlichen Sache" bzw. ""übliche Beschaffenheit" gelangt man zum Erfolg, könnte es dann wie das Hornberger Schießen ausgehen, wenn ich lediglich das Recht zur Wandlung und nicht zur Nachbesserung oder Schadenersatz erhalte?
Ich möchte den Artikel ja nicht zurückgeben, er ist schwer zu kriegen, ich möchte nur das Netzteil ersetzt.

Antwort auf die Rückfrage vom Anwalt 23. Mai 2014 | 17:40

Angenommen es bestehen die Sachmängelansprüche, dann sind Sie keineswegs verpflichtet, den Rücktritt ( früher Wandlung ) zu erklären. Sie können die Sache also behalten und lediglich Schadensersatz geltend machen.

Bewertung des Fragestellers 23. Mai 2014 | 18:32

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Danke für die sehr hilfreichen Hinweise. Die eine mögliche Rückfrage hat mir zwar nicht ganz gereicht, aber das ist nicht Gegenstand der Bewertung; ich bin weiter in Klärung.

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BEWERTUNG VOM FRAGESTELLER 23. Mai 2014
5/5,0

Danke für die sehr hilfreichen Hinweise. Die eine mögliche Rückfrage hat mir zwar nicht ganz gereicht, aber das ist nicht Gegenstand der Bewertung; ich bin weiter in Klärung.


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