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Niedersächsisches Nachbarschaftsgesetz, Einfriedungspflicht und Grenzabstände

| 24. September 2021 13:24 |
Preis: 80,00 € |

Hauskauf, Immobilien, Grundstücke


Beantwortet von

Zusammenfassung

Es geht um die Einfriedungspflicht in Nachbarschaftssachen in Niedersachsen und das Gebot der nachbarschaftlichen Rücksichtnahme.

Guten Tag.
wir wohnen seit 16 Jahren in einem denkmalgeschützten, zweistöckigen Haus.
Zur von der Straße aus gesehenen rechten steht ein vierstöckiges Mehrfamilienhaus, das komplett vermietet ist und dessen Eigentümer auch nicht dort wohnt.
Beide Häuser liegen an einer öffentliche Straße.

Zwischen den Häusern besteht ein Abstand von rund 4,10m , die Grundstücksgrenze läuft mittig.
Keines der Häuser hält also die gemäß NBO geforderten Mindestabstand von 3m ein ( oder auch Gebäudehöhenabhängig mehr). Einen Bebauungsplan gibt es für die Grundstücke nicht.

1. Frage: Redet man hier bereits von einer Grenzbebauung, weil keines der Häuser die 3m Mindestabstand einhält?

Der Raum zwischen den Häusern ist befestigt.
Unsere Voreigentümerin nutzte diese gemeinsame Zufahrt als Garagenzufahrt, die sich noch heute hinter dem Haus befindet ( ohne weitere Zufahrtsmöglichkeit). Diese Garage wurde von uns nicht als Garage genutzt.
Beim Nachbart existiert in dessen hinteren Grundstücksbereich ein Carport, der bis vor etwa 10 Jahren auch von einem Mieter als Stellplatz genutzt wurde, auch er nutzte die gemeinsame Einfahrt, den Platz zwischen beiden Häusern.

Die Einfahrt wurde also in der Vergangenheit von beiden Eigentümern bzw. Mietern als Zufahrt zu Stellplätzen genutzt. Die Einfahrt wird auch beidseitig regelmäßig von Handwerkern als Parkplatz genutzt, um unsere Aufträge oder die des Nachbarn (in der Mehrzahl) zu erledigen, weil an der Straße tagsüber kein Parkplatz zu finden ist.
Aus demselben Grund wird der Platz auch vom Eigentümer des Nachbarhauses selber genutzt, ebenso auch dessen Mietern und von uns zum Ausladen von Einkäufen genutzt.

Seit etwa 6 Wochen haben wir an unserem Haus eine Wallbox angeschafft, um etwa einmal pro Woche für sechs Stunden unser E-Fahrzeug zu laden. Ein anderer Ort für das Anbringen der Wallbox plus Stellplatz steht nicht zur Verfügung.

Wir parken dafür auf unseren 2m, müssen aber dann auch zu Fuß das Nachbargrundstück betreten. Wir nahmen aufgrund der bisherigen eher gemeinsamen Nutzung nicht an, dass das ein Problem würde.

Nun fordert der Nachbar die Einfriedung unseres Hauses gemäß §27 NNg ein.

2. Frage:
Falls zutrifft, dass beide Häuser unter dem Begriff Grenzbebauung fallen, gilt dann nicht die Ausnahme nach Ziffer 5?

Und/Oder können wir uns nicht auf ein Befahrrecht zu unserer Garage hinter dem Haus berufen?
Sind gegebenfalls weitere Belange (Feuerwehr, Denkmalschutz, welche weiteren?u berücksichtigen)

3. Hat der Nachbar nicht eine Begehungsduldepflicht in dem Fall, dass wir einmal pro Woche 6 Stunden unser Auto laden und wir Bewohner halt am Auto vorbei müssen, um zur Haustür zu kommen oder darf er uns das Betreten verbieten?

4.: reicht als „ortsübliche" Einfriedung nach §28 (1) eine farbliche Unterscheidung des Pflasters aus, reicht ein Kantenstein ( , der 5cm aus der Einfahrt rausschaut) oder muss es ein Zaun sein? Alle drei Varianten sind ortsüblich.

5. Ist es korrekt, dass nach offizieller Aufforderung zur Einfriedung vor einer Klage zur Durchsetzung er ein Schlichterverfahren durchführen muss ( und auch die Kosten dafür zunächst zu tragen hat)?


Vielen Dank


Einsatz editiert am 24.09.2021 16:11:20

24. September 2021 | 17:24

Antwort

von


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Gerne zu Ihren Fragen:

In Niedersachsen herrscht Rechtseinfriedungspflicht, so dass Ihrer Beschreibung der Örtlichkeit nach, die Einfriedungspflicht nach dem Niedersächsisches Nachbarrechtsgesetz (NNachbG) vom 31. März 1967 mit der zum 24.09.2021 aktuellsten verfügbaren Fassung:


§ 27 Einfriedungspflicht
(1) Grenzen bebaute oder gewerblich genutzte Grundstücke aneinander, so kann jeder Eigentümer eines solchen Grundstücks, sofern durch Einzelvereinbarung nichts anderes bestimmt ist, von den Nachbarn die Einfriedung nach folgenden Regeln verlangen:

1. Wenn Grundstücke unmittelbar nebeneinander an derselben Straße oder an demselben Wege liegen, so hat jeder Eigentümer an der Grenze zum rechten Nachbargrundstück einzufrieden. Rechtes Nachbargrundstück ist dasjenige, das von der Straße (dem Wege) aus betrachtet rechts liegt. Dies gilt auch für Eckgrundstücke, auch für solche, die an drei Straßen oder Wege grenzen.

Dies vorangestellt ist es so, dass das Nachbarschaftsrecht als solches nur die halbe Miete ist. Vielmehr gelten auch das BGB (u.a. § 242 ), die BauO nebst Brandschutz und Rettungswegen, etwaige öfftl. Baulasten, kommunales Satzungsrecht nebst Denkmalschutz und schließlich die sog. Ortsüblichkeit.

Siehe § 27 NNachbG Absatz "(2) Soweit in einem Teil eines Ortes Einfriedungen nicht üblich sind, besteht keine Einfriedungspflicht. § 29 Abs. 2 bleibt unberührt.

Dies vorangestellt kann aus der Ferne ohne Orts- und Aktenkenntnis summarisch festgestellt werden, dass nach 16 Jahren der einvernehmlichen Nutzung des befestigten Raums zwischen den Häusern das Ansinnen des Nachbarn - quasi als Reaktion auf Ihre Wallbox unter Bezug auf § 242 BGB (nachbarschaftliche Rücksichtnahme; ggf. sogar Schikaneverbot) zumindest gute Chancen auf Anerkennung in einem in der Tat obligatorischen Streitschlichtungsverfahren (§ 1 Absatz 2 Nr. 2 b NSchlG) haben kann.

Wobei die Kosten im Vergleich zu Gerichtskosten wesentlich geringer (ca. 50 - 100 €) sind oder sogar (§ 8) ermäßigt oder ganz niedergeschlagen werden.

Ansonsten sollten Sie sich auf die Verjährung wie folgt berufen...

§ 2 NNachbG Verjährung

Für die Verjährung von Ansprüchen nach diesem Gesetz gilt Abschnitt 5 des Buches 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) entsprechend. In den Fällen der §§ 54, 55 Abs. 1 Nr. 3 und Abs. 2 sowie des § 59 Abs. 2 Nr. 2 tritt die Verjährung jedoch nicht vor Ablauf der dort bestimmten Frist ein.

...die auf die Verjährungsregelungen des BGB (Regelverjährung nach 3 Jahren) verweist. Zusätzlich und hilfsweise auch auf eine "Verwirkung" durch einvernehmliche wechselseitige Nutzung der befestigten Zufahrt seit 16 Jahren.

Im Ergebnis rate ich beiderseits dringend zu einer außergerichtlichen Einigung. Denn selbst wenn die Einfriedung als solche Ihrerseits abgewehrt werden könnte, erlangen Sie damit leider nicht ein sog. Notwegerecht zur Wallbox, denn das setzt voraus, dass die Notwegesituation nicht von Ihnen nachträglich provoziert wurde. Andererseits sollte aber auch der Nachbar ein Interesse am Fortbestand der gemeinsamen Zufahrt haben.
Das Ganze ließe sich in einem Schlichtungsverfahren sehr viel preiswerter jedoch ebenso verbindlich regeln, wie in einem Prozess vor dem Amtsgericht.

Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.

Mit freundlichen Grüßen


Rechtsanwalt Krim.-Dir. a.D. Willy Burgmer

Rückfrage vom Fragesteller 8. Oktober 2021 | 09:25

Guten Tag,
würden Sie mir noch etwas Konkreter meine Frage 1 beantworten:

Redet man im Sinne der Niedersächsischen Bauordnung bereits von Grenzbebauung, wenn keines der Häuser den gemäß Niedersächsischen Bauordung geforderten Mindestabstand einhält?

Gilt dann nicht auch §27 Abs. 1, Ziffer 5 (Soweit die Grenzen mit Gebäuden besetzt sind, besteht keine Einfriedungspflicht.), selbst wenn es uns inhaltlich kaum weiterbringt (gemeinsame Nutzung der Zufahrt)?

Viele Grüße

Antwort auf die Rückfrage vom Anwalt 8. Oktober 2021 | 12:58

Sehr geehrter Fragesteller,

es wäre wünschenswert, wenn Sie die Beurteilung mit 3,6 erst vorgenommen hätten, nachdem Sie mir Gelegenheit gegeben hätten, die Nachfrage überhaupt zu beantworten.

Jetzt also zu Ihren Nachfragen:

Redet man im Sinne der Niedersächsischen Bauordnung bereits von Grenzbebauung, wenn keines der Häuser den gemäß Niedersächsischen Bauordnung geforderten Mindestabstand einhält?

A.: Gemeinhin wird die Errichtung eines Bauwerks an der Grenze ohne Einhaltung einer gesetzlich festgelegten Abstandsfläche zur Grundstücksgrenze hin als Grenzbebauung bezeichnet. Ob (es gibt keinen Bb-Plan) wann und wieso es nun vor 16 Jahren und mehr (Denkmalschutz) zu einer beidseitigen Grenzbebauung gekommen ist, haben Sie nicht mitgeteilt.

Gilt dann nicht auch §27 Abs. 1, Ziffer 5 (Soweit die Grenzen mit Gebäuden besetzt sind, besteht keine Einfriedungspflicht.), selbst wenn es uns inhaltlich kaum weiterbringt (gemeinsame Nutzung der Zufahrt)?

A.: Insofern (s.o.) kann § 27 Absatz 1 Nr. 5 greifen. Ansonsten hatte ich auch auf § 27 Abs. 1 Nr. 6 hingewiesen, was ebenfalls für "den Teil Ihres Ortes" noch zu klären wäre.

Darüber hinaus würde durch die jetzt geforderte Einfriedung in der Grenzbebauung der bisher bestehende Zufahrtsweg für Brandschutz- und Rettungswege verlegt, was als Argument stets Vorrang hat. Und schließlich halte ich die Forderung nach Einfriedung - wie bereits ausgeführt - im geschilderten Sachzusammenhang für rechtsmissbräuchlich (§ 242 BGB) und womöglich sogar verwirkt.

Ich hoffe, ich konnte Ihre Nachfrage zufriedenstellend beantworten und verbleibe
mit freundlichen Grüßen
Burgmer
- Rechtsanwalt

Ergänzung vom Anwalt 24. September 2021 | 17:34

Korrektur:

Dies vorangestellt kann aus der Ferne ohne Orts- und Aktenkenntnis summarisch festgestellt werden, dass nach 16 Jahren der einvernehmlichen Nutzung des befestigten Raums zwischen den Häusern das Ansinnen des Nachbarn - quasi als Reaktion auf Ihre Wallbox unter Bezug auf § 242 BGB (nachbarschaftliche Rücksichtnahme; ggf. sogar Schikaneverbot) zumindest mit guten Chancen auf Anerkennung Ihrer Abwehrposition in einem in der Tat obligatorischen Streitschlichtungsverfahren (§ 1 Absatz 2 Nr. 2 b NSchlG) haben kann.

Bewertung des Fragestellers 13. Oktober 2021 | 16:26

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