Sehr geehrter Ratsuchender,
grundsätzlich hat der ehemalige Mieter keinen Anspruch auf Übersendung von Fotokopien der Abrechnungsbelege zur Nebenkostenabrechnung (BGH, Urteil vom 08.03.2006 - VIII ZR 78/05), sondern nur ein Einsichtsrecht der Belege in den Räumlichkeiten des Vermieter.
Führt jedoch der Verweis des Vermieters auf eine Einsichtnahme in die Belege zur Betriebskostenabrechnung im Ergebnis des jeweiligen Einzelfalls zu einer faktischen Vereitelung des Einsichtsrechts des vom Aufbewahrungsort der Belege wohnenden früheren Mieters, hat ihm der Vermieter unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben Belegkopien gegen Kostenerstattung zu übersenden (BGH, Beschluss vom 13.04.2010 - VIII ZR 80/09).
Wann dem Mieter die Belegeinsicht in den Räumlichkeiten des Vermieters nicht mehr zugemutet werden kann, wird in der Rechtsprechung unterschiedlich gesehen.
In dem Sachverhalt, den der BGH mit Beschluss vom 13.04.2010 entschieden hat, ist der Mieter nach Portugal verzogen. In einem anderen Fall ist der ehemalige Mieter über 400 km verzogen (LG Freiburg, Urteil vom 24.03.2011 − 3 S 348/10 - . Aber auch bei einer Entfernung von lediglich 16 km von der ehemaligen Wohnung hat das AG Dortmund (Urteil vom 03.02.2015 - 423 C 8722/14) bereits eine Unzumutbarkeit festgestellt, dagegen das AG Halle (Urteil vom 20.02.2014 – 93 C 2240/13) eine Zumutbarkeit bei einer Entfernung von bis zu 30 km Luftlinie sieht. Das AG Höxter hat mit Urteil vom 13.10.2021 - 10 C 154/21- entschieden, dass die Belegeinsicht i für den Mieter unzumutbar ist, wenn sie an einem Ort stattfinden soll, der 65 km von seinem Wohnort entfernt ist.
Eine pauschale Betrachtung allein mit der Begründung einer Entfernung verbietet sich allerdings, da es stets um den konkreten Zeit- und Kostenaufwand des Mieters im Einzelfall geht, wobei auch Umstände eine Rolle spielen können, wie, dass der Einsichtsort nur mit eigenem Fahrzeug gut erreichbar ist und der Mieter keines besitzt oder in seiner Mobilität eingeschränkt ist.
Insgesamt gesehen kommt es auf den jeweiligen Richter an, der den Fall abzuurteilen hat. Ich halte jedenfalls eine Belegeinsicht bei Ihrem Vermieter aufgrund der Entfernung für nicht zumutbar, würde mich aber an Ihrer Stelle auf das Angebot Ihres Vermieters, sich auf halber Strecke zu treffen, einlassen, da die Rechtsprechung eben nicht einheitlich ist und sehr unterschiedlich geurteilt wird.
Mit freundlichem Gruß
Rechtsanwalt
Peter Dratwa
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