Sehr geehrter Fragesteller,
vielen Dank für Ihre Anfrage, die ich gern wie folgt beantworten möchte:
Sie beschreiben da einen Grenzfall. Grundsätzlich gilt für Sie in Nordrhein-Westfalen § 9 Abs. 1 LImschG (Landesimmissionsschutzgesetzes). Danach sind von 22:00 bis 6:00 Uhr Betätigungen verboten, welche die Nachtruhe zu stören geeignet sind. Dazu gehören nicht nur Maschinenlärm oder laute Musik, sondern grundsätzlich auch Gespräche oder sonstige durch Menschen (oder Tiere) verursachte Geräusche.
Da Sie hier ganz offenbar durch die nachbarlichen Gespräche nach 22:00 Uhr gestört werden, handelt es sich also auf jeden Fall – um Ihre Frage im Wortsinne zu beantworten – tatsächlich um eine Ruhestörung. Dabei kommt es auch nicht darauf an, ob Sie eventuell besonders geräuschempfindlich sind oder Ihre Fenster nur mangelhaft isoliert sind.
Ich gehe aber davon aus, dass Sie nicht einfach nur bestätigt haben möchten, dass eine Ruhestörung vorliegt. Sie möchten wissen, ob Sie rechtliche Mittel in der Hand haben, gegen diese Störung vorzugehen. Das hängt auch davon ab, ob die belästigenden Geräusche zu verhindern und/oder sozialadäquat sind.
Einleuchtendes Beispiel wäre hier Babygeschrei. Das stört die Nachtruhe ungemein, ist aber grundsätzlich hinzunehmen. Weiteres Beispiel sind Unterhaltungen oder auch der Betrieb von Fernsehgeräten bei Zimmerlautstärke. Was aber unter „Zimmerlautstärke" zu verstehen ist, sehen die Gerichte unterschiedlich – zwischen 30 und 40 dB wäre wohl eine adäquate Lautstärke. Allerdings besagt das Wort bereits, dass es sich um Geräusche handelt, die aus einem geschlossenen Raum nach außen dringen. Insoweit müsste für Gespräche und Geräusche auf der Terrasse eine deutlich niedrigere Lautstärke – also nur eine gedämpfte Unterhaltung – nach 22:00 Uhr sozialadäquat sein.
Andererseits macht die zitierte Vorschrift des LImschG in § 9 Abs. 2 Nummer 2 selbst eine Ausnahme von der Nachtruhe – und zwar für die Außengastronomie zwischen 22 und 24 Uhr. Das könnte man zumindest als Argument dafür heranziehen, dass auch bei privaten geselligen Zusammenkünften ein gewisser Geräuschpegel allein durch Gespräche an warmen Tagen als sozialadäquat anzusehen ist. Im Umkehrschluss lässt sich dann allerdings auch die Folgerung schließen, dass nach 24 Uhr endgültig „Feierabend" sein muss – egal ob in der Gastronomie oder privat.
Wie bei allen nachbarschaftlichen Konflikten rate ich Ihnen, zunächst einmal das direkte Gespräch mit den Nachbarn zu suchen und auf das Problem hinzuweisen. Gegebenenfalls lässt sich bereits durch eine andere Positionierung der Sitzgelegenheiten beim Nachbarn die Sprechrichtung verändern und die Belastung senken. Ansonsten müssten Sie den Nachbarn schriftlich auffordern, sein störendes Verhalten zu unterlassen. Macht er das nicht, bzw. will er auch keine entsprechende Unterlassungserklärung unterzeichnen, müssten Sie diesen Anspruch gerichtlich durchsetzen. Hierzu sollten Sie im Vorwege die Belästigungen mit einem Protokoll, Zeugen und gegebenenfalls anderen Beweismitteln (beispielsweise Tonaufnahmen) beweisbar machen.
Ein gerichtliches Vorgehen nach erfolgloser Aufforderung zur Unterlassung würde ich allerdings erst dann empfehlen, wenn die störenden Unterhaltungen bis nach 24 Uhr andauern.
Ich hoffe, dass Sie durch meine Antwort einen ersten Überblick gewonnen haben. Sollten Sie noch eine Ergänzungs- oder Verständnisfrage haben, können Sie diese über die kostenlose Nachfragefunktion stellen
Freundliche Grüße
6. Juli 2019
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10:13
Antwort
vonRechtsanwalt Jörn Blank
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