Nachlassaufstellung für Pflichtanteil

Question

Sehr geehrte Damen und Herren,    eines meiner Elternteile ist Ende letzten Jahres verstorben. Beide haben sich gegenseitig als alleinige Erben festgelegt. Als gemeinsamen Sohn haben sie mich als alleinigen Erben festgelegt, sollten beide gleichzeitig, kurz nacheinander versterben oder einer der beiden als längstlebender verbleiben und dann sterben.    Aus erster Ehe hat mein verstorbener Elternteil zwei weitere Kinder, die in einer Aktualisierung des Testaments als Ersatzerben ausgeschlossen wurden, sollte ich vor Eintritt des Erbfalls versterben und keine Abkömmlinge hinterlassen. Alle drei Kinder meines verstorbenen Elternteils sollten somit pflichtteilsberechtigt sein.    Wir gehen nun stark davon aus, dass meine Halbgeschwister ihren Pflichtanteil einfordern werden und wir eine Aufstellung des Nachlasses erstellen müssen. Und hierzu hätte ich eine Frage.    Meine Eltern haben einige Jahrzehnte in einer Zugewinngemeinschaft gelebt. Der verbleibende Elternteil besitzt ein Tagesgeldkonto, das auf seinen Namen zugelassen ist. Dort befindet sich ein Erbe, das von den eigenen Eltern &lpar;meinen Großeltern&rpar; stammt &lpar;die also nicht mit meinen Halbgeschwistern verwandt sind&rpar; und vor mehr als 20 Jahren erhalten wurde. Der andere Teil ist ein gemeinschaftliches Vermögen, dass sich meine Eltern zusammen erspart haben. Auf dieses Konto wurde seit Jahren nichts mehr eingezahlt. Des weiteren besitzen beide ein gemeinschaftliches Girokonto, das auf beide Namen zugelassen ist und auf das bis zuletzt regelmäßig eingezahlt wurde. Vor zwei Jahren hat der verbleibende Elternteil von diesem Girokonto Geld auf einem Festgeldkonto angelegt, das ebenfalls auf seinen Namen läuft und nicht mehr über den des verstorbenen Elternteils.    Wenn wir nun dazu aufgefordert werden eine Nachlassaufstellung zu erstellen, fallen das Tagesgeldkonto und Festgeldkonto des verbleibenden Elternteils ebenfalls in den Nachlass und falls ja, zu welchem Anteil wird dieses Vermögen dann für die Pflichtteilberechnung herangezogen?     Ausserdem würde ich gerne wissen ob es stimmt, dass wenn ich auf meinen Pflichtteil verzichte, dieser Anteil auf meinen verbleibenden Elternteil zurückgeht und nicht an die beiden Halbgeschwister?    Vielen Dank für Ihre Hilfe!    Mit freundlichen Grüßen

Rechtsanwalt Cedric Hohnstock · Accepted Answer

Antwort vom Rechtsanwalt: Sehr geehrte&lpar;r&rpar; Fragesteller&lpar;in&rpar;,      ich bedanke mich für Ihre erbrechtliche Anfrage, die mir vor wenigen Minuten zugewiesen wurde. Diese möchte ich nun gerne anhand der von Ihnen gemachten Sachverhaltsangaben beantworten.    Zunächst möchte ich Ihnen mein Mitgefühl für Ihren Verlust ausdrücken. Der Tod eines Familienmitglieds ist nicht nur eine schmerzliche Erfahrung, sondern auch mit rechtlichen Fragen verbunden. Es ist daher mein Anliegen, Ihnen in dieser schwierigen Zeit mit rechtlichen Rat zur Seite zu stehen.      Pflichtteilsberechtigung der Halbgeschwister    Ihre Halbgeschwister sind, wie Sie richtig vermuten, pflichtteilsberechtigt &lpar;&#167; 2303 Absatz 1 Satz 2 BGB&rpar;, was bedeutet, dass sie einen Teil des Nachlasses beanspruchen können, auch wenn sie im Testament nicht als Erben berücksichtigt worden sind. Der Pflichtteilsanspruch der Halbgeschwister beläuft sich auf die Hälfte des gesetzlichen Erbteils &lpar;&#167; 2303 Absatz 1 BGB&rpar;. Es ist von grundlegender Bedeutung, den Nachlass korrekt und vollständig aufzustellen, um die Pflichtteilsansprüche der Halbgeschwister ordnungsgemäß zu ermitteln. Tatsächlich haben Ihre Halbgeschwister sogar einen durchsetzbaren Anspruch auf Erstellung eines Nachlassverzeichnisses.      Nachlassaufstellung und Vermögenszuordnung    In Bezug auf das Tagesgeldkonto und Festgeldkonto, sowie das gemeinschaftliche Girokonto Ihrer Eltern, sind mehrere Aspekte zu berücksichtigen:    Tagesgeldkonto:    Das Tagesgeldkonto sollte hier nicht in den Nachlass fallen.     Wenn ein Elternteil ein Vermögen durch Erbschaft von seinen eigenen Eltern, also Ihren Großeltern, erhält, dann gilt dieses Vermögen grundsätzlich als sogenanntes Erbteil des besagten Elternteils. Rechtlich gesehen handelt es sich hierbei gemäß &#167; 1931 BGB um das Sondervermögen dieses Elternteils, welches nicht automatisch in das gemeinsame Vermögen der Ehepartner übergeht.    Alleiniges Vermögen durch Erbschaft: Das Tagesgeldkonto mit dem Erbe von den Eltern des verbleibenden Elternteils wäre grundsätzlich als dessen alleiniges Vermögen zu betrachten. Dies liegt daran, dass Erbschaften gemäß &#167; 1931 BGB im Erbfall direkt dem Erben zugerechnet werden und nicht dem gemeinsamen Vermögen der Ehepartner zugerechnet werden, sofern keine anderslautenden Vereinbarungen getroffen wurden.    Bedingungen für gemeinsame Nutzung: Das gesamte auf dem Tagesgeldkonto vorhandene Vermögen bliebe demnach ausschließlich im Eigentum des verbleibenden Elternteils, solange keine weiteren Einzahlungen anderer Gelder erfolgten oder keine anderslautende Vermögensverschiebung stattgefunden haben, die das Erbe als gemeinsames Vermögen deklariert hätte.    Auswirkung auf den Nachlass: Aufgrund dieser rechtlichen Grundlagen fallen die Mittel auf dem Tagesgeldkonto, welches ausschließlich aus der Erbschaft der Eltern des verbliebenen Elternteils besteht, nicht in den Nachlass des bereits verstorbenen Elternteils. Sie sind vom Nachlass getrennt zu betrachten und somit auch nicht für die Pflichtteilsberechnung heranzuziehen.    Beispiel zur Verdeutlichung: Man nehme an, der verbleibende Elternteil &lpar;Ihr noch lebender Elternteil&rpar; hat durch Erbschaft von seinen Eltern &lpar;Ihren Großeltern&rpar; eine Summe von 50,000 Euro erhalten, die in ein Tagesgeldkonto eingezahlt wurde. Solange diese 50,000 Euro dort unverändert verblieben und keine weiteren Einlagen oder Entnahmen, die das gemeinsam erwirtschaftete Vermögen betreffen, stattgefunden haben, bleibt dieses Geld ausschließlich im Eigentum des verbleibenden Elternteils.    Festgeldkonto:    Hier geht es um ein Festgeldkonto, das der noch lebende Elternteil eröffnet hat, indem er Geld vom gemeinschaftlichen Girokonto abhob. Auf dieses Festgeldkonto wurde in den letzten Jahren nichts weiter eingezahlt. Nun steht die Frage im Raum, ob dieses Geld als Teil des Nachlasses betrachtet wird und somit für die Berechnung des Pflichtteils herangezogen werden muss. Entscheidend hierbei ist die Frage, ob das abgehobene Geld als Zugewinnanteil des verbliebenen Ehegatten zu werten ist. Prinzipiell unterliegt ein Zugewinnausgleich &lpar;&#167; 1371 Absatz 1 BGB&rpar;, was bedeutet, dass die Hälfte des Zugewinns, der während der Ehe erzielt wurde, zum Nachlass gehörig berechnet wird.    Gemeinschaftliches Girokonto: Gelder, die auf ein gemeinschaftliches Girokonto eingezahlt wurden, gehören in der Regel beiden Eheleuten zu gleichen Teilen, falls keine anderweitige Vereinbarung existiert &lpar;&#167; 430 BGB&rpar;. Guthaben auf einem gemeinsamen Konto wird für gewöhnlich hälftig beiden Ehegatten zugerechnet. Hierbei käme folglich nur die Hälfte des Guthabens in die Berechnung des Nachlasses, sofern keine anderweitigen Vereinbarungen bestehen.    Übertragung auf Festgeldkonto: Wenn der verbleibende Elternteil von diesem gemeinschaftlichen Girokonto Geld abgehoben hat, um ein eigenes Festgeldkonto zu eröffnen, ändert dies nichts an der ursprünglichen Herkunft des Geldes. Dieses Geld bleibt als gemeinsames Vermögen beider Ehegatten gekennzeichnet, weil es ursprünglich vom gemeinsamen Girokonto stammt.    Zugewinngemeinschaft und Zugewinnausgleich: In einer Zugewinngemeinschaft bleibt das Vermögen beider Ehegatten grundsätzlich getrennt. Sollte einer der Ehepartner versterben, findet gemäß &#167; 1371 Absatz 1 BGB ein Zugewinnausgleich statt. Das bedeutet, der während der Ehe erzielte Zugewinn wird ermittelt und zur Hälfte ausgeglichen.    Zugewinn bei Todesfall: Der Zugewinn ist der Betrag, um den das Endvermögen eines Ehegatten sein Anfangsvermögen übersteigt &lpar;&#167; 1373 BGB&rpar;. Beim Tod eines Ehepartners wird der Zugewinn des verstorbenen Ehepartners zur Berechnung des Nachlasses hinzugezogen. Die Hälfte des Zugewinns, den beide Ehepartner während der Ehe erzielt haben, zählt somit zum Nachlass.    Anwendung auf Ihren Sachverhalt: Wenn Gelder vom gemeinschaftlichen Girokonto auf ein Festgeldkonto übertragen wurden, bleibt die Herkunft des Geldes entscheidend. Da das Festgeldkonto aus Mitteln des gemeinschaftlichen Girokontos eröffnet wurde, wird der Betrag als gemeinsames Vermögen betrachtet. Die Hälfte des gemeinsamen Vermögens, das auf dem Festgeldkonto liegt, zählt zum Nachlass des verstorbenen Elternteils, weil dies den Zugewinn betrifft, der während der Ehe erzielt wurde.    Beispiel zur Verdeutlichung: Nehmen wir an, 20.000 Euro wurden von einem gemeinschaftlichen Girokonto auf das Festgeldkonto des verbleibenden Elternteils überwiesen. Da dieses Geld ursprünglich beiden Ehegatten gehört, zählt die Hälfte davon &lpar;also 10.000 Euro&rpar; zum Nachlass des verstorbenen Elternteils. Diese 10.000 Euro werden dann bei der Berechnung des Pflichtteils berücksichtigt.      Berechnung des Pflichtteils    Der Pflichtteil wird auf Grundlage des Reinnachlasses berechnet. Sie müssen also ermitteln, wie hoch der Reinnachlass ist.    Die Berechnung des Reinnachlasses erfolgt durch Abzug aller Nachlassverbindlichkeiten von den Aktiva &lpar;unter &#8222;Aktiva" versteht man dabei das gesamte Vermögen des Erblassers, welches zum Zeitpunkt des Todes vorhanden war&rpar;.    Der gesetzliche Erbteil eines Kindes beträgt gemäß &#167; 1924 BGB ein Viertel, sodass der Pflichtteil eines jeden pflichtteilsberechtigten Kindes ein Achtel des Nachlasswerts beträgt.      Verzicht auf den Pflichtteil    Sollten Sie sich entscheiden, auf Ihren Pflichtteil zu verzichten, ist dies durch eine notariell beurkundete Erklärung möglich &lpar;&#167; 2346 Absatz 1 BGB&rpar;. Der verzichtete Pflichtteil fällt nicht automatisch an die anderen Pflichtteilsberechtigten, sondern verbleibt im Nachlass und erhöht somit das Erbvermögen, das dem verbliebenen Elternteil zusteht. Dies bedeutet konkret, dass Ihr Verzicht das Erbe des verbliebenen Elternteils vergrößert und somit nicht "direkt" die Pflichtteilsansprüche der Halbgeschwister tangieren würde - Ihre Halbgeschwister würden in Ihrer dargestellten Konstellation jedoch "indirekt" mehr erhalten; denn der Nachlass hat sich durch Ihren Verzicht erhöht und somit erhält jede/r Pflichtteilsberechtigte einen prozentualen Anteil von einer größeren Summe. Deshalb sollte eine solche Entscheidung gut überlegt sein, da diese endgültig und unwiderruflich ist.      Ich hoffe, dass meine Ausführungen etwas Klarheit in Ihre Situation bringen. Sollten Sie im weiteren Verlauf anwaltliche Unterstützung bei der Erstellung oder Prüfung des Nachlassverzeichnisses benötigen, bin ich weiterhin für Sie da - sprechen Sie mich hierfür einfach an.      Mit freundlichen Grüßen    Cedric Hohnstock  Rechtsanwalt

Nachlassaufstellung für Pflichtanteil

Erbrecht

Rechtsanwalt Cedric Hohnstock

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