Sehr geehrte(r) Ratsuchende(r),
haben Sie vielen Dank für Ihre Rechtsfrage.
In der Tat hat der andere Miteigentümer aufgrund seines dinglichen Rechts an der Immobilie grundsätzlich das geltend gemachte Recht zum Besitz. Sie müssten darlegen, dass er dieses aus einem Rechtsgrunde nicht hat. Ein solcher Rechtsgrund könnte darin liegen, dass Sie beim Kauf eine mündliche Absprache dahingehend getroffen haben, dass Sie das alleinige Nutzungsrecht an den hiesigen Teilen der Immobilie haben. An einen solchen schuldrechtlichen Vertrag, der beispielsweise als schuldrechtlich eingeräumtes Wohnrecht angesehen werden könnte, ist Ihr Miteigentümer gebunden. Dafür, dass ein rechtlich bindender Vertrag vorliegt, spricht meiner Einschätzung nach die Tatsache, dass Sie entsprechend der Nutzung des Großteils der Immobilie auch das Gros an Kosten verbindlich laufend zahlen. Wenn es sich bei der Absprache indes um keinen rechtlich bindenden Vertrag, sondern vielmehr um ein Gefälligkeitsverhältnis oder eine ähnliche Abmachung ohne rechtliche Bindungswirkung gehandelt hat, so werden Sie sich hierauf indes nicht erfolgreich berufen können.
Wenn ersichtlich ist, dass der Miteigentümer keinerlei Interesse an der Ausübung seines Besitzrechtes hat, sondern dessen Geltendmachung vielmehr zu dem Zwecke verfolgt, Sie zu schikanieren, so können Sie sich möglicherweise auf die Vorschrift des § 226 BGB berufen. Diese sieht Folgendes vor:
"Die Ausübung eines Rechts ist unzulässig, wenn sie nur den Zweck haben kann, einem anderen Schaden zuzufügen."
Ob dieser Einwand gelingt, ist Tatfrage und hängt von diversen Umständen des Einzelfalles ab. Es handelt sich bei der geschilderten Sachlage um keine klassische Fallkonstellation, in der § 226 BGB greift. Wenn indes kein anderer Einwand gegen das Besitzrecht greift, könnte man versuchen, diese Vorschrift - jedenfalls teilweise - als letzten "Notanker" heranzuziehen, um zumindest den Kernbereich Ihrer häuslichen Lebensführung vor dem Eindringen durch den anderen Miteigentümer zu schützen.
Ich hoffe, ich konnte Ihnen damit behilflich sein.
Mit freundlichen Grüßen
- Rechtsanwalt -
Vielen Dank für die schnelle und ausführliche Antwort!
Sehr gern.