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Mietausfall/ Schadensersatz n. fristl. Kündigung/ Darlegungspflicht Schadensminderung

6. April 2006 16:45 |
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Mietrecht, Wohnungseigentum


Beantwortet von


11:02

Ein Vermieter macht Schadensersatz für einen 3-monatigen Mietausfall nach fristloser Kündigung des Mietvertrages (Zahlungsverzug) geltend.

Die in der Klage vorgetragene Anspruchsbegründung besteht aus einem einzigen Satz: „Die Wohnung konnte bislang nicht vermietet werden.“

Sodann erfolgt noch der Hinweis auf die dreimonatige Kündigungsfrist des Mieters (klar: Begrenzung der Schadensersatzpflicht).

Anmerkung: Die Wohnung befindet sich in München mit einem seit Jahren allgemein bekannten "angespannten" Wohnungsmarkt.

----

Meines Erachtens verstößt dieser Klagantrag grob gegen die Darlegungslast des Klägers im Hinblick auf seine Bemühungen um Schadensminderung. Dem ersten Anschein nach, hätte die Wohnung sofort wieder vermietet werden können. Gegenteiliges ist nicht vorgetragen.

Nun zu meiner Frage:

Ist der obige Klagantrag wegen fehlender Schlüssigkeit (Anspruchsgrundlage nicht substantiiert) nicht von vornherein durch das (Amts-) Gericht abzuweisen?

Leider gibt es zu dieser Frage nur wenige Präjudizien und wenn, dann nur auf der Ebene der Landgerichte. Schön wäre ein OLG oder BGH Urteil, dass meine Rechtsansicht stützt. Oder ein Urteil eines Münchner Gerichts. Danke.

Meine kleine Sammlung:

„Ein Mietausfallschaden nach fristloser Kündigung […] wegen Zahlungsverzuges kann vom Vermieter nur geltend gemacht werden, wenn er seine Schadensminderungspflicht zur Weitervermietung nicht verletzt hat. Der Vermieter ist verpflichtet, dem Gericht die Erfüllung seiner Schadensminderungspflicht im Einzelnen darzulegen, der Mieter hingegen ist zum Mitverschulden des Vermieters darlegungs- und beweisverpflichtet.“
„Hierfür ist es erforderlich, dass der Vermieter im Rahmen des Schadensersatzprozesses im einzelnen darlegt, welche Weitervermietungsbemühungen er unternommen hat, wobei auch eine Rolle spielen kann, inwieweit der Wohnungsmarkt angespannt ist, was sodann dafür spricht, dass eine Weitervermietung ohne weiteres möglich gewesen wäre.“

::: Landgericht Köln, Urteil vom 27.1.1998, Aktenzeichen 12 S 283/97 .

::: auch LG Frankfurt, Urteil v. 01.08.2000, 2/11 S 71/2000 , ZMR 2000, S. 763 .

Dazu das Landgericht Berlin in MM 00, 47 [Leitsatz]:
„Zwar gilt nach allgemeiner Beweislastverteilung, daß der Schädiger ein Mitverschulden des Geschädigten zu beweisen hat. Soweit aber hinsichtlich der Schadensminderungspflicht dem Geschädigten eine aktive Verhaltungspflicht auferlegt ist, obliegt dem Geschädigten insoweit die volle Darlegungs- und Beweislast.“
„Das Gericht hält folgende Darlegungen des Vermieters für erforderlich: Wann ein Auftrag an einen Makler und/oder eine Immobilienfirma zur Weitervermietung erteilt wurde, wann aufgrund des Auftrages die Vermittlungsbemühungen tatsächlich begonnen wurden und unter welchen Bedingungen die Wohnung tatsächlich zur Vermietung angeboten wurde.“

Selbst wenn man einmal annimmt, die Klage stütze sich auf Mietausfall wegen nicht durchgeführter Schönheitsreparaturen, entfällt damit nicht die oben erläuterte Darlegungslast der Klägerin, sondern sie verschärft sich:
„Die Geltendmachung eines Mietausfallschadens wegen nicht durchgeführter Schönheitsreparaturen für die Zeit nach der Räumung setzt voraus, dass konkrete Vermietungsbemühungen dargelegt werden, die nur wegen des Vertragsverstoßes des Mieters erfolglos blieben“.
LG Berlin, Urteil vom 23.04.2001 – 62 S 500/00 -, in: GE 2001, 926, ebenso OLG Düsseldorf, Urteil v. 05.09.2002, 10 U 150/01 , ZMR 2003, S. 105 ; OLG Bamberg, Urteil v. 17.04.2002, 8 U 112/01 , ZMR 2002, S. 738

6. April 2006 | 17:07

Antwort

von


(448)
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Sehr geehrter Fragesteller,

herzlichen Dank für Ihre Frage.

Die Klage ist soweit nicht unschlüssig, da der Kläger lediglich alle anspruchsbegründenden Tatsachen vorbringen muß, um eine Schlüssigkeit zu erreichen. Dies hat er hier getan, indem er behauptet hat, ihm stehe ein Schadensersatzanspruch aufgrund der Kündigung zu, was mit hoher Wahrscheinlichkeit auch zutrifft, wenn eben nicht andere Umstände diesen Anspruch scmälern oder vernichten. Diese anderen Umstände gehören aber nicht mehr zur Schlüssigkeit einer Klage.

Nunmehr ist es Ihre Aufgabe, die vom Kläger vorgebrachten Ansprüche und Tatsachen anzuzweifeln und den Kläger zu zwingen nachzuweisen, dass die anspruchsbegündenden Tatsachen zum Beispiel durch ein Mitverschulden nicht geschmälert sind. Dazu müssen Sie zuerst ein solches Mitverschulden behaupten, für das dann der Vermieter einen Entlastungsbeweis führen muß - nämlich, dass er alles getan hat, um die Wohnung zu vermieten.

Solange Sie jedoch nicht vorbringen, dass sich der Vermieter nicht um eine Weitervermietung gekümmert hat, besteht für das Gericht auch keine Pflicht, die Klage abzuweisen.

Ich hoffe, Ihnen mit meiner Antwort geholfen zu haben und wünsche für das Gerichtsverfahren viel Erfolg.

Mit freunldichen Grüßen



Christian Joachim
-Rechtsanwalt-


Rechtsanwalt Christian Joachim

Rückfrage vom Fragesteller 6. April 2006 | 19:17

Sehr geehrter Herr Joachim,

so ganz kann ich Ihnen nicht folgen.

"Dies hat er hier getan, indem er behauptet hat, ihm stehe ein Schadensersatzanspruch aufgrund der Kündigung zu, was mit hoher Wahrscheinlichkeit auch zutrifft, wenn eben nicht andere Umstände diesen Anspruch scmälern oder vernichten."

Einen selbständigen Schadensersatzanspruch einen Vermieters aufgrund einer (fristlosen) Kündigung gibt es m.E. nicht.

Ein Schadensersatzanspruch setzt zunächst einmal einen Schaden voraus. Ein solcher Schaden KANN eintreten, falls es dem Vermieter nicht gelingt, die Wohnung sofort weiterzumieten. DANN kann er nach § 249 BGB Schadensersatz verlangen. Und zwar bis zu dem Zeitpunkt, an dem der Mieter das Mietverhältnis hätte ordentlich kündigen können.

In den von mir genannten Fundstellen haben einige Landgerichte die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass sich bemüht wurde, die Wohnung neu zu vermieten, dem Kläger auferlegt und zum NOTWENDIGEN Bestandteil der Anspruchsbegründung gemacht.

Das LG Berlin hat in diesem Zusammenhang einen Leitsatz entschieden: "obliegt dem Geschädigten insoweit die volle Darlegungs- und Beweislast"

Mit dieser Begründung wurde in Berlin ein Versäumnisurteil eines AG aufgehoben, da das AG nach Ansicht des Berufungsgerichts die Klage aufgrund der völlig fehlenden Darlegung von Wiedervermietungsversuchen die Klage hätte als unschlüssig abweisen müssen.

Es scheint also so zu sein, dass zumindest in einigen LG Bezirken die detaillierte Darlegung in der Klage, dass ein Vermieter ERFOLGLOS versucht hat, die Wohnung erneut zu vermieten, und ihm DESHALB Schadensersatzansprüche zugewachsen seien, ZWINGEND zur Anspruchsbegründung gehören und bei Fehlen dieser Darlegung, die Klage unschlüssig ist.

Diese Ansicht scheint sich auch mehr und mehr durchzusetzen, weil nach einer berechtigten, fristlosen Kündigung eines Mietverhältnisses durch den Vermieter dieser zwar ein grundsätzliches Recht auf Schadensersatz erwirbt, FALLS sich die Wohnung nicht weitervermieten läßt. Dieses muss aber bereits im Klagantrag substantiiert werden und - insbesondere bei angespannten Wohnungsmärkten, die eine sofortige Weitervermietungsmöglichkeit vermuten lassen - grundsätzlich auch die Bemühungen zur Weitervermietung und deren Scheitern DARLEGEN.

Vielleicht bewerten Sie meine Anfrage nach der (fehlenden) Schlüssigkeit der angeführten Klage noch einmal neu.

Viele Grüsse aus München.

Antwort auf die Rückfrage vom Anwalt 7. April 2006 | 11:02

Sehr geehrter Fragesteller,


sicherlich ist die Begründung der Gegenseite recht dünn,m.E. jedoch nicht unschlüssig.

Schlüssig ist eine Klage schon dann, wenn sie die Tatsachen enthält, die zur Ausfüllung der anspruchsbegründenden Voraussetzungen erforderlich sind. Dies ist hier der Anspruch, dessen Höhe und letztlich auch der Schaden, der sich aus der Klagforderung ergibt. Sie serechen ja auch von durch den Kläger benannten 3 Monaten.

Ein Schadensersatzanspruch des Vermieters könnte sich i.Ü. aus § 823 Abs. 1 BGB oder aufgrund Pflichtverletzung des Mieters nach § 280 Abs. 1 BGB ergeben.

Spätestens jetzt müßten Sie wenigstens "Nein" sagen (technisch gesprochen: den Tatsachenvortrag des Anspruchstellers bestreiten, vgl. § 138 Abs. 2 und 3 ZPO ), um das Beweisverfahren zu den anspruchsbegründenden Tatsachen zu erzwingen.

Zur Vortragslast einer Partei gehören alle die Behauptungen, die erforderlich sind, um einen drohenden Prozessverlust abzuwehren. Das sind letztlich nur die Tatsachen, die in die Beweislast der betreffenden Partei fallen.

Soweit die Parteien auch gehalten sind, negative Tatsachen zu offenbaren, spricht man nicht mehr von Vortragslasten, sondern von Vortragspflichten. Eine solche Verpflichtung kann sich insbesondere aus der Wahrheits- und Vollständigkeitspflicht nach § 138 Abs. 1 und 2 ZPO ergeben. Alleine dies könnte hier ein Indiz für eine Unschlüssigkeit sein. Hier kommt es dann auf die Eerung an, ob das Gericht einen solchen Vortrag fü nötig hält oder das Vorbringen hinsichtlich der Schlüssigkeit für ausreichend erachtet.

Sie müssen bei Ihrer Wertung zwischen Schlüssigkeit und Beweis(Darlegungs-)last immer unterscheiden. Beweisen muß der Kläger die anspruchsbegündenden Tatsachen erst, wenn Sie von Ihnen bestritten worden sind. Ansonsten kann er vieles behaupten und iede Behauptungen müssen - laienhaft geschrieben - nur nachvollziehbar sein und den Anspruch aufzeigen.

Gerne können Siemir die Entscheidung des LG Berlin per EMail zukommen lassen, ich werde diese dann in meine Antwort einbeziehen. Wichig für Sie ist vor allem zu behaupten, auch gerne unter der Rüge der Unschlüssigkeit dass eben ein Mitverschulden des Vermieters vorliegt und daher der Schadensersatzanspruch (der Höhe nach) bestritten wird.

Ich hoffe, nunmehr Ihnen weitere Hinweie gegeben zu haben, die für Sie nützlich sind und stehe Ihnen gerne weiterhin zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen



Christian Joachim
-Rechtsanwalt-

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