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Leichte Fahrlässigkeit bei deutlicher Lieferterminüberschreitung

28. Mai 2015 14:53 |
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Vertragsrecht


Beantwortet von


in unter 2 Stunden

Guten Tag,

ich habe einige Fragen zu einem PKW-Neukauf mit erheblicher Lieferterminüberschreitung.

Der Sachverhalt:
Ein Unternehmer schließt im Februar mit einem PKW-Händler einen Kaufvertrag über die Lieferung eines Neuwagens. Als voraussichtlicher Liefertermin wird der Monat Mai angegeben. Bestandteil des Kaufvertrages sind die ausdrücklich akzeptierten "Neuwagen-Verkaufsbedingungen" des Händlers. Mitte Mai fragt der Unternehmer beim Händler nach, wie es mit der Lieferung des Neuwagens aussieht, dieser antwortet per E-Mail, dass sich der Liefertermin voraussichtlich auf die KW 40 verschieben wird (=Ende September).

In den Neuwagen-Verkaufsbedingungen sind folgende Regelungen zur Lieferung und Lieferverzug enthalten:
a) Der Käufer kann sechs Wochen nach Überschreiten eines unverbindlichen Liefertermins oder einer unverbindlichen Lieferfrist den Verkäufer auffordern zu liefern. ... Mit Zugang der Aufforderung kommt der Verkäufer in Verzug.
b) Will der Käufer darüber hinaus vom Vertrag zurücktreten und/oder Schadensersatz statt der Leistung verlangen, muss er dem Verkäufer nach Ablauf der betreffenden Frist eine angemessene Nachfrist setzen.
c) ... Ist der Käufer eine juristische Person ... oder Unternehmer, sind Schadensersatzansprüche statt der Leistung bei leichter Fahrlässigkeit ausgeschlossen.
d) Höhere Gewalt oder beim Verkäufer oder dessen Lieferanten eintretende Betriebsstörungen, die den Verkäufer ohne eigenes Verschulden vorübergehend daran hindern, den Kaufgegenstand zum vereinbarten Termin oder innerhalb der vereinbarten Frist zu liefern, verändern die ... genannten Termine und Fristen um die Dauer der Leistungsstörung.

Nun meine Fragen:
1.) Ist eine Lieferterminverschiebung um mehr als das 1 1/2 fache der ürsprünglichen Lieferzeit noch als leichte Fahrlässigkeit zu werten oder ist bei einer solchen Überschreitung grobe Fahrlässigkeit zu unterstellen? (Meine Begründung: Sofern der Verkäufer nicht höhere Gewalt oder eine unverschuldete Betriebsstörung nachweisen kann, hätte der Verkäufer schon bei Vertragsabschluß die Lieferfristüberschreitung abschätzen können - in dem Fall wäre ein Kaufvertrag nie zustande gekommen).
2.) Kann der Unternehmer vom Verkäufer eine verbindliche Begründung der Lieferfristüberschreitung verlangen?
3.) Ist eine fehlerhaftes Zukaufteil eine Betriebsstörung oder rechtfertigt das eine Lieferverschiebung?
4.) Der Verkäufer nennt per E-Mail eine Verschiebung des Liefertermins auf voraussichtlich KW 40. Reicht das als Tatbestandsvoraussetzung für § 323 Abs. 4 BGB ?

Vielen Dank im Voraus für Ihre Antwort!

Herzliche Grüße

28. Mai 2015 | 15:55

Antwort

von


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Sehr geehrter Fragesteller,

Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegebenen Informationen verbindlich wie folgt beantworten:

zu 1.

Einfache Fahrlässigkeit ist gesetzlich definiert in § 276 Absatz 2 BGB : Fahrlässig handelt, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt.
Grobe Fahrlässigkeit wird dagegen in jenen Fällen angenommen, in denen die im Verkehr erforderliche Sorgfalt in sehr hohem Maße außer Acht gelassen worden ist.

Allein aus dem Umfang der Terminverschiebung kann daher nicht auf grobe oder einfache Fahrlässigkeit geschlossen werden. Entscheidend ist, ob für den Händler die Verzögerung vorhersehbar war. Hierfür entscheidend wäre wiederum der Grund der Verzögerung.

Allerdings ist die Unterscheidung auch nur relevant, wenn Sie Schadensersatzansprüche aufgrund der Verschiebung geltend machen wollen. Wollen Sie dagegen vom Kaufvertrag zurücktreten, erfordert dies im Gegensatz zum Schadensersatz regelmäßig kein Verschulden des Verkäufers.

Zu 2.

Nein, dazu sehe ich keine Veranlassung. Wenn Sie allerdings Schadensersatz geltend machen wollen (siehe unter 1.), müsste der Verkäufer sich entlasten und hierfür spätestens in einem Prozess die Gründe für die Verschiebung nennen. Momentan sehe ich allerdings zumindest nach Ihrer kurzen Schilderung noch keinen Anspruch auf Schadensersatz.

Zu 3.

Grundsätzlich nein. Es fällt in den Verantwortungsbereich des Verkäufers, fehlerfreie Ware zu besorgen und zuverlässige Lieferanten auszusuchen. Höhere Gewalt und Betriebsstörung wären z.B. unverschuldeter Brand oder Überschwemmung beim Lieferanten, Streik, Aussperrung.

Zu 4.

Nein. Es wurde kein verbindlicher Liefertermin vereinbart, sodass auch eine Terminverschiebung von vier Monaten kein zwingendes Indiz dafür ist, dass der Verkäufer nicht vertragsgemäß erfüllen wird. Bloße Zweifel an der Leistungsfähigkeit des Verkäufers rechtfertigen einen Rücktritt gemäß § 323 Absatz 4 BGB nicht.

Ohne verbindlichen Liefertermin werden Sie daher nicht umhinkommen, die 6-Wochen-Frist abzuwarten, dann zur Lieferung aufzufordern und gleichzeitig eine angemessene Nachfrist zu setzen, um die Voraussetzungen für eine Rücktritt herbeizuführen.


Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.

Mit freundlichen Grüßen


Rechtsanwalt Jan Wilking

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