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Kündigung zwecks Eigenbedarf zur gewerblichen Nutzung

| 26. August 2020 16:02 |
Preis: 35,00 € |

Mietrecht, Wohnungseigentum


Beantwortet von

Folgende Situation: ich wohne im Haus meiner Eltern und habe dort in der Einliegerwohnung das Büro meiner GmbH (Software-Entwicklung). Auf dem Nachbargrundstück baue ich aktuell mein Haus, in welches ich privat einziehe. Auf dem gleichen Grundstück, auf dem mein Haus entsteht, steht ein weiteres kleines Haus (80m² Wohnfläche), welches zur Zeit vermietet wird. Da ich das Büro in der Einliegerwohnung im Haus meiner Eltern aufgeben muss, möchte ich die GmbH im mein 80m² Haus umziehen. Darf ich Eigenbedarf anmelden und den Mietern kündigen?

Es gibt laut Internet ein Urteil, welches dies bekräftigt, jedoch muss wohl jeder Fall genau beleuchtet werden, sofern es den Mietern nicht gefällt und diese vor Gericht ziehen sollten.

Die steuerlichen Aspekte sind mir klar. Diese möchte ich hier auch nicht gesondert beleuchten.

26. August 2020 | 18:37

Antwort

von


(1615)
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Sehr geehrter Ratsuchender,

lassen Sie mich Ihre Frage,

"Darf ich Eigenbedarf anmelden und den Mietern kündigen?",

wie folgt beantworten.

Sie möchten den Mietvertrag kündigen, damit Ihre GmbH dort "einziehen" kann.

Die ordentliche Kündigung eines Wohnraummietverhältnisses ist nur bei Vorliegen eines berechtigten Interesses möglich, § 573 Abs. 1 S. 1 BGB .

Absatz 2 des § 573 BGB zählt drei Arten von berechtigten Interessen auf, darunter auch Eigenbedarf (Nr. 2).

Darauf können Sie sich aber nicht als Vermieter berufen, da zum einen nicht Sie als Eigentümer den (Wohn)Raum benötigen und zum anderen eine GmbH nicht "wohnen" kann.

Der Bundesgerichtshof hat aber einen sogenannten "Betriebsbedarf" anerkannt (BGH, Urt. v. 29.03. 2017 - VIII ZR 45/16 ), wobei eine Einzelfallprüfungn nicht entfallen kann.

1. und 2. Leitsatz:

"Die Beurteilung der Frage, ob ein berechtigtes Interesse [...] vorliegt, entzieht sich einer verallgemeinerungsfähigen Betrachtung [...]. Sie erfordert vielmehr eine umfassende Würdigung der Umstände des Einzelfalls [...]."

"Dies gilt auch für die Geltendmachung eines Berufs- oder Geschäftsbedarfs.
Es ist nicht zulässig, eine solche Fallgestaltung als ungeschriebene weitere Kategorie eines typischerweise anzuerkennenden Vermieterinteresses an der Beendigung eines Wohnraummietverhältnisses zu behandeln und von einer an den Einzelfallumständen ausgerichteten Abwägung der beiderseitigen Belange abzusehen."

6. Leitsatz:

"Auch wenn sich allgemein verbindliche Betrachtungen hinsichtlich der vorzunehmenden Einzelfallabwägung verbieten, ist zu beachten, dass die typisierten Regeltatbestände des § 573 Abs. 2 Nr. 2 und Nr. 3 BGB einen ersten Anhalt für die erforderliche Interessenbewertung und -abwägung geben. Das Interesse des Vermieters, die betreffende Wohnung zu (frei-)beruflichen oder
gewerblichen Zwecken selbst zu nutzen, ist von der Interessenlage her regelmäßig zwischen den typisierten Regeltatbeständen des Eigenbedarfs und der wirtschaftlichen Verwertung anzusiedeln. Auch insoweit verbietet sich zwar eine Festlegung allgemein verbindlicher Grundsätze. Es lassen sich jedoch anhand bestimmter Fallgruppen grobe Leitlinien bilden."

8. Leitsatz:

"Dagegen weisen Fälle, in denen der Vermieter oder sein Ehegatte/Lebenspartner die Wohnung ausschließlich zu geschäftlichen Zwecken nutzen möchte, eine größere Nähe zur Verwertungskündigung nach § 573 Abs. 2 Nr. 3 BGB auf. Angesichts des Umstands, dass der Mieter allein aus geschäftlich motivierten Gründen von seinem räumlichen Lebensmittelpunkt
verdrängt werden soll, muss der Fortbestand des Wohnraummietverhältnisses für den Vermieter einen Nachteil von einigem Gewicht darstellen, was etwa dann anzunehmen sein kann, wenn die geschäftliche Tätigkeit andernfalls nicht rentabel durchgeführt werden könnte oder die konkrete Lebensgestaltung die Nutzung der Mietwohnung erfordert (z.B. gesundheitliche Einschränkungen, Betreuung von Kindern oder pflegebedürftigen Personen."

Diese Entscheidung erfasst nicht Ihren Fall, sondern die Kündigung duch eine natürlichen Person für die eigene geschäftliche Tätigkeit oder die eines Familienangehörigen.

Das Urteil passt für Ihren Fall nicht.

Die Sachlagen wären nur vergleichbar, wenn Sie und nicht Ihre GmbH die Räume nutzen wollten.

> Im Streitfalle stehen Ihre Chancen, die Mieter herauszubekommen, sehr schlecht, da Ihnen das berechtigte Interesse an der Beendigung des Mietvertrages fehlt.


Sie müssten versuchen, einen Mietaufhebungsvertrag zu schließen und den Mietern den Auszug zu "vergolden".

Mit freundlichen Grüßen

Peter Eichhorn
Rechtsanwalt


Bewertung des Fragestellers 28. August 2020 | 09:14

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