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Inkassounternehmen fordert nach über 30 Jahren Begleichung durch die Witwe (2. Ehe!)

7. Juni 2012 03:05 |
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Inkasso, Mahnungen


Beantwortet von

Rechtsanwältin Dr. Corina Seiter

Meine Freundin, verheiratet 2005, verwitwet Februar 2009, hatte heute Morgen die Zahlungsaufforderung eines Inkassounternehmens in der Post. Die Höhe der Gesamtforderung beträgt 53.515 Euro und stammt offensichtlich aus einem Kredit, den ihr verstorbener Mann April 1978 zusammen mit seiner damaligen Ehefrau gesamtschuldnerisch genommen hatte und der nie bezahlt wurde. Der in Kopie beigefügte Vollstreckungsbescheid, datiert auf den 15.12.1979, zugestellt am 20.12.1979., ist mit einigen Stempeln von Gerichtsvollziehern bis Jan 1997 verziert.
Angefügt wurde weiter eine Vollmacht der AKB-Bank (2002 von der Samanted Consumer Bank übernommen)
Das Inkassounternehmen behauptet, meine Freundin währe zur Zahlung verpflichtet, da sie neben dem Aktivvermögen auch die Schulden (von denen sie bis heute Morgen gar nichts wusste!) geerbt habe.
Anzumerken wäre, dass sie auch kein Aktivvermögen geerbt hat. Ihr Mann hatte Zeit Lebens, im Gegensatz zu meiner Freundin, keine feste Arbeit und hat seine persönlichen Bedürfnisse durch eine kleine Rente bestritten. Das Geld für den gemeinsamen Lebensunterhalt hat meine Freundin verdient und die Ersparnisse sind zum größten Teil für die Beerdigung ausgegeben worden. Sie lebt heute, nach psychischem Zusammenbruch von ein paar Euro Witwenrente, aufgestockt durch HartzIV. Aber bis heute Morgen zeitlebens schuldenfrei.
Sollte bis zum 25.06.2012 keine Stellungnahme oder Rückzahlungsvorschlag eingegangen sein, wird mit Gericht und weiteren erheblichen Kosten nebst Ärger gedroht.
Es kann doch nicht angehen, dass meine Freundin das Geld plus Zinsen bezahlen soll, das die damalige Ehefrau ihres Mannes vor über 30 Jahren ausgegeben hat?

Sehr geehrter Fragender,

ich kann den "Schock" sehr gut verstehen, aber es gilt Folgendes:

Es existiert ein Titel (Vollstreckungsbescheid) gegenüber dem verstorbenen Ehemann. Titel können bis zu 30 Jahren vollstreckt werden.
Gem. §197 BGB (Abs. 1 Nr. 3) verjähren diese nämliche erst nach 30 Jahren!

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§ 197
Dreißigjährige Verjährungsfrist
(1) In 30 Jahren verjähren, soweit nicht ein anderes bestimmt ist,

1. Herausgabeansprüche aus Eigentum, anderen dinglichen Rechten, den §§ 2018, 2130 und 2362 sowie die Ansprüche, die der Geltendmachung der Herausgabeansprüche dienen,
2. (weggefallen),
3. rechtskräftig festgestellte Ansprüche,
4. Ansprüche aus vollstreckbaren Vergleichen oder vollstreckbaren Urkunden,
5. Ansprüche, die durch die im Insolvenzverfahren erfolgte Feststellung vollstreckbar geworden sind, und
6. Ansprüche auf Erstattung der Kosten der Zwangsvollstreckung.

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Im Prinzip wäre der Titel aus 1979 zwar verjährt, ABER es hat laut Ihren Angaben Vollstreckungen bis 1997 gegeben.

Somit begann die 30-jähige Verjährungsfrist bei jeder Vollstreckungshandlung neu zu laufen - siehe §212 BGB :

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(1) Die Verjährung beginnt erneut, wenn

1. der Schuldner dem Gläubiger gegenüber den Anspruch durch Abschlagszahlung, Zinszahlung, Sicherheitsleistung oder in anderer Weise anerkennt oder
2. eine gerichtliche oder behördliche Vollstreckungshandlung vorgenommen oder beantragt wird.

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Somit ist der Titel aufgrund der letzten Vollstreckung 1997 (also vor 25 Jahren) nicht verjährt.

Der Titel lautete auf den Namen des Mannes und dessen Ehefrau als Gesamtschuldner.
Der Gläubiger ist jedoch berechtigt, sich bei Gesamtschuldnern an einen der beider Parteien zu halten (§421 BGB ).

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§ 421
Gesamtschuldner
Schulden mehrere eine Leistung in der Weise, dass jeder die ganze Leistung zu bewirken verpflichtet, der Gläubiger aber die Leistung nur einmal zu fordern berechtigt ist (Gesamtschuldner), so kann der Gläubiger die Leistung nach seinem Belieben von jedem der Schuldner ganz oder zu einem Teil fordern. Bis zur Bewirkung der ganzen Leistung bleiben sämtliche Schuldner verpflichtet.

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Der Zahlende kann sich jedoch im Innenverhältnis die Zahlungen von mehr als der Hälfte von der anderen Partei (hier die Ehefrau, deren Erben) wiederholen.

Ihre Freundin hat tatsächlich alles geerbt (§1922 BGB 1) Mit dem Tode einer Person (Erbfall) geht deren Vermögen (Erbschaft) als Ganzes auf eine oder mehrere andere Personen (Erben) über.)

D.h. eben neben einem eventuellen Aktivvermögen auch die Schulden, sofern sie eben nicht die Erbschaft ausgeschlagen hat.

Das ist auch bei Unkenntnis der Schulden der Fall!

Daher besteht grundsätzlich die Pflicht zur Zahlung.

Beachten SIe jedoch Folgendes:
1. die Zinsen aus dem Titel verjähren nach 3 (!) Jahren, sodass die Gläubiger diese nicht fordern können
2. kann der Gläubiger nur gegen Ihre Freundin vollstrecken, wenn diese überhaupt leistungsfähig ist. Hier hat sie einen Selbstbedarf. Ggf. muss sie dann jedoch jedoch die eidesstattliche Versicherung abgeben.
3. Wenn bei der Ehefrau/deren Erben nichts zu holen ist, besteht der Titel eben gesamt fort.

ABER: Ihre Freundin kann einen Antrag auf Nachlassinsolvenz stellen, wenn die Schulden nunmehr das eerbte übersteigen.

Dies mus unverzüglich nach Kenntnis dieser Situation beim Insolvenzgericht gestellt werden.

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