Sehr geehrter Fragesteller,
Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegebenen Informationen verbindlich wie folgt beantworten:
Nach Ihrer Schilderung liegt ein klassischer Fall der Tierhalterhaftung vor. Nach französischem Recht – ähnlich wie in Deutschland – haftet der Hundehalter verschuldensunabhängig für Schäden, die durch sein Tier verursacht werden (Art. 1243 Code civil). Dass die Hundehalterin den Hund angeleint hatte, entlastet sie nicht, da allein die Tatsache, dass der Hund gebissen und Verletzungen verursacht hat, ihre Haftung auslöst. Eine Tierhalterhaftpflichtversicherung ist zwar in Frankreich oft über die Wohngebäudeversicherung („assurance habitation") mitversichert, entscheidend ist aber, ob der Versicherungsvertrag zum Zeitpunkt des Vorfalls bereits bestanden hat. Da Ihnen ein Dokument vorliegt, das erst nach dem 4.9.2025 abgeschlossen wurde, spricht vieles dafür, dass für den Vorfall am 19.8.2025 kein Versicherungsschutz besteht. Die Hundehalterin haftet dann persönlich.
Für Sie bedeutet das: Es ist sinnvoll, den Vorfall bei der zuständigen Gendarmerie anzuzeigen, damit er offiziell dokumentiert wird und die Halterin gegebenenfalls auch strafrechtlich zur Verantwortung gezogen werden kann. Die Kosten für eine Taxifahrt von ca. 100 € stehen in keinem Verhältnis zur Bedeutung einer sauberen Beweissicherung und sollten – gerade im Hinblick auf mögliche Ansprüche – in Kauf genommen werden. Ohne eine solche Anzeige kann sich die Halterin später darauf berufen, dass der Vorfall nicht ausreichend belegt sei.
Was die Höhe der Ansprüche betrifft, können Sie zunächst die Kosten der medizinischen Versorgung, Fahrtkosten, etwaige Folgekosten (z. B. weitere Arztbesuche, Medikamente, psychologische Betreuung, wenn Ihr Enkel durch den Biss nachhaltig verängstigt ist) sowie ein Schmerzensgeld geltend machen. In Frankreich ist das Schmerzensgeld („préjudice moral" bzw. „préjudice corporel") zwar in der Regel geringer als in Deutschland, gleichwohl können auch bei oberflächlichen Bisswunden einige hundert Euro zugesprochen werden, abhängig vom Heilungsverlauf und eventuellen Narben.
Ein französischer Anwalt wäre grundsätzlich empfehlenswert, da Ansprüche gegenüber der Halterin in Frankreich geltend zu machen sind und notfalls vor einem französischen Gericht durchgesetzt werden müssen. Ob sich das wirtschaftlich lohnt, hängt letztlich vom Schadensumfang ab: Geht es lediglich um kleinere Wunden ohne weitere Folgen, dürfte der Streitwert überschaubar sein und die Anwaltskosten den Ertrag schnell übersteigen. Sollte Ihr Enkel jedoch längerfristige gesundheitliche Beeinträchtigungen haben oder ein höherer Schmerzensgeldanspruch in Betracht kommen, wäre anwaltliche Unterstützung sinnvoll.
Gegen die Halterin selbst sollten Sie zunächst außergerichtlich schriftlich Ansprüche geltend machen, unter Fristsetzung zur Zahlung und mit dem Hinweis, dass Sie ansonsten Anzeige erstatten und gerichtliche Schritte einleiten. Zeigt sie sich weiter unkooperativ, bleibt nur der Weg über Gendarmerie und ggf. Anwalt.
Zusammenfassend: Anzeige bei der Gendarmerie erstatten, ärztliche Unterlagen und das Protokoll des Sicherheitsdienstes aufbewahren, die Halterin schriftlich in Anspruch nehmen und von ihr Ersatz für sämtliche Kosten sowie Schmerzensgeld verlangen. Ob Sie einen französischen Anwalt beauftragen, hängt davon ab, wie schwer die Verletzungen tatsächlich sind und ob es über die bloße Bagatelle hinausgeht.
Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.
Mit freundlichen Grüßen
El-Zaatari
Rechtsanwalt
Antwort
vonRechtsanwalt Mohamed El-Zaatari
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Rechtsanwalt Mohamed El-Zaatari
sehr geehrter herr MOHAMED EL-ZAATARI,
erstmal vielen dank für die prompte und verständliche einschätzung des vorfalls!
ich hatte es mir auch so in etwa vorgestellt.
sie haben recht, es macht im himblick auf die relativ obere bisswunde (nicht operativ) keinen sinn, einen anwalt einzuschalten, zumal auch hier in der "pampas" (waldgebiet am atlantik weit ab vom nächsten krankenhaus und ärzten) eine ärztliche versorgung zu aufwendig gewesen wäre
ohne pkw etc.
es stellt sich daher die frage: wie gegen die hundehalterin aussergerichtlich vorgehen? dazu müsste ich ja schon informationen haben hinsichtlich möglicher schadensersatzansprüche.
gibt es wie in deutschland solche spezlellen tabellen, gerade bei hundebissen an kindern?
ausserdem wie kann ich sie unter druck setzen mit dem "falschen haftpflicht-dokument".
das ist doch schon happig! ausserdem kann man aktuell noch nicht die spätfolgen (traumata, angst vor hunden etc.) einschätzen. also doch anzeige erstatten oder den ball flachhalten?
sorry, aber ohne jegliche rechtskenntnisse in diesem besonderem fall kann man leicht alles falsch machen.
besten dank vorab!
In Frankreich haften Hundehalter nach Art. 1243 Code civil verschuldensunabhängig für die Schäden, die ihr Tier verursacht. Für Sie bedeutet das, dass allein der Umstand, dass Ihr Enkel gebissen wurde, ausreicht, um die Halterin in Anspruch zu nehmen – unabhängig davon, dass der Hund an der Leine war. Spezielle Schmerzensgeldtabellen wie in Deutschland gibt es in Frankreich nicht, allerdings orientieren sich die Gerichte an Richtwerten („barèmes indicatifs"). Bei Hundebissen an Kindern liegen die zugesprochenen Beträge je nach Schwere der Verletzungen und möglichen Folgeschäden meist zwischen einigen hundert Euro und Beträgen im unteren vierstelligen Bereich, insbesondere dann, wenn Narben oder psychische Folgen wie Angst vor Hunden zurückbleiben.
Außergerichtlich sollten Sie zunächst den Vorfall und die Folgen genau dokumentieren. Dazu gehören das Protokoll des Sicherheitsdienstes, die von Ihnen gefertigte Zeugenaussage, Fotos der Wunden sowie der Impfpass des Hundes. Es ist außerdem ratsam, etwaige Reaktionen Ihres Enkels – beispielsweise Schlafstörungen oder Angst – schriftlich festzuhalten, da dies die Anspruchshöhe beeinflussen kann. Gegenüber der Hundehalterin können Sie klarstellen, dass das von ihr übersandte Versicherungsdokument wertlos ist, da es erst nach dem Vorfall abgeschlossen wurde. Dies zeigt ihr, dass Sie den Versuch einer Täuschung erkannt haben und sie persönlich haftet.
Sinnvoll ist es, der Hundehalterin ein eingeschriebenes Schreiben mit Rückschein zukommen zu lassen. In diesem Brief schildern Sie den Vorfall, benennen die Verletzungen und Behandlung, verweisen auf die vorhandenen Beweismittel, weisen das nachträgliche Versicherungsdokument zurück und machen konkrete Ansprüche geltend. Dazu zählen die Erstattung von Behandlungskosten und Fahrtkosten sowie ein Schmerzensgeld in angemessener Höhe, vorbehaltlich weiterer Forderungen, falls Spätfolgen eintreten sollten. Parallel dazu ist die Erstattung einer Anzeige bei der Gendarmerie empfehlenswert. Auch wenn die Verletzungen nicht schwerwiegend waren, sorgt die Anzeige dafür, dass der Vorfall offiziell dokumentiert wird und erhöht den Druck auf die Halterin erheblich.
Wenn Sie die Sache möglichst unkompliziert regeln wollen, können Sie zunächst das Einschreiben abwarten und schauen, ob die Hundehalterin zahlt oder zumindest in Verhandlungen eintritt. Sollte sie nicht reagieren oder versuchen, die Angelegenheit weiter herunterzuspielen, wäre die Anzeige bei der Gendarmerie der nächste Schritt. Damit bringen Sie die Angelegenheit auf eine amtliche Ebene, was Ihnen die notwendige Verhandlungsposition verschafft und spätere Durchsetzung erleichtert. Insgesamt empfiehlt es sich also, zunächst außergerichtlich vorzugehen, Ihre Forderungen schriftlich geltend zu machen und notfalls durch die Anzeige den Druck auf die Halterin zu erhöhen.
Mit freundlichen Grüßen
El-Zaatari
Rechtsanwalt