Willkommen beim Original und Testsieger.
Online seit 2004, mit über 140.000 Fragen & Antworten. 
00.000
Bewertungen
0,0/5,0
Günstige Rechtsberatung für alle.
Anwalt? Mitmachen

Hartz IV bei Pflegegrad 3 des Sohnes

| 29. September 2019 21:39 |
Preis: 55€ Historischer Preis
Hier finden Sie einen
Aktuellen Kostenvorschlag
|

Sozialrecht


Beantwortet von

Rechtsanwalt Marko Schroth

Zusammenfassung

Habe ich einen Anspruch auf Arbeitslosengeld II, wenn ich meinen Sohn mit Pflegegrad 3 pflege?

Nein, die Betreuung Ihres Sohnes allein begründet noch keinen Anspruch. Allerdings kann die Betreuung dazu führen, dass Sie aufgrund der zeitlichen Beanspruchung durch die Pflege möglicherweise nicht oder nur eingeschränkt erwerbsfähig sind. Eine Arbeit ist dem Leistungsberechtigte dann nicht zumutbar, wenn dies mit der Pflege eines Angehörigen nicht vereinbar ist und die Pflege nicht in anderer Weise sichergestellt werden kann.

Guten Tag,
Ich beziehe Hartz IV, bin alleinerziehend, habe 2 Kinder. Seit Juli 2019 hat mein Sohn Pfleggrad 3, laut aktuellem medizinischen Gutachten angegebene Pflegetage pro Woche 7, angegebene Pflegestunden pro Woche 50.
Muss ich an einer Eingliederungsmaßnahme, die mir ab 9.10.2019 zugewiesen wurde, teilnehmen?
Bin ich mit der angebenen Pflegezeit pro Woche arbeitsfähig oder aus dem Hartz IV-Bezug raus?
Wenn ich arbeitsfähig bin, wieviele Stunden pro Woche müsste ich an der Maßnahme teilnehmen?
Vielen Dank für die Beantwortung.
Claudia Ulrich

Einsatz editiert am 30.09.2019 18:37:40

Sehr geehrte Fragestellerin,

Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage Ihres geschilderten Sachverhalts im Rahmen einer Erstberatung verbindlich wie folgt beantworten:

1. Frage: Muss ich an einer Eingliederungsmaßname teilnehmen?

Antwort: An Eingliederungsmaßnahmen müssen Sie nur teilnehmen, soweit Sie Leistungsempfänger nach dem SGB sind und Ihnen die Maßnahmen zumutbar sind.

Das ist dann der Fall, wenn die Maßnahme mit Ihrer Pflegetätigkeit Ihres Sohnes im derzeitigen Grad und Umfang (Pflegegrad 3, 50 Stunden/Woche) gem. § 10 I Nr. 4 SGB II vereinbar ist und die Pflege
nicht auf andere Weise sichergestellt werden kann.

Bei Pflegegrad 3 wird zunächst davon ausgegangen, dass in Abhängigkeit von der erforderlichen Präsenz der Pflegeperson eine Arbeitszeit bis maximal 6 Stunden zumutbar ist.

Da gemäß Ihren Schilderungen durch med. Gutachten bereits ein zeitlicher Pflegeumfang auf 7 Pflegtage und 50 Pflegstunden pro Woche festgestellt wurde, dürfte dies die oben genannte zumutbare Arbeitszeit drastisch reduzieren, denn bei 50 Pflegestunden pro Woche ergibt sich rein rechnerisch ein Pflegeaufwand von 7,14 Stunden pro Tag.

Diese Einschränkungen gelten jedoch nur, falls die Pflege Ihres Sohnes nicht auf andere Weise sichergestelllt werden kann (vgl. § 10 I Nr. 4 SGB II).
Dies wäre etwa der Fall, wenn die Pflege durch einen Pflegedienst oder andere Angehörige erfolgen kann, wobei Ihre tatsächlichen und finanziellen Verhältnisse zu berücksichtigen sind.

Diese Ausführungen gelten entsprechend auch für die Teilnahme an Eingliederungsmaßnahmen.
D.h. die konkrete Maßnahme muss mit der Pflege vereinbar und Ihnen zumutbar sein. Ob dies hier der Fall ist, kann ich nicht abschließend beurteilen, da mir die konkreten Eingliederungsmaßnahmen nicht bekannt sind.
Soweit die Maßnahmen jedoch nicht in besonderem Maße Rücksicht auf ihre zeitlich hier äußerst intensive Pflegetätigkeit nehmen, d.h. zeitlich z.B. schlicht unvereinbar sind und anderweitige Pflege Ihres Sohnes nicht sichergestellt werden kann, dürfte für Sie m.E. keine gesetzliche Teilnahmepflicht an den Maßnahmen bestehen.

2. Frage 2: Bin ich mit 50 Pflegestunden und 7 Pflegetagen arbeitsfähig oder aus dem ALG II Bezug raus?

Antwort: Aufgrund des hier vorliegenden zeitlichen Pflegevolumens dürfte das Vorliegen Ihrer Erwersfähigkeit (Arbeitsfähigkeit) zweifelhaft sein.

Nach § 8 I SGB II ist erwerbsfähig, wer in der Lage ist, unter den allgemeinen Bedingungen des Arbeitsmarkts mindestens 3 Stunden täglich erwerbstätig zu ein.
Hieran habe ich bereits aufgrund des festgestellten zeitlichen Pflegeumfangs (s.o.) erhebliche Bedenken. Bei einem täglichen Pflegeaufwand, (der nicht von Dritten gewährleistet werden kann, s.o.) von durchschnittlich 7,14 Stunden dürften kaum 3 weitere Stunden zur Erwerbstätigkeit zur Verfügung stehen. Zumal ich davon ausgehe, dass Sie die Pflege "rund um die Uhr" betreiben, also auch Nachtarbeit nicht in Frage kommt.

3. Frage: Wenn ich arbeitsfähig bin, wieviele Stunden pro Woche müsste ich an der Maßnahme teilnehmen?

Antwort: Dies lässt sich leider nicht pauschal sagen, da dies von der konkreten Eingliederungsmaßnahme sowie der Frage ob und ggf. in welchem zeitlichen Umfang die Maßnahme überhaupt noch mit Ihrer Pflegetätigkeit vereinbar ist, abhängt.

Mein Rat zum weiteren Vorgehen
Soweit noch nicht geschehen, sollten Sie in jedem Fall noch vor Beginn der ab 09.10.2019 geplanten Maßnahme dringend das Gespräch mit Ihrem Sachbearbeiter beim Jobcenter suchen und die Problematik der Vereinbarkeit von Maßnahmen mit Ihrer Pflegetätigkeit sowie generell die Frage der Erwersfähigkeit besprechen.

Sollte dies wider Erwarten keine Lösung für Sie bringen, z.B. weil das Jobcenter auf Ihre Teilnahme an Maßnahmen besteht, die Ihre Pflegetätigkeit gefährden, ohne dass Ersatzmöglichkeiten bestehen bzw. Ihnen nicht zumutbar sind (s.o.), so rate ich, das weitere Vorgehen mit einem im Sozialrecht fachkundigen Rechtsanwalt in Ihrer Nähe abzustimmen.


Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie gern die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.

Mit freundlichen Grüßen

Marko Schroth
Rechtsanwalt

Bewertung des Fragestellers 1. Oktober 2019 | 17:07

Hat Ihnen der Anwalt weitergeholfen?

Wie verständlich war der Anwalt?

Wie ausführlich war die Arbeit?

Wie freundlich war der Anwalt?

Empfehlen Sie diesen Anwalt weiter?

"

Vielen Dank,
Perfekte Antwort. Die 7,14 Stunden pro Tag sind eine wichtige Information.

Ansonsten habe ich Gespräch beim Sachbearbeiter zur Stundenzahl der Maßnahme erledigt (4 Std pro Tag soll ich zur Maßnahme).
Um einen Termin zum Thema Verfügbarkeit zur Arbeitsvermittlung gebeten (anderer Sachbearbeiter), da wird die Information, bereits 7,14 Std pro Tag zu leisten, Gold wert sein.
Widerspruch gegen den Bescheid mit der Zuweisung zur Maßnahme eingerecht (Begründung Unvereinbarkeit mit Pflege)
Und werde ab 9.10. erstmal 4 Std zur Maßnahme erscheinen, bis der Widerspruch bearbeitet ist oder meine Verfügbarkeit zur Arbeitsvermittlung geklärt.

"