Sehr geehrter Fragestellerin, sehr geehrter Fragsteller,
Ihre Frage will ich unter Zugrundelegung Ihres Sachverhaltes wie folgt beantworten, wobei dies unter Berücksichtigung Ihres Einsatzes lediglich einen ersten rechtlichen Überblick bieten kann:
Zur Bedarfsgemeinschaft gehören nach §§ 7 Abs. 3
und 9 Absatz 2 SGB II der Arbeitsuchende (=erwerbsfähige Hilfebedürftige) selbst und der Partner des Arbeitssuchenden. Bei Ihnen ist ein solcher Partner nicht vorhanden. Weiterhin zählen zur Bedarfsgemeinschaft alle unverheirateten Kinder unter 25, soweit sie nicht selbst genug Geld haben oder verdienen.
Im August 2006 wurde die Altersgrenze, bis zu der Eltern für ihre Kinder aufkommen müssen, wenn sie noch im Haushalt leben, auf 25 Jahre erhöht. Davor lag Sie bei 18 Jahren.
Verfügt ein erwachsenes Mitglied der Gemeinschaft über Einkommen oder Vermögen, muss es für die anderen einstehen. Ausgenommen von dieser Regel ist das Vermögen von Kindern. Es wird in der Regel nur berücksichtigt, um den Bedarf des Kindes zu ermitteln, aber nicht vom Bedarf der Eltern abgezogen.
Personen, die in einem eigenen Haushalt leben, bilden ab dem 15. Lebensjahr immer eine eigene Bedarfsgemeinschaft. Nach Ihrem Sachverhalt gehe ich aber davon aus, dass die Tochter noch in ihrem Haushalt lebt.
Der Gesetzestext des § 7 SGB II
lautet wie folgt:
(3) Zur Bedarfsgemeinschaft gehören
...
4.
die dem Haushalt angehörenden unverheirateten Kinder der in den Nummern 1 bis 3 genannten Personen, wenn sie das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, soweit sie die Leistungen zur Sicherung ihres Lebensunterhalts nicht aus eigenem Einkommen oder Vermögen beschaffen können.
Ein Kind unter 25 Jahren fällt daher aus der Bedarfsgemeinschaft heraus, wenn es selber „genug“ Geld verdient!
Es stellt sich, die Frage, wann genug eigens Einkommen zur Verfügung steht. Bei einem Einkommen von 970,00 EUR netto dürfte unstreitig KEINE Bedürftigkeit mehr vorliegen, so dass nach dem Gesetzestext eine der geforderten Voraussetzungen nicht vorliegt, nämlich die sog. Bedürftigkeit.
In der Folge führt dies dazu, dass die Tochter NICHT mehr zur Bedarfsgemeinschaft zählt, sondern allenfalls eine Haushaltsgemeinschaft vorliegt.
Wenn Verwandte gemeinsam in einer Wohnung leben und gemeinsam aus einem Topf wirtschaften, ohne dass sie eine Bedarfsgemeinschaft bilden, dann leben sie in einer Haushaltsgemeinschaft.
Bei Haushaltsgemeinschaften wird laut Gesetz auch vermutet, dass die übrigen Haushaltsmitglieder den Arbeitslosen unterstützen (§ 9 Abs. 5 SGB II
).
Hier kommt es auch darauf an, ob "aus einem Topf" gewirtschaftet wird.
Die Vermutung des Gesetzes lässt sich widerlegen, etwa durch eine eidesstattliche Versicherung der Tochter, wobei ich darauf hinweisen möchte, dass die Abgabe einer falschen eidesstattlichen Versicherung strafbar ist.
Bedeutsam ist der vorliegende Sachverhalt auch, was die Unterkunftskosten angeht, denn diese werden nur noch anteilig für verleibende Bedarfsgemeinschaft bezahlt, bei Ihnen etwa 2/3.
Insoweit ist nach dem von Ihnen geschilderten Sachverhalt davon auszugehen, dass KEINE Bedarfsgemeinschaft mehr vorliegt.
Für Nachfragen stehe ich Ihnen natürlich zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
RA Alexander J. Boos
Danke für die Auskunft. Hätte aber noch eine Frage und zwar ist denn die Rechnung für meine Tochter richtig, weil sie ja jetzt nicht mehr zur Bedarfsgemeinschaft zählt: Doppelter Regelsatz, plus anteilige Miete * 1,5 oder gilt das erst für Kinder über 25 Jahren?
Sehr geehrte Fragestellerin, sehr geehrter Fragesteller,
Die Freibeträge, auf die Ihre Frage abzielt, wurden vor Kurzem herabgesenkt. Nur noch der doppelte Regelsatz ist geschützt, zuzüglich anteilige Miete von bis 250 EUR. So ergibt sich ein neuer Freibetrag von ca. 940 EUR.
Allerdings habe ich bereits darauf hingewiesen, dass die Tochter NICHT zur Bedarfsgemeinschaft gehört.
§ 1 ALG II-Verordnung:
(2) Bei der § 9 Abs. 5
des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch zugrunde liegenden Vermutung, dass Verwandte und Verschwägerte an mit ihnen in Haushaltsgemeinschaft lebende Hilfebedürftige Leistungen erbringen, sind die um die Absetzbeträge nach § 11 Abs. 2
des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch bereinigten Einnahmen in der Regel nicht als Einkommen zu berücksichtigen, soweit sie einen Freibetrag in Höhe des doppelten Satzes der nach § 20 Abs. 2
des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch maßgebenden Regelleistung zuzüglich der anteiligen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung sowie darüber hinausgehend 50 Prozent der diesen Freibetrag übersteigenden bereinigten Einnahmen nicht überschreiten. 2§ 11 Abs. 1
und 3 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch gilt entsprechend.
Insoweit dürfte nach dem Gesetzestext Ihre Formel korrekt sein.