Sehr geehrter Fragesteller,
zu Ihrer Anfrage nehme ich wie folgt Stellung:
1.
Auslegung der Ausnahme in § 21a Abs. 1 Nr. 5 StVO
Die Frage, ob sich der Halbsatz "während der Dienstleistungen, die ein Verlassen des Sitzplatzes erfordern" nur auf das Begleitpersonal von besonders betreuungsbedürftigen Personengruppen oder auch auf das Betriebspersonal in Kraftomnibussen bezieht, ist entscheidend für die Auslegung der Gurtpflicht.
Grammatikalische Auslegung: Der Halbsatz "während der Dienstleistungen, die ein Verlassen des Sitzplatzes erfordern" folgt unmittelbar auf die Erwähnung des Begleitpersonals. Dies legt nahe, dass sich die zeitliche Einschränkung primär auf das Begleitpersonal bezieht.
Systematische Auslegung: Die systematische Betrachtung der Norm könnte darauf hindeuten, dass das Betriebspersonal in Kraftomnibussen generell von der Gurtpflicht ausgenommen ist, während das Begleitpersonal nur unter bestimmten Bedingungen (Verlassen des Sitzplatzes) von der Gurtpflicht befreit ist.
Teleologische Auslegung: Der Zweck der Regelung könnte darin bestehen, die Sicherheit zu gewährleisten, während gleichzeitig die notwendige Bewegungsfreiheit für das Begleitpersonal bei der Betreuung von Fahrgästen ermöglicht wird. Dies könnte dafür sprechen, dass die Einschränkung nur für das Begleitpersonal gilt.
2.
Einordnung des Fahrers als Betriebspersonal (Argumente für die Einordnung des Fahrers als Betriebspersonal)
Fehlende Definition in der StVO: Die StVO enthält keine spezifische Definition des Begriffs "Betriebspersonal". Dies lässt Raum für eine weite Auslegung, die den Fahrer einschließt.
Verwendung in der BOKraft: In der BOKraft wird der Begriff "Betriebspersonal" verwendet und umfasst das im Fahrdienst eingesetzte Personal, was den Fahrer einschließt.
Die Unterscheidung zwischen Fahr- und Betriebspersonal in § 4 Abs. 2 Nr. 2 BOKraft könnte auf eine organisatorische Trennung hinweisen, ändert jedoch nichts an der Zugehörigkeit des Fahrers zum Betriebspersonal im Kontext der Gurtpflicht.
Literaturmeinung: Die von Ihnen zitierte Literatur (Horst Krämer) unterstützt die Auffassung, dass der Fahrer zum Betriebspersonal gehört.
3.
Juristische Einschätzung
Unter Berücksichtigung der systematischen und teleologischen Auslegung sowie der Verwendung des Begriffs in der BOKraft ist es vertretbar, den Fahrer als Teil des Betriebspersonals zu betrachten. Somit wäre der Fahrer gemäß § 21a Abs. 1 Nr. 5 StVO von der Gurtpflicht ausgenommen.
4.
Fazit
Ihre Auffassung, dass das Betriebspersonal in Kraftomnibussen generell von der Gurtpflicht ausgenommen ist und der Fahrer zum Betriebspersonal gehört, ist juristisch vertretbar.
Die grammatikalische und systematische Auslegung der Norm sowie die unterstützende Literaturmeinung stützen diese Sichtweise.
Mit freundlichen Grüßen
Gerhard Raab
Rechtsanwalt
Antwort
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