Sehr geehrte Fragestellerin,
zunächst möchte ich darauf hinweisen, dass dieses Forum lediglich die Funktion hat, Ihnen einen ersten Überblick über die Rechtslage zu geben. Eine persönliche Beratung/Vertretung kann und soll hierdurch nicht ersetzt werden. Hinzufügen oder Weglassen wesentlicher Tatsachen kann zu einer anderen Beurteilung des Falles führen. Unter Berücksichtigung Ihrer Sachverhaltsangaben und des von Ihnen gebotenen Einsatzes beantworte ich Ihre Fragen wie folgt:
Eine endgültige Aussage kann ich im vorliegenden Fall leider nicht treffen, da ich nicht den gesamten Vertrag kenne.
1. Ihre Frage, ob der der Bauträger die Vereinbarung einfach wieder platzen lassen kann, hängt von der Bindungswirkung dieser Vereinbarung ab. Grundsätzlich ist ein Vertrag unwiderruflich, wenn er ersteinmal geschlossen worden ist, da es ja primäre Funktion eines Vertrags ist, Rechtssicherheit herzustellen. Nun gelten bei Verträgen über Grundstücke Besonderheiten. Gem. § 311 b I BGB
bedürfen Verträge, die zum Gegenstand haben, dass sich der eine Teil verpflichtet, das Eigentum an einem Grundstück zu übertragen oder zu erwerben, der notariellen Beurkundung. Diese Formvorschrift bezieht sich nicht nur lediglich auf Grundstückskaufverträge sondern auch auf Verträge, die vom Eintritt einer Bedingung abhängig sind, oder auf Vorverträge (so die allgemeine Meinung und ständige Rspr.: OLG Celle NJW 77, 52
; BGH 57, 394
; BGH 82, 398
; BGH 97, 147
).
Selbst bei Vereinbarung eines Optionsrechts ist die Formvorschrift des § 311 b BGB
zu beachten (BGH LM § 433 Nr. 16). Ein Optionsrecht ist das Recht, einen zunächst schwebend unwirksamen Vertrag durch einseitige Erklärung zustande zu bringen. Es unterscheidet sich vom Vorvertrag dadurch, dass es keinen schuldrechtlichen Anspruch auf Abschluss des Hauptvertrags sondern ein Gestaltungsrecht begründet.
Nicht formbedürftig sind reine Willensbedingungen, da diese keine Bindung bewirken (Palandt/Grüneberg, § 311 b Rn. 11).
Auf Ihren Fall bezogen bedeutet das Vorgenannte, dass lediglich eine reine Willensbedingung eine Bindungswirkung entfallen ließe, mit der Folge, dass der Bauträger den Vertrag einfach platzen lassen könnte.
Ich gehe jedoch davon aus, dass es sich bei vorliegendem Vertrag vielmehr um ein Optionsrecht, einen Vorvertrag oder einen bedingten Vertrag handelt. Eine nähere Differenzierung kann dahingestellt bleiben, da für alle 3 Formen die Vorschrift des § 311 b I BGB
gilt. Das bedeutet, dass hier eine Bindungswirkung vorliegt, der Bauträger also den Vertrag nicht platzen lassen kann, wenn die Formvorschrift eingehalten und der Vertrag notariell beurkundet worden ist. Sollte es an diesem Erfordernis fehlen, ist der Vertrag schwebend unwirksam. Eine Wirksamkeit tritt dann erst rückwirkend mit Eintragung des Käufers als Eigentümer ins Grundbuch ein.
2. Ob der Bauträger berechtigt ist, den Bauantrag zurückzunehmen, ist Auslegungsfrage des gesamten Vertrages. Sollte es diesem nicht zu entnehmen sein, sollte davon auszugehen sein, dass er hierzu nicht ermächtigt ist, da sonst der Bedingungseintritt allein in seiner Hand liegen würde und damit insgesamt kein bindender Vertrag vorliegen würde.
Im Ergebnis hängt es also davon ab, ob Sie den vorliegenden Vertrag notariell haben beurkunden lassen.
Ich hoffe, Ihnen einen ersten Überblick über die Rechtslage gegeben zu haben.
Mit freundlichen Grüßen,
Lars Liedtke
Rechtsanwalt
Antwort
vonRechtsanwalt Lars Liedtke
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Sehr geehrter Rechtsanwalt Liedtke,
das Angebot auf den Abschluss eines Grundstückskaufvertrages ist notariell beurkundet. Wir sind dort die Anbietenden. Das Angebot ist vier Monate unwiderruflich und danach schriftlich zu kündigen. Dann erschlischt es mit dem Ablauf von 2 Monaten.
Empfehlen Sie mir an unserem Vertrag festzuhalten, da der Bauträger mit Genehmigung des Bauantrags zum Kauf verpflichtet ist oder kann er sich doch wieder herauswinden? Und wenn wir nachgeben, sollte dann das Angebot nicht zumindest vom Bauträger notariell angenommen werden, damit die Sache abgeschlossen ist?
Vielen Dank!
Sehr geehrte Fragestellerin,
vielen Dank für die weitergehenden Informationen. Aufgrund der stattgefundenen notariellen Beurkundung und sogar eines explizit geregelten Kündigungsrechts gehe ich nunmehr davon aus, dass der Vertrag rechtlich bindend ist und keine weiteren Beendigungsmöglichkeiten außer diesem Kündigungsrecht gibt. Daher sollten Sie weiterhin versuchen, den Bauträger daran festzuhalten, solange und soweit dies in Ihrem Interesse ist. Ich möchte jedoch noch einmal darauf hinweisen, dass ich den Fall nicht abschließend bewerten kann, da ich den vollständigen Vertrag nicht kenne. Möchten Sie ganz sicher gehen, müssten Sie den Vertrag einem Rechtsanwalt zur umfassenden Prüfung vorlegen.
Mit freundlichen Grüßen,
Lars Liedtke
Rechtsanwalt