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Grunderwerbssteuer, Schenkungssteuer unter Lebenden

8. März 2025 11:51 |
Preis: 63,00 € |

Steuerrecht


Beantwortet von


16:11

Sehr geehrte Anwälte,

ich bitte um Aufklärung zu folgender Fragestellung, da ich hierzu leider detailliert nichts finden konnte.

Im Kern geht es um eine Schenkung (oder besser: Einbringung einer Immobilie) einer natürlichen Person A an einen sog. Familienverein / Stiftungsverein [Verein, dessen Zweck wesentlich im Interesse einer Familie oder bestimmter Familien auf die Bindung von Vermögen gerichtet ist (Familienverein, § 1 Absatz 1 Nummer 4 ErbStG], der Verein ist eingetragen, also e.V. - also juristische Person.

Es stellt sich für mich nunmehr die Frage nach dem Anfall der Grunderwerbssteuer. Denn: § 3 Nr. 2 S. 1 GrEStG, wonach Grundstücksschenkungen i. S. des ErbStG von der Besteuerung ausgenommen sind (... Grundstücksschenkungen unter Lebenden im Sinne des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes).

Die Schenkungen i. S. d. Erbschaftsteuergesetzes ergeben sich aus dem dortigen § 7. Was als Schenkung anzusehen ist, bestimmt § 7 ErbStG, der hierzu einen abschließenden Katalog enthält.
(1) Als Schenkungen unter Lebenden gelten
1. jede freigebige Zuwendung unter Lebenden
(...)
8. der Übergang von Vermögen auf Grund eines Stiftungsgeschäfts unter Lebenden. Dem steht gleich die Bildung oder Ausstattung einer Vermögensmasse ausländischen Rechts, deren Zweck auf die Bindung von Vermögen gerichtet ist;
usw.

Hier wäre für mich nicht ganz klar, was als Schenkung unter Lebenden zu verstehen ist: also wer hier Zuwender und Bedachter sein kann: ausschließlich natürliche Personen oder auch juritische?

Zudem wäre sodann die Frage (für mich), ob der Spezialfall eines Familienvereins auch unter ggf. analog unter die Anwendung der voran genannten Nr. 8 fallen könnte. Denn der Gesetzgeber hat an mehreren stellen diesen speziellen sog. Familienverein einer Stiftung gleichgestellt oder zumindest in Teilen (bspw. §§ 1 Abs. 1 Nr. 4; § 2 Abs. 1, Nr. 2 ErbStG).

Erbschaftsteuer-Richtlinien 2019 (ErbStR) ErbStR R E 1.2 (Zu § 1 ErbStG)

R E 1.2 Familienstiftungen und Familienvereine

(2) 1Eine Familienstiftung im Sinne des § 1 Absatz 1 Nummer 4 ErbStG ist stets gegeben, wenn nach ihrer Satzung der Stifter, seine Angehörigen und deren Abkömmlinge zu mehr als der Hälfte bezugs- oder anfallsberechtigt (Destinatäre) sind (§ 15 Absatz 2 AStG). 2Eine Familienstiftung im Sinne des § 1 Absatz 1 Nummer 4 ErbStG ist auch dann gegeben, wenn die genannten Destinatäre zu mehr als einem Viertel bezugs- oder anfallsberechtigt sind und zusätzliche Merkmale ein „wesentliches Familieninteresse" belegen. 3Dies kann insbesondere dann gegeben sein, wenn die Familie wesentlichen Einfluss auf die Geschäftsführung der Stiftung hat. 4Bereits die Bezugsberechtigung der in den Satzungen bezeichneten Familienangehörigen prägt das Wesen als Familienstiftung, auch wenn Ausschüttungen bisher nicht vorgenommen worden sind. 5In welchem Umfang die Stiftung ihre Erträge thesauriert, ist für die Bezugsberechtigung der Destinatäre ohne Bedeutung.

(3) 1Unter den wesentlichen Familieninteressen sind Vermögensinteressen im weitesten Sinne zu verstehen. 2Dazu gehören nicht nur Bezugs- und Anfallsrechte, sondern alle Vermögensvorteile, die die begünstigten Familien und ihre Mitglieder aus dem Stiftungsvermögen ziehen. 3Die Stiftung dient diesen Vermögensinteressen dann wesentlich, wenn nach der Satzung oder dem Stiftungsgeschäft deren Wesen darin besteht, es den Familien zu ermöglichen, das Stiftungsvermögen, soweit es einer Nutzung zu privaten Zwecken zugänglich ist, zu nutzen oder die Stiftungserträge an sich zu ziehen. 4Darunter fallen insbesondere auch die unentgeltliche oder verbilligte Nutzung des Stiftungsvermögens, wie

die Nutzung der stiftungseigenen Immobilien zu Wohnzwecken,

der Einsatz des Personals der Stiftung für Arbeiten im Rahmen des eigenen Hausstandes oder

bei einer Stiftung mit Kunstbesitz der Vorteil, von diesem Kunstbesitz umgeben zu sein.

5Derartige Nutzungs- und Zugriffsmöglichkeiten können sich allein aus der Natur des Stiftungszwecks oder aber in Verbindung mit dem Einfluss der Familien auf die Geschäftsführung ergeben. 6Inwieweit davon tatsächlich Gebrauch gemacht wird, ist nicht entscheidend.

(6) Die Ausführungen in Absatz 2 bis 4 zu Stiftungen gelten für Vereine, deren Zweck wesentlich im Interesse einer Familie oder bestimmter Familien auf die Bindung von Vermögen gerichtet ist (Familienverein, § 1 Absatz 1 Nummer 4 ErbStG), entsprechend.



Da Abs. 6 die Regelungen in den Abs. 3 bis 4 zu Stiftungen auch für Familienvereine zur Anwendung bringt und explizit dortig auch auf Stiftungsgeschäft und Satzung Bezug genommen wird und der Gesetzgeber ja gerade in bestimmte Konstellationen von der Grunderwerbssteuer ausgenommen hat (§ 3 Nr. 2 S. 1 GrEStG, wonach Grundstücksschenkungen i. S. des ErbStG von der Besteuerung ausgenommen sind), stellt sich für mich also die Frage, ob dies hier auch für den Familienverein gilt, der wie voran ausgeführt legaldefiniert ist und einer Familienstiftung weitgehend gleichgesetzt wird.

Kurzum: würde hier die Grunderwerbssteuer bei einer Übertragung des Familienheims an den Familienverein (der als Stiftung fungiert) anfallen oder ist der Befreiungstatbestand § 3 Nr. 2 S. 1 GrEStG erfüllt?

Haben Sie vielen Dank für Ihre Antwort!




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Die Übertragung einer Immobilie von einer natürlichen Person auf einen eingetragenen Familienverein (e.V.), dessen Zweck im Interesse einer Familie auf die Bindung von Vermögen gerichtet ist, wirft Fragen zur Grunderwerbsteuerpflicht auf. Gemäß § 3 Nr. 2 Satz 1 des Grunderwerbsteuergesetzes sind Grundstücksschenkungen unter Lebenden im Sinne des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes von der Grunderwerbsteuer befreit. Eine Schenkung unter Lebenden umfasst laut § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG jede freigebige Zuwendung unter Lebenden. Dabei ist es unerheblich, ob der Empfänger eine natürliche oder juristische Person ist.

Ein Familienverein, dessen Zweck wesentlich im Interesse einer Familie auf die Bindung von Vermögen gerichtet ist, wird gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG einer Familienstiftung gleichgestellt. Daher kann die unentgeltliche Übertragung einer Immobilie auf einen solchen Familienverein als Schenkung unter Lebenden im Sinne des ErbStG betrachtet werden. Folglich greift die Steuerbefreiung des § 3 Nr. 2 Satz 1 GrEStG, sodass grundsätzlich keine Grunderwerbsteuer anfällt. Sollten Sie das Projekt umsetzen wollen empfehle ich Ihnen, die Satzung des Vereins mit allen Unterlagen des Grundstücks final ihrem Steuerberater zur weiteren Bearbeitung und Umsetzung vorzulegen. Diesbezüglich sollte dann auch über weitere Nachteile einer solchen Übertragung aufgeklärt werden.

Ich hoffe, das hilft für die erste Einschätzung. Viele Grüße und einen tollen Tag!


Rückfrage vom Fragesteller 8. März 2025 | 16:05

Sehr geehrter Herr Dr. Lorenz,

ich bedanke mich für Ihre ausführliche Antwort, das ist ja super!
Gestatten Sie eine Nachfrage: in der Tat gibt es schon einen Vertragsentwurf vom Notar. Es soll auch zusätzlich ein Wohnungsrecht (§ 1093 BGB) zugunsten einer dritten Person (die nicht Eigentümer ist und nicht wird) eingetragen werden. Eigentlich hatte ich den Notar gebeten, das in zwei Verträgen getrennt zu machen, also erst Wohnrecht noch vom alten Eigentümer eintragen lassen und danach erst die Schenkung an den Verein. Nun steht da im Vertrag aber:

Der Veräußerer überträgt dem dies annehmenden Erwerber, zu Alleineigentum, den
vorstehend näher bezeichneten Grundbesitz mit sämtlichen Rechte (...) usw.
Die Gegenleistung des Erwerbers besteht in der Übernahme des nachfolgend zugunsten von Herrn xy eingeräumten Wohnungsrechts.
III.
Bestellung eines Wohnungsrechts
Dem heute erschienenen Herrn xy, vorgenannt, wird hiermit das Recht
eingeräumt, von heute ab auf Lebensdauer das gesamte (...) usw.

Meine konkrete Nachfrage wäre nun, ob der Befreiungstatbestand dann auch greift oder es sich hier dann um eine Schenkung unter Auflage handelt, welche nach § 3 Nr. 2 Satz 2 GrEStG, dann eben doch die Grunderwerbssteuer auslöst und des daher besser wäre, zunächst das Wohnungsrecht noch vom alten Eigentümer eintragen zu lassen und dann erst zu übertragen. Oder aber es so unschädlich ist, da es keine wirklich Auflage ist.

Ich danke Ihnen vielmals und habe mir Ihre Kontaktdaten gespeichert, um dann im weiteren Verlauf gerne ein Mandat erteilen zu können, sofern Sie Kapazitäten haben.
Freundliche Grüße

Antwort auf die Rückfrage vom Anwalt 8. März 2025 | 16:11

Sehr gerne. Die Eintragung eines Wohnungsrechts zugunsten einer dritten Person im Rahmen der Übertragung einer Immobilie auf einen Familienverein kann Auswirkungen auf die Grunderwerbsteuer haben. Gemäß § 3 Nr. 2 Satz 1 Grunderwerbsteuergesetz sind Grundstücksschenkungen unter Lebenden im Sinne des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes grundsätzlich von der Grunderwerbsteuer befreit. Allerdings unterliegen Schenkungen unter einer Auflage hinsichtlich des Werts solcher Auflagen, die bei der Schenkungsteuer abziehbar sind, der Grunderwerbsteuer (§ 3 Nr. 2 Satz 2 GrEStG).

Ein Wohnungsrecht zugunsten einer dritten Person stellt eine solche Auflage dar, da es den Wert der Schenkung mindert und bei der Schenkungsteuer abziehbar ist. Daher würde in diesem Fall die Grunderwerbsteuer auf den Wert des Wohnungsrechts erhoben werden.

Schöne Grüße!

ANTWORT VON

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