Sehr geehrter Fragesteller,
aufgrund der übermittelten Information beantworte ich Ihre Frage wie folgt.
Wurden zu Unrecht Beiträge abgeführt, weil der Geschäftsführer tatsächlich selbstständig war, besteht kein Anspruch der Sozialversicherungsträger auf diese Beiträge. Die zu viel gezahlten Beiträge können grundsätzlich zurückgefordert werden.
Im Fall der zu Unrecht gezahlten Beiträge besteht für ihn kein Anspruch auf Leistungen aus der gesetzlichen Renten- oder Arbeitslosenversicherung, da keine Versicherungspflicht bestand. Die zu Unrecht gezahlten Beiträge werden in der Regel erstattet, zählen aber nicht als anrechenbare Versicherungszeiten für die spätere Rente. Die Beiträge werden an den Zahler erstattet, der die Beiträge geleistet hat, also AG-Beiträge an den Arbeitgeber und Arbeitnehmerbeiträge an den Arbeitnehmer. Für den Geschäftsführer besteht die Möglichkeit, die erstattbaren Beiträge bei der Rentenversicherung in freiwillige Beiträge umzuwandeln, wenn die Voraussetzungen vorliegen und ein entsprechender Antrag gestellt wird.
Die Erstattung der Arbeitnehmeranteile zur Sozialversicherung ist beim Geschäftsführer nicht als Arbeitslohn zu erfassen. Die Erstattungsbeträge sind nicht in der Einkommensteuererklärung des Auszahlungsjahres anzusetzen. Allerdings sind die betroffenen Veranlagungen der Vorjahre zu ändern, falls die Beiträge als Sonderausgaben abgezogen wurden. Die Sonderausgaben sind insoweit rückgängig zu machen, soweit keine Verrechnung mit gleichartigen Aufwendungen im Erstattungsjahr möglich ist.
Die GmbH hat die zu Unrecht gezahlten Arbeitgeberanteile zur Sozialversicherung als Betriebsausgaben abgezogen und damit den Gewinn gemindert. Nach der Erstattung sind diese Erstattungsbeträge im Jahr der Rückzahlung als Betriebseinnahmen zu erfassen, was zu einer entsprechenden Gewinnerhöhung führt. Das Finanzamt kann die Steuerbescheide der Vorjahre nach § 175 Abs. 1 Nr. 2 AO ändern, wenn die Beiträge zuvor als Betriebsausgaben abgezogen wurden und nun erstattet werden, diesbezüglich sollte mit dem Finanzamt der Sachverhalt besprochen werden, ich empfehle größtmögliche Transparenz.
Hinsichtlich des weiteren „Ärgers", die GmbH kann sich im Innenverhältnis Regressansprüchen gegenüber dem Geschäftsführer oder dem steuerlichen Berater ausgesetzt sehen, wenn diese ihre Pflichten verletzt haben.
Es drohen strafrechtliche Risiken für den Geschäftsführer, wenn er als Organ der Gesellschaft vorsätzlich oder grob fahrlässig falsche Angaben gemacht oder Sozialversicherungsbeiträge nicht korrekt abgeführt hat (§ 266a StGB).
Abschließend empfehle ich, das sogenannte Statusfeststellungsverfahren der Deutschen Rentenversicherung durchzuführen, dieses ist mit Aufwand und Kosten verbunden, stellt aber verbindlich fest, ob der Geschäftsführer sozialversicherungspflichtig oder sozialversicherungsfrei beschäftigt war, bzw. ist.
Ich hoffe, dass ich Ihre Frage beantwortet habe, bei eventuellen Nachfragen können Sie gerne die kostenlose Nachfrageoption benutzen.
Berücksichtigen Sie bitte, dass auch kleine Sachverhaltsänderungen zu einer gänzlich anderen rechtlichen Bewertung führen können.
Mit freundlichen Grüßen
Sebastian Braun
Rechtsanwalt
Antwort
vonRechtsanwalt Sebastian Braun
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Sehr geehrter Herr Braun,
Ich habe mich zwischenzeitlich weiter selbst um meine Fragestellung gekümmert.
Sie hatten geschrieben:
" Die zu viel gezahlten Beiträge können grundsätzlich zurückgefordert werden."
Das stimmt nicht. § 27 Abs. 2 Satz 1 SGB IV
"Der Erstattungsanspruch verjährt in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Beiträge entrichtet worden sind."
Somit können Beiträge nicht grundsätzlich zurückgefordert werden, sondern lediglich jene der vergangenen 4 Jahre.
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"Für den Geschäftsführer besteht die Möglichkeit, die erstattbaren Beiträge bei der Rentenversicherung in freiwillige Beiträge umzuwandeln, wenn die Voraussetzungen vorliegen und ein entsprechender Antrag gestellt wird."
Diese Antwort ist in vielerlei Hinsicht unvollständig, und auch nicht wirklich zutreffend.
Zum Einen besteht keine gesetzliche Verpflichtung für den Geschäftsführer einen entsprechenden Antrag zu stellen. Wenn er nicht handelt, wandeln sich die erstattbaren Beiträge nach Ablauf der Verjährungsfrist automatisch in freiwillig gezahlte Beiträge um.
Zum Anderen besteht genauso für die GmbH die Möglichkeit, die erstattbaren Beiträge in freiwillige Beiträge umwandeln zu lassen. Und auch hier alleine dadurch, dass sie von ihr nicht zurückgefordert werden.
§ 202 Satz 1 SGB VI "Beiträge, die in der irrtümlichen Annahme der Versicherungspflicht gezahlt und deshalb beanstandet worden sind, aber nicht zurückgefordert werden, gelten als freiwillige Beiträge"
Wobei es sicher dem ganzen Vorgang zuträglich ist, selbst auch aktiv zu werden und mit dem Versicherungsträger in den Austausch zu gehen.
Wenn in ihrer Antwort nur von erstattbaren Beiträgen die Rede ist, fehlt eine Aussage zu den anderen. Also Beiträge, die nach § 27 Abs. 2 Satz 1 SGB IV schon unter die Verjährungsfrist gefallen sind.
Sämtliche dieser irrtümlich gezahlten Beiträge werden nach § 26 Abs. 1 Satz 3 SGB IV dem Rentenkonto zugerechnet und zählen als rechtmäßig gezahlte Pflichtbeiträge.
" Beiträge, die nicht mehr beanstandet werden dürfen, gelten als zu Recht entrichtete Pflichtbeiträge. Gleiches gilt für zu Unrecht entrichtete Beiträge nach Ablauf der in § 27 Absatz 2 Satz 1 bestimmten Frist."
Eigentlich hätte ich eine Antwort dieser Art erhofft, um eine Vorstellung von Möglichkeiten oder Folgen zu bekommen.
Mit freundlichen Grüßen
Sehr geehrter Fragesteller,
vielen Dank für Ihre Ergänzungen.
Hinsichtlich meiner Formulierung "grundsätzlich" bitte ich um Entschuldigung, grundsätzlich bedeutet, dass ein Anspruch im allgemeinen besteht, aber gegebenenfalls von bestimmten Voraussetzungen abhängt. Da ist mir die Fachsprache in meine Erläuterung hineingerutscht, das hätte ich besser erläutern können, da die Formulierung im Alltag eine andere Bedeutung hat.
Ich Ihnen die grundsätzlichen Regelungen der Erstattung erläutert, da mir ein Zeitraum nicht vorlag. Hinzu kommt, dass die Verjährung nur zu einer Einrede führt, das bedeutet, ob der Versicherungsträger von der Einrede gebrauch macht, liegt im Ermessen des Versicherungsträgers. Der Versicherungsträger kann zum Beispiel von der Einrede der Verjährung absehen, wenn der Erstattungsberechtigte glaubhaft macht, dass er von den Voraussetzungen des Anspruches keine Kenntnis hatte (so das BSG vom 23.10.1975 – 11 RA 152/74).
Die Verjährungsfrist für die Rentenversicherungsbeiträge ist nach § 27 Abs. 2 SGB IV eine andere, im Falle einer Beanstandung durch den RV-Träger, beginnt die Verjährungsfrist erst mit der Beanstandung.
Weiterhin kann sich der Versicherungsträger nicht auf die Einrede berufen, wenn den Versicherungsträger ein Verschulden trifft, bspw. falsche Beratung bzgl. des Entstehens des Erstattungsanspruches oder der Modalitäten der Geltendmachung (so das BSG vom 12.12.2007 – B 12 AL 1/06).
Hinsichtlich der Antragstellung, dies ist korrekt, der Geschäftsführer muss keinen Antrag stellen und es ist hilfreich mit den Versicherungsträgern in Austausch zu gehen, daher hatte ich auf das Statusfeststellungsverfahren verwiesen, weil dieses für alle Versicherungszweige verbindlich feststellt, ob eine Versicherungspflicht besteht.
Wenn Sie weitere Fragen haben, können Sie mich gerne per E-Mail anschreiben, ich unterstütze Sie dahingehend sehr gerne. Ein ausführlicherer Austausch führt oftmals zu einer besseren Antwort, da ich die Intention Ihrer Frage leider nicht immer kenne und auch nicht immer herauslesen kann.
Mit freundlichen Grüßen
Sebastian Braun
Rechtsanwalt