Sehr geehrte(r) Fragesteller(in),
vielen Dank für die Nachfrage, die ich wie folgt beantworte.
Unter einem Gewerbe versteht man jede wirtschaftliche Tätigkeit, die auf eigene Rechnung, eigene Verantwortung und auf Dauer mit Gewinnerzielungsabsicht betrieben wird. Grundsätzlich ist man verpflichtet das Gewerbe spätestens mit dessen Aufnahme beim Gewerbeamt anzuzeigen (§ 14 GewO
).
Die Gewerbeordnung sieht für eine verspätete Anmeldung eine Geldbuße vor.Eine rückwirkende Anmeldung, quasi nach einem „Probelauf" ist grundsätzlich nicht vorgesehen.
Somit haben Sie zwar eine Ordnungswidrigkeit begangen. Vielleicht lässt sich der zuständige Sachbearbeiter beim Gewerbeamt darauf ein, hier bei einer rückwirkenden Anmeldung von der Auferlegung eines Bußgeldes abzusehen. Dies läge in seinem Ermessensspielraum. Er wäre also nicht von Amts wegen verpflichtet, eine Bußgeld zu verhängen. Unter Umständen können Sie hier unter Angabe der bisher geringen Umsätze eine rückwirkende Anmeldung ohne Sanktionen durchsetzen. Schließlich konnten Sie nicht wissen, dass die Tätigkeit so gut anlaufen wird.
Bedenken Sie bitte, dass ich Ihnen hier im Rahmen einer Erstberatung ohne Kenntnis aller Umstände keinen abschließenden Rat geben kann. Ich hoffe, Ihnen eine erste hilfreiche Orientierung ermöglicht zu haben.
Mit freundlichen Grüßen
Vielen Dank für die schnelle Antwort!
Wäre es denn unbedingt nötig bei der Gewerbeanmeldung anzugegeben, dass ich das Gewerbe schon etwas länger betreibe? Was würde denn im schlimmsten Falle passieren wenn das Ganze dann irgendwann doch mal aufliegen sollte?
Sehr geehrter Fragesteller,
vielen Dank für die Nachfrage, die ich wie folgt beantworte:
1)
Einkünfte aus selbständiger Arbeit gehören in Deutschland zu den in § 2 Abs. 1 EStG
genannten sieben Einkunftsarten und zählen zu den Gewinneinkünften. Gesetzliche Grundlage der Einkünfte aus selbständiger Arbeit ist § 18 EStG
. Die Einkünfte aus selbständiger Arbeit müssen Sie in 2011 für das Veranlagungsjahr 2010 in der Anlage S zur Einkommensteuererklärung erklären.
Als Gewerbetreibender wären Sie gewerbesteuerpflichtig.
Gewerbesteuer fällt jedoch nicht bei sogenannten Freiberuflern an.
Als Freiberuf oder freier Beruf werden Tätigkeiten bezeichnet, die nicht der Gewerbeordnung unterliegen. Sie betreffen nach § 18 EStG
und § 1 PartGG
selbständig ausgeübte wissenschaftliche, künstlerische, schriftstellerische, unterrichtende oder erzieherische oder (sehr) ähnlich gelagerte Tätigkeiten. Die freien Berufe haben im Allgemeinen auf der Grundlage besonderer beruflicher Qualifikation oder schöpferischer Begabung die persönliche, eigenverantwortliche und fachlich unabhängige Erbringung von Dienstleistungen höherer Art im Interesse der Auftraggeber und der Allgemeinheit zum Inhalt (§ 1 Abs. 2 PartGG
).
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§ 18 EStG
(1) Einkünfte aus selbständiger Arbeit sind
1.Einkünfte aus freiberuflicher Tätigkeit. 2Zu der freiberuflichen Tätigkeit gehören die selbständig ausgeübte wissenschaftliche, künstlerische, schriftstellerische, unterrichtende oder erzieherische Tätigkeit, die selbständige Berufstätigkeit der Ärzte, Zahnärzte, Tierärzte, Rechtsanwälte, Notare, Patentanwälte, Vermessungsingenieure, Ingenieure, Architekten, Handelschemiker, Wirtschaftsprüfer, Steuerberater, beratenden Volks- und Betriebswirte, vereidigten Buchprüfer, Steuerbevollmächtigten, Heilpraktiker, Dentisten, Krankengymnasten, Journalisten, Bildberichterstatter, Dolmetscher, Übersetzer, Lotsen UND ÄHNLICHE BERUFE.
3Ein Angehöriger eines freien Berufs im Sinne der Sätze 1 und 2 ist auch dann freiberuflich tätig, wenn er sich der Mithilfe fachlich vorgebildeter Arbeitskräfte bedient; Voraussetzung ist, dass er auf Grund eigener Fachkenntnisse leitend und eigenverantwortlich tätig wird. 4Eine Vertretung im Fall vorübergehender Verhinderung steht der Annahme einer leitenden und eigenverantwortlichen Tätigkeit nicht entgegen;
2.Einkünfte der Einnehmer einer staatlichen Lotterie, wenn sie nicht Einkünfte aus Gewerbebetrieb sind;
3.Einkünfte aus sonstiger selbständiger Arbeit, z. B. Vergütungen für die Vollstreckung von Testamenten, für Vermögensverwaltung und für die Tätigkeit als Aufsichtsratsmitglied;
4.Einkünfte, die ein Beteiligter an einer vermögensverwaltenden Gesellschaft oder Gemeinschaft, deren Zweck im Erwerb, Halten und in der Veräußerung von Anteilen an Kapitalgesellschaften besteht, als Vergütung für Leistungen zur Förderung des Gesellschafts- oder Gemeinschaftszwecks erzielt, wenn der Anspruch auf die Vergütung unter der Voraussetzung eingeräumt worden ist, dass die Gesellschafter oder Gemeinschafter ihr eingezahltes Kapital vollständig zurückerhalten haben; § 15 Absatz 3 ist nicht anzuwenden.
(2) Einkünfte nach Absatz 1 sind auch dann steuerpflichtig, wenn es sich nur um eine vorübergehende Tätigkeit handelt.
(3) 1Zu den Einkünften aus selbständiger Arbeit gehört auch der Gewinn, der bei der Veräußerung des Vermögens oder eines selbständigen Teils des Vermögens oder eines Anteils am Vermögen erzielt wird, das der selbständigen Arbeit dient. 2§ 16 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 und 2 und Absatz 1 Satz 2 sowie Absatz 2 bis 4 gilt entsprechend.
(4) 1§ 13 Absatz 5 gilt entsprechend, sofern das Grundstück im Veranlagungszeitraum 1986 zu einem der selbständigen Arbeit dienenden Betriebsvermögen gehört hat. 2§ 15 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2, Absatz 1a, Absatz 2 Satz 2 und 3, §§ 15a und 15b sind entsprechend anzuwenden.
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2)
Ihre Tätigkeit als Computerprogrammierer ist im Katalog des § 18 EStG
zwar nicht explizit aufgeführt. Es könnte sich jedoch um einen "ähnlichen Beruf" im Sinne der Regelung des § 18 Abs. 1 Nr.1 EStG
handeln!
Zunächst sollten Sie also bei dem örtlichen Gewerbeamt abklären, ob Ihre Tätigkeit als Programmierer überhaupt als Gewerbe oder als freiberufliche Tätigkeit zu qualifizieren ist. Ein Steuerberater bzw. Fachanwalt für Steuerrecht wird Ihnen hierbei gewiss gerne behilflich sein.
Wenn Sie einer freiberuflichen Tätigkeit nachgehen, so werden Sie dennoch Ihre Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit in der Einkommenssteuererklärung für 2010 angeben müssen.
3)
In Ihren Rechnungen müssen Sie als Kleinunternehmer zwar keine Umsatzsteuer ausweisen. Die Kleinunternehmerregelung gemäß § 19 UStG
ist eine Vereinfachungsregelung im Umsatzsteuerrecht, die Unternehmern mit niedrigen Umsätzen ein Wahlrecht gewährt, wie Nichtunternehmer behandelt zu werden. Im Wesentlichen können Kleinunternehmer auf die Erhebung von Umsatzsteuer verzichten, sind dann aber im Gegenzug vom Vorsteuerabzug aus Rechnungen anderer Unternehmer ausgeschlossen.
Ich hoffe, ich konnte Ihre Rechtsfragen hinreichend und verständlich beantworten. Für Verständnisfragen stehe ich Ihnen im Rahmen eines Beratungsmandates gerne zur Verfügung, ebenso wie für eine weitergehende Interessenwahrnehmung gegenüber Dritten, wenn Sie mich dazu beauftragen möchten.
Mit freundlichen Grüßen
Michael Kohberger
Rechtsanwalt