Sehr geehrter Fragesteller,
aufgrund der übermittelten Information beantworte ich Ihre Frage wie folgt.
Für die Aufnahme eines neuen Gesellschafters in eine bestehende UG (haftungsbeschränkt) bestehen grundsätzlich mehrere Gestaltungsoptionen, die jeweils unterschiedliche rechtliche, steuerliche und strategische Implikationen haben. Die Entscheidung sollte sowohl unter Effizienz- und Kostengesichtspunkten als auch im Hinblick auf die Außenwirkung gegenüber Investoren getroffen werden.
1. Verkauf eigener Anteile (Veräußerung von eigenen Geschäftsanteilen):
Da die Anteile des ausgeschiedenen Gesellschafters von der Gesellschaft selbst zurückgekauft wurden, hält die UG nun eigene Anteile. Diese eigenen Anteile können grundsätzlich wieder veräußert werden, etwa an den neuen Gesellschafter. Der Verkauf eigener Anteile ist gesellschaftsrechtlich zulässig und führt dazu, dass der neue Gesellschafter in die bestehende Gesellschaft eintritt, ohne dass eine Kapitalerhöhung erforderlich ist.
- Vorteil: Die Struktur der Gesellschaft bleibt erhalten, es ist keine notarielle Kapitalerhöhung notwendig, und die Transaktionskosten sind in der Regel geringer als bei einer Neugründung oder Fusion.
- Vorteil : Die Gesellschaftshistorie bleibt bestehen, inklusive des Gesellschafterwechsels, was für Investoren nachvollziehbar ist.
- Zu regeln sind insbesondere die Bedingungen des Eintritts, die Modalitäten der Einlageleistung und die Beteiligung am Gesellschaftsvermögen.
2. Kapitalerhöhung und Ausgabe neuer Anteile:
Alternativ kann das Stammkapital der UG durch eine Kapitalerhöhung erhöht werden, wobei der neue Gesellschafter neue Anteile übernimmt.
- Vorteil: Frisches Kapital fließt der Gesellschaft zu, was die Liquidität stärkt.
- Nachteil: Notarielle Beurkundung und Handelsregisteranmeldung sind erforderlich, was mit zusätzlichen Kosten verbunden ist.
- Die Satzung muss ggf. angepasst werden, insbesondere wenn sie bislang nur auf einen kleinen Gesellschafterkreis zugeschnitten war.
- Die Einlage kann auf den Nominalbetrag beschränkt werden, sofern keine stillen Reserven vorhanden sind und kein Agio verlangt wird.
3. Neugründung und Fusion (Einbringung der Assets):
Eine Neugründung mit anschließender Einbringung der bisherigen Assets (IP, Kundenlisten, Verträge etc.) ist grundsätzlich möglich, aber mit erheblichem Aufwand verbunden.
- Vorteil: Die Gesellschaftshistorie beginnt „sauber" neu, was für Investoren attraktiv sein kann, da keine Altlasten oder Gesellschafterwechsel in der Historie erscheinen.
- Nachteil: Die Übertragung der Assets kann rechtlich und steuerlich komplex sein, insbesondere bei selbst geschaffener IP und bestehenden Verträgen. Es entstehen zusätzliche Gründungs- und Übertragungskosten.
- Eine Fusion im eigentlichen Sinne ist bei einer UG mit einer noch nicht gegründeten Gesellschaft nicht möglich; vielmehr müsste eine Sachgründung oder eine Einbringung nachträglich erfolgen.
Bewertung aus Investorensicht („Standing"):
Gesellschafterwechsel sind in der Frühphase von Startups nicht unüblich und für professionelle Investoren nachvollziehbar. Entscheidend ist die transparente Dokumentation und Kommunikation der Gründe für den Wechsel. Eine Neugründung mit Einbringung der Assets kann zwar eine „saubere" Historie schaffen, ist aber meist nur dann sinnvoll, wenn erhebliche Altlasten oder rechtliche Risiken bestehen, die Investoren abschrecken könnten. In der Regel überwiegen die Vorteile der Fortführung der bestehenden Gesellschaft, insbesondere wenn bereits Verträge, Förderzusagen und IP auf die UG lauten.
Empfehlung:
- Aus Effizienz- und Kostengesichtspunkten ist der Verkauf der eigenen Anteile an den neuen Gesellschafter oder eine Kapitalerhöhung mit Ausgabe neuer Anteile regelmäßig vorzuziehen.
- Die Neugründung mit Asset-Übertragung ist nur bei gravierenden Gründen (z.B. rechtliche Altlasten, Reputationsprobleme) sinnvoll.
- Für das „Standing" bei Investoren ist eine transparente und professionelle Dokumentation des Gesellschafterwechsels ausreichend. Die Historie eines Gesellschafterwechsels ist in der Startup-Praxis kein Makel, solange die Gründe nachvollziehbar sind und keine negativen Implikationen für die Gesellschaft bestehen.
Weitere Hinweise:
- Bei der Aufnahme des neuen Gesellschafters ist auf eine klare Regelung der Einlage, der Beteiligungsquote und der Rechte/Pflichten zu achten.
- Die Satzung sollte ggf. an die neue Gesellschafterstruktur angepasst werden.
- Steuerliche Aspekte (z.B. Grunderwerbsteuer, Übertragung von Wirtschaftsgütern) sind bei einer Neugründung mit Asset-Übertragung gesondert zu prüfen.
Für eine abschließende Gestaltung sollten die konkreten Zahlen (Beteiligungsquoten, Höhe der Einlage, Wert der Assets) und die Zielsetzung (z.B. geplante Investorenrunde) berücksichtigt werden.
Ich hoffe, dass ich Ihre Frage beantwortet habe, bei eventuellen Nachfragen können Sie gerne die kostenlose Nachfrageoption benutzen.
Berücksichtigen Sie bitte, dass auch kleine Sachverhaltsänderungen zu einer gänzlich anderen rechtlichen Bewertung führen können.
Mit freundlichen Grüßen
Sebastian Braun
Rechtsanwalt
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