Sehr geehrter Fragesteller,
Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegebenen Informationen verbindlich wie folgt beantworten:
A) zivilrechtlicher Versuch(!) der Inregressnahme des damaligen Käufers?
Ja, dieser Anspruch auf den Gesamtschuldnerausgleich besteht nach § 426 Abs. 2 BGB, da nach der Schilderung im Innenverhältnis vereinbart wurde, dass der Käufer die Kosten trägt. Wenn der Käufer tatsächlich insolvent ist, dann sollte geprüft werden, ob es sinnvoll ist, dass Verfahren einzuleiten. Gegebenenfalls muss die Forderung beim Insolvenzverwalter angemeldet werden.
B) auf Verwirkung (NICHT: Verjährung) abhebend die Zahlung der (Gesamt-)Gebühr an den Notar zu verweigern ?
Das können Sie grundsätzlich versuchen, aber nach der Schilderung sehr ich wenig Aussicht auf Erfolg, da es an dem sogen. Umstandsmoment fehlt.
Denn die Verwirkung setzt nach der Rechtsprechung des BGH ein Umstands- und ein Zeitmoment voraus (BGH, Urteil v. 14.11.2002, VII ZR 23/02). D.h. ein Anspruch ist verwirkt, wenn seit der Möglichkeit der Geltendmachung längere Zeit vergangen ist und besondere Umstände hinzukommen, aufgrund derer der zur Leistung Verpflichtete nicht mehr mit der verspäteten Inanspruchnahme zu rechnen braucht. Außerdem müssen Sie sich aufgrund dessen so eingerichtet haben, „dass ihm durch die verspätete Durchsetzung des Rechts ein unzumutbarer Nachteil entstünde" (BGH, VII ZR 23/02). Einen Anspruch nur nicht geltend zu machen oder nicht anzusprechen reicht nicht aus. Es hätte ein konkretes Verhalten des Notars bedurft, wonach Sie nicht mehr mit der Inanspruchnahme hätten rechnen müssen, das ist nach der Schilderung nicht erfolgt. Denn insbesondere bei der Gesamtschuldnerschaft und durch die Abrede, dass der Käufer zuerst in Anspruch genommen werden soll, liegt es in der Natur der Sache, das es einige Zeit dauert bis der weitere Schuldner in Anspruch genommen wird.
Denn zwischenzeitlich unterliegen viele Ansprüche der regelmäßigen Verjährungsfrist von drei Jahren. In solchen Fällen kommt eine Verkürzung dieser Frist durch Verwirkung nach der Rechtsprechung des BGH nur ausnahmsweise in Betracht, weil der Gläubiger innerhalb dieser drei Jahre die Möglichkeit haben soll, genau zu überlegen und zu prüfen, ob er seinen Anspruch gelten machen will. Das Rechtsinstitut der Verwirkung hat Ihre Entstehung in der früher geltenden 30jährigen Verjährungsfrist und findet bei der regelmäßigen Verjährungsfrist nur in wenigen Ausnahmefällen Anwendung.
Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie gern nachfragen.
Mit vorzüglicher Hochachtung
Simone Sperling
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Fachanwältin für Familien- und Erbrecht
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Antwort
vonRechtsanwältin Simone Sperling
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Auf Ihre Nachfrage:
"Ich gebe Ihnen vollkommen Recht, dass es für die Einrede der Verwirkung sehr hohe Hürden mit Blick auf das Umstandsmoment gibt. Dies war mir auch schon seit Längerem durchaus bekannt, da ich mich früher schon in anderen Rechtsstreitigkeiten mit dieser Thematik beschäftigt hatte.
Aber im aktuellen Fall kommt die Gesamtschuldnerschaft hinzu: ich wusste daher gar nicht, dass der Notar überhaupt noch ein Recht zur Forderungserhebung gegen mich hatte -eben aus Unkenntnis der Zahlungsverweigerung des Käufers. Insofern weiß ich jetzt auch gar nicht, ob der Begriff "Verwirkung" (= eines Anspruchs, von dem beide Seiten Kenntnis haben!) hier überhaupt zur Anwendung gelangen sollte!?
Evtl. geht es um eine andere Begrifflichkeit? Denn wie ich ja schon ausgeführt hatte, gab es mehrere Situationen, wo er mir den Hinweis hätte geben sollen, dass die Käuferseite noch nicht gezahlt hat und ich mich als Gesamtschuldner nun quasi ernsthaft "bereit halten" müsse. Hauptsächlich denke ich an die ein Jahr später erfolgte Rückabwicklung, bei der wir uns alle gegenüber saßen und zuvor schon per Mail die Inhalte erörterten: und diese rechtserhebliche Information der Nichtbereitschaft/-fähigkeit des -ehemaligen- Käufers zur Notarkostenübernahme wurde mir in dieser kommunikationsintensiven Phase vorenthalten? Auch spätere Kontakte mit dem Notar (in 2022/23) ließen mich vollkommen (nicht im Unklaren, sondern....) in absoluter Ahnungslosigkeit!
Meinen Sie daher nicht, dass hier eine Sonderkonstellation vorliegt, die mir doch ein Wenig mehr Chancen für einen -zumindest teilweisen- Erlass der Forderung einräumt?"
folgende Antwort:
Ich stimme Ihnen zu, dass der Sachverhalt nicht mit den üblichen Fällen vergleichbar ist. Wie bereits erwähnt, reicht es für die Verwirkung nicht aus, den Anspruch nur nicht geltend zu machen oder nicht anzusprechen reicht. Es muss ein weiterer aktiver Aspekt hinzukommen, wonach man davon ausgehen kann, dass der Gläubiger die Forderung nicht mehr beansprucht. Das ist nach der Schilderung nicht erfolgt. Gerade bei einer Gesamtschuldnerschaft ist es nicht unüblich, dass zunächst veruscht wird bei dem anderenr ds Geld einzufordern und erst bei Erfolglosigkeit der weiter Gesamtschuldner in Anspruch gneommen wird, was in der Rgel zeitlich später ist. Nur wenn es in Gesprächen konkret um die gegenständliche Forderung ging und erwähnt wurde, dass Sie nicht mit der Geltendmachung rechnen müssen, wäre ein berauf auf die Verwirkung gegebenenfalls erfolgreich. Ein reines Unterlassen der Erwähnung, dass noch etwas offen ist, reicht nicht aus. Ich möchte jedoch nochmals daruaf hinweisen, dass für Forderungne für welche die regelmäßige Verjährungsfrist von 3 Jahren gilt, die Verwirkung nur äußerst selten als Einwendung Erfolg hat.
Unbeachtlich dessen können Sie zumindest mit dem Argument der Verwirkung außergerichtlich mit dem Notar versuchen zu verhandeln um die Kosten zu senken.