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Erbschaftsauseinandersetzung - Pflegekosten für Lebenslanges Wohnrecht

28. Februar 2025 07:50 |
Preis: 70,00 € |

Erbrecht


Beantwortet von

Rechtsanwalt Fritz Fell-Bosenbeck

Ausgangslage:
Ein Wohnhaus wurde im Rahmen einer Schenkung meinem Vater übertragen, wofür seine Eltern ein lebenslanges Wohnrecht in diesem Haus erhielten. Mein Vater starb vor einigen Jahren und hierdurch haben mein Bruder und ich das Haus von ihm geerbt.

Nun ist es so, dass mein Bruder das Haus vollständig übernehmen soll. Hierzu hat ein Notar einen Erbschaftsauseinandersetzungsvertrag aufgesetzt. Das Haus ist auch der einzige Wertgegenstand des Erbes. Der Wert des Wohnrechts wurde beim "Kaufpreis" nicht berücksichtigt. Im Vertrag steht nun

"Die Erschienenen sind sich darüber einig, dass alle eventuellen Ansprüche (z. B. Pflegekasse), die durch das Wohnungsrecht von XY entstehen, von *ICH* zu tragen sind, da die Wertminderung des Wohnungsrechtes in der Auszahlungssumme nicht berücksichtigt wurde."

Welche Verbindlichkeiten können hierdurch auf mich zukommen und gibt es eine Möglichkeit diese zu umgehen, wenn beispielsweise das Wohnrecht durch den Einzug in ein Pflegeheim erlischt?

Sehr geehrter Fragesteller,

Ihre Frage beantworte ich unter Heranziehung der von Ihnen bereitgestellten Informationen gerne wie folgt:
1. Ausgangslage und rechtliche Einordnung

Die vertragliche Klausel, die Ihnen Sorgen bereitet, besagt, dass Sie für alle eventuellen Ansprüche, die sich aus dem Wohnrecht ergeben (z. B. Forderungen der Pflegekasse), haften, da das Wohnrecht im Wert nicht berücksichtigt wurde.
Rechtsnatur des Wohnrechts

Ein Wohnrecht gemäß § 1093 BGB ist ein beschränkt dingliches Recht, das den Berechtigten gestattet, bestimmte Räume oder das gesamte Gebäude zu nutzen. Es ist im Grundbuch eingetragen und kann nur durch Zustimmung des Berechtigten oder durch gesetzliche Bestimmungen aufgehoben werden.
Wichtig ist:

Das Wohnrecht bleibt grundsätzlich bestehen, auch wenn es nicht mehr ausgeübt wird (z. B. wegen Umzugs ins Pflegeheim).
Der Berechtigte kann das Wohnrecht nicht auf andere übertragen, aber er kann entscheiden, es nicht mehr auszuüben.
Die wirtschaftlichen Folgen des Wohnrechts können je nach Vertrag erhebliche Auswirkungen haben, insbesondere auf die Eigentümer des Hauses.

2. Mögliche finanzielle und rechtliche Verbindlichkeiten für Sie

Die von Ihnen zitierte Klausel legt nahe, dass Sie für alle Verbindlichkeiten, die sich aus dem Wohnrecht ergeben, haften sollen. Dies kann weitreichende finanzielle Folgen haben. Zu den potenziellen Risiken gehören:
a) Pflegekosten und Sozialhilferegress

Sollte ein Großelternteil pflegebedürftig werden und auf Sozialhilfe angewiesen sein, könnte das Sozialamt versuchen, das Wohnrecht in Geld umzuwandeln.

Anrechnung auf Sozialhilfe: Falls ein Großelternteil in ein Pflegeheim zieht, könnte das Sozialamt argumentieren, dass das Wohnrecht einen geldwerten Vorteil darstellt. Es könnte von Ihnen als Vertragspartner verlangen, diesen Wert finanziell auszugleichen.
Verwertung des Wohnrechts: Falls das Sozialamt einen Anspruch gegen den Berechtigten hat (z. B. auf Kostenersatz für Pflegeleistungen), könnte es versuchen, das Wohnrecht wirtschaftlich zu verwerten oder eine Ersatzleistung vom Eigentümer (bzw. Ihnen) zu verlangen.
Haftung für Pflegekosten: Falls die Großeltern Pflegeleistungen erhalten und das Sozialamt auf das Wohnrecht zurückgreifen möchte, könnte es Sie als verpflichteten Vertragspartner heranziehen, da Sie im Erbschaftsauseinandersetzungsvertrag die Haftung übernommen haben.

b) Instandhaltungspflichten und laufende Kosten

Es könnte sich auch die Frage stellen, ob Sie für die Erhaltung des Wohnbereichs verantwortlich sind. Dies umfasst:

Kosten für Reparaturen oder Modernisierungen, die zur Aufrechterhaltung der Bewohnbarkeit notwendig sind.
Nebenkosten, wenn der Wohnberechtigte nicht selbst zahlt.

Falls die Großeltern ausziehen, ohne das Wohnrecht aufzugeben, könnten trotzdem Kosten auf Sie zukommen, weil das Recht weiterbesteht.
c) Mögliche Nutzungsentschädigung

Falls die Großeltern ihr Wohnrecht nicht mehr nutzen (z. B. durch Umzug ins Pflegeheim), aber nicht formell darauf verzichten, könnten Fragen zur Kompensation des Wohnwerts entstehen:

Das Wohnrecht besteht weiter, aber Sie können die Räumlichkeiten nicht ohne Zustimmung der Berechtigten nutzen oder vermieten.
Falls eine Nutzungsentschädigung verlangt wird, könnte dies bedeuten, dass die Berechtigten oder Dritte (wie das Sozialamt) eine finanzielle Gegenleistung für den Wohnwert fordern.

3. Erlischt das Wohnrecht durch den Umzug ins Pflegeheim?

Ob das Wohnrecht durch den Einzug ins Pflegeheim automatisch endet, hängt von der ursprünglichen Vereinbarung ab. Grundsätzlich gilt:

Ein Wohnrecht erlischt nicht automatisch, wenn es nicht mehr ausgeübt wird.
Nur wenn im ursprünglichen Schenkungsvertrag oder in einer nachträglichen notariellen Vereinbarung eine Bedingung festgelegt wurde (z. B. „Erlöschen bei dauerhafter Nichtnutzung"), könnte das Recht entfallen.
Falls keine solche Regelung besteht, müsste ein freiwilliger Verzicht erfolgen oder eine gerichtliche Aufhebung in Erwägung gezogen werden.

Da das Wohnrecht weiterhin im Grundbuch steht (davon gehe ich aus- die Alternative wäre ein vertragliches Wohnrecht, dass nur innerhalb der Parteien gilt), kann es für Sie problematisch werden, insbesondere falls es als Hindernis für die Nutzung oder den Verkauf der Immobilie gesehen wird.
4. Möglichkeiten zur Vermeidung oder Reduzierung Ihrer Verpflichtungen
a) Nachträgliche Anpassung des Erbschaftsauseinandersetzungsvertrags

Falls der Vertrag noch nicht beurkundet wurde, könnte eine Änderung vorgenommen werden, die die Haftung konkretisiert oder beschränkt, etwa:

Klarstellung, dass die Haftung nur für direkt vom Wohnrecht verursachte Kosten gilt.
Ausschluss einer Verpflichtung zur finanziellen Kompensation an Dritte (z. B. Sozialamt).
Übertragung der Haftung auf Ihren Bruder, der schließlich das Haus übernimmt.

b) Verzicht oder Abfindung des Wohnrechts

Falls Ihre Großeltern einverstanden sind, könnte das Wohnrecht aufgehoben oder in eine Abfindungssumme umgewandelt werden. Dazu wäre eine notarielle Vereinbarung erforderlich. Vorteile:

Klare Eigentumsverhältnisse und keine ungewisse künftige finanzielle Belastung.
Keine potenzielle Inanspruchnahme durch Dritte (Pflegekasse, Sozialamt).

c) Aufklärung über die Sozialhilferegelungen

Sollte eine Pflegebedürftigkeit drohen, wäre es ratsam, frühzeitig mit einem Anwalt oder Notar zu klären, ob das Wohnrecht für Sozialhilferegress herangezogen werden könnte. In manchen Fällen ist eine Umwandlung in eine Geldleistung möglich, wodurch zukünftige Unsicherheiten minimiert werden könnten.
5. Fazit und Empfehlung

Die Klausel im Erbschaftsauseinandersetzungsvertrag könnte dazu führen, dass Sie auch dann für Ansprüche im Zusammenhang mit dem Wohnrecht haften, wenn es nicht mehr genutzt wird. Besonders problematisch könnte dies bei Pflegekosten oder Sozialhilferegress sein.

Ich empfehle Ihnen daher dringend:

Prüfung des ursprünglichen Wohnrechtsvertrags – Gibt es eine Regelung zur Beendigung bei Nichtnutzung?
Anpassung des Erbschaftsauseinandersetzungsvertrags, falls noch möglich.
Verhandlung mit den Wohnrechtsberechtigten über einen Verzicht oder eine Abfindung.
Rechtliche Beratung zu möglichen Ansprüchen durch Sozialhilfeträger, um spätere finanzielle Forderungen zu vermeiden.

Bitte beachten Sie, dass diese Plattform lediglich zu einer ersten rechtlichen Orientierung dient und keine persönliche Beratung durch einen Rechtsanwalt ersetzen kann. Ich empfehle Ihnen daher, eine weitergehende anwaltliche Prüfung des Sachverhalts vornehmen zu lassen.

Ich hoffe, meine Einschätzung gibt Ihnen eine erste Orientierung.

Mit freundlichen Grüßen
Fritz Fell-Bosenbeck, Rechtsanwalt

Rückfrage vom Fragesteller 28. Februar 2025 | 12:14

Vielen Dank zunächst für die Ausführungen.

Das Thema, dass das Wohnrecht "bezahlt" werden muss bei einem Pflegeheimaufenthalt wäre in Ordnung, da der Kaufpreis der Immobilie ohne das Wohnrecht berechnet wurde. Wie müsste die Formulierung des Passus denn lauten, dass ich nicht für die Instandhaltungspflichten und laufende Kosten aufkommen muss, das ist nämlich nicht so vereinbart.

Antwort auf die Rückfrage vom Anwalt 3. März 2025 | 08:42

Mögliche Anpassung zur Beschränkung der Haftung:
"Die Erschienenen sind sich darüber einig, dass [ICH] lediglich für eventuelle Ansprüche Dritter (z. B. Pflegekasse oder Sozialamt), die durch das Wohnungsrecht von XY entstehen und sich auf eine Verwertung oder Abgeltung des Wohnungsrechts beziehen, haftet.
[ICH] übernimmt ausdrücklich keine Verpflichtung zur Tragung von Instandhaltungs- oder Reparaturkosten der Immobilie sowie laufenden Betriebs- oder Nebenkosten des Wohnbereichs des Wohnberechtigten. Diese verbleiben bei dem Wohnberechtigten selbst."

Bitte beachten Sie, dass dies nur ein Vorschlag ohne Kenntnis des Sachverhalts ist und Sie die endgültige Formulierung mit den Beteiligten und dem Notar besprechen sollten.

MfG

FRAGESTELLER 7. Oktober 2025 /5,0
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