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Erbschaft, Anfrage Restschuld, keine Auskunft, Mahnungen

2. März 2024 09:03 |
Preis: 53,00 € |

Kredite


Beantwortet von

Rechtsanwalt Dr. Matthias Augsburger

Guten Tag,

im Rahmen einer Erbschaft versuche ich die Restschuld bei einer kreditgebenden Bank zu erfahren. Ich habe mich mehrmals telefonisch, schriftlich und per E-Mail an die Kreditbank meiner verstorbenen Mutter gewendet (mit Sterbeurkunde und Testament) um mich als Erbin auszuweisen. Ich habe die Offenlegung des noch offenen Kreditbetrages angefragt und um die Aushändigung des Kreditvertrages um eventuell eine bestehende Restschuldversicherung zu erfahren, gebeten.

Ich möchte den Kredit sofort abbezahlen, darauf habe ich hingewiesen. Alle Kontaktversuche mit Fristsetzungen blieben erfolglos. Ich habe keine Einsicht in ihre Verträge und möchte daher nicht den anstehenden monatlichen Betrag überweisen, den die Kreditbank mir nicht anhand des Kreditvertrages nachweisen kann. Der Betrag unterscheidet sich außerdem von den sonst üblichen Tilgungen, die ich auf ihren Kontoauszügen feststellen konnte. Habe ich das Recht zu erfahren, wie sich der monatliche Tilgungsbetrag zusammensetzt, bevor ich irgendwelche Summen überweise? Ich bekomme Mahnungen (Anschrift im Verteiler ist mit: „An den Nachlass", also scheinbar ist bekannt, dass ein Sterbefall vorliegt) und Drohungen der Meldungen an die Schufa. Ich verstehe nicht, warum die Bank mir die Offenlegung des Vertrages und der offenen Restschuld verwehrt. Seit der ersten Kontaktaufnahme sind nun 8 Wochen vergangen. Was kann ich tun?

Als Erbe, der Gesamtrechtsnachfolger des Erblassers ist, haben Sie dieselben Rechte aus dem Kreditvertrag wie dieser selbst. Fraglich iest daher, ob Ihnen ein Auskunftsanspruch nach § 675 BGB i.V.m. § 666 BGB oder aus Treu und Glauben nach § 242 BGB zusteht.

Der BGH hatte zu einem Girokontenvertrag festgestellt:

"Nach diesen Vorschriften hat der Inhaber eines Girokontos gegen das kontoführende Kreditinstitut einen Auskunftsanspruch, der auch Vorgänge, über die das Kreditinstitut den Kunden bereits unterrichtet hat, betrifft, und der nicht nur die Erteilung von Kontoauszügen, sondern auch zusätzliche Auskünfte umfaßt, soweit sie zur Überprüfung der Richtigkeit einzelner Buchungen erforderlich sind (BGH, Urteil vom 4. Juli 1985 -III ZR 144/84, WM 1985, 1098, 1099; Schimansky, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch § 47 Rdn. 50)."
...
"Auch ein Kunde, der von seinem Kreditinstitut bereits über bestimmte Vorgänge unterrichtet worden ist, kann hierüber erneut Auskunft verlangen, wenn er glaubhaft macht, daß ihm die erteilten Informationen verloren gegangen sind und dem Kreditinstitut die erneute Auskunftserteilung noch möglich und zumutbar ist (BGHZ 107, 104, 109). Dieses Recht ist nicht auf den Fall beschränkt, daß dem Kunden die Unterlagen ohne sein Verschulden abhanden gekommen sind. Sofern sein Auskunftsverlangen nicht mutwillig oder mißbräuchlich erscheint, ist es unerheblich, wie und warum er in die Lage geraten ist, erneut um Auskunft bitten zu müssen (vgl. Senatsurteil vom 28. April 1992 -XI ZR 193/91, WM 1992, 977, 979; Gößmann, in: Hellner/Steuer, Bankrecht und Bankpraxis Rdn. 2/85 a)."

Jedenfalls im Girokontenverhältnis hatte der BGH damit einen Auskunftsanspruch auf Erteilung von Kontoauszügen anerkannt soweit das Auskunftsverlangen nicht missbräuchlich war. Der Auskunftsanspruch besteht nur, wenn auch für die Bank die Erfüllung des Auskunftsanspruchs möglich und zumutbar ist. Dieser Auskunftsanspruch umfasst aber nicht die vollständige Rekonstruktion einer eine Vielzahl von Konten und sonstigen Bankdienstleistungen unfassenden Geschäftsbeziehung. Es ist der Bank auch gegen Vergütung nicht zumutbar, nachträglich sämtliche Transaktionen und andere die Vertragsbeziehung begleitenden Umstände nachzuvollziehen (OLG Celle, Urteil vom 04.06.2008 - 3 U 265/07).

Im vorliegenden Fall handelt es sich jedoch um einen Darlehensvertrag, bei dem der BGH mit Urteil vom 9.5.2006 - XI ZR 114/05 - angenommen hatte, dass hier keine gesetzlichen Auskunfts- und Rechenschaftspflichten nach §§ 675, 666 BGB bestünden. In dem entschiedenen Fall wurde vom BGH auch ein Anspruch nach Treu und Glauen nach § 242 BGB abgelehnt, da in dem dortigen Verfahren die Kläger die Höhe der Zins- und Tilgungsraten selbst hatten berechnen können. In Ihrem Fall können Sie jedoch die Zins- und Tilgungsraten nicht selbst berechnen, sodass ich bei Ihnen erhöhte Erfolgschancen dafür sehe, dass Sie einen Auskunftsanspruch jedenfalls nach § 242 BGB durchsetzen könnten, insbesondere auch deshalb, weil die Mitteilung des offenen Saldos und die Übermittlung des Kreditvertrags keinen unzumutbaren Aufwand für die Bank bedeuten sollte (auch wenn das Risiko besteht, dass hier ein Gericht eine abweichende Ansicht vertreten könnte). Für den Fall, dass Ihnen ein Anspruch auf Auskunft zusteht, könnten Sie diesen Anspruch als Zurückbehaltungsrecht gegenüber den Tilgungs- und Zinsforderungen der Bank entgegenhalten. Empfehlen würde ich Ihnen den, Auskunftsanspruch weiter - auch gerichtlich - zu verfolgen (auch wenn das Restrisiko nicht ausgeschlossen ist, dass ein Gericht eine abweichende Ansicht vertritt).

Beste Grüße
Dr. Matthias Augsburger
Rechtsanwalt

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