Sehr geehrter Ratsuchender,
ich möchte Ihre Fragen anhand Ihrer Angaben wie folgt beantworten:
1. Zunächst bedarf es für die Beendigung des Mietverhältnisses einer wirksamen Kündigung. Dies Voraussetzungen einer Eigenbedarfskündigung sind in § 573 Abs. 2 Nr. 2, Abs. 3 BGB
geregelt. Diese könne wie folgt zusammengefasst werden:
a) Eigenbedarf - liegt nur, aber auch immer dann vor, wenn der Vermieter für seinen Nutzungswunsch vernünftige und nachvollziehbare Gründe hat. Nachwuchs und pflegebedürftige Familienangehörige entsprechen diesem Erfordernis.
b) als Wohnung - auch diese Voraussetzung ist erfüllt
c) für sich oder Familienangehörige - Da Sie selbst und Ihre Familie sowie Ihre Mutter dort einziehen wollen, ist auch diese Voraussetzung erfüllt.
d) Im Kündigungsschreiben angegeben
Gem. § 573 Abs. 3 BGB
sind die Gründe für ein berechtigtes Interesse des Vermieters in dem Kündigungsschreiben anzugeben.
Die Regelung des Abs. 3 soll dem Mieter Klarheit über seine Rechtsposition verschaffen. Nach der Auffassung des BVerfG müssen allerdings zwei Grenzen beachtet werden. Zum einen dürfen nur solche Angaben verlangt werden, die dem berechtigten Informationsinteresse des Mieters dienen. Hieraus folgt, dass die Begründungspflicht nicht formalistisch gehandhabt werden darf. Zum anderen muss sichergestellt werden, dass der Zugang zur gerichtlichen Sachprüfung nicht durch unzumutbar hohe Anforderungen an die vorgerichtliche Begründungspflicht verwehrt wird (vgl. BVerfG NZM 2003, 592
).
Da mir das Kündigungsschreiben nicht vorliegt, sollten Sie überprüfen, ob Sie die erforderliche Begründung in Ihrem Kündigungsschreiben vorgenommen haben.
e) Kein Widerspruch
Der Mieter hat ein Widerspruchsrecht, welches er innerhalb der Frist des § 574b Abs. 2 BGB
geltend zu machen hat. Wichtig wäre hier, ob Sie ihn in Ihrem Kündigungsschreiben auf dieses Recht und diese Frist hingewiesen haben.
Widerspricht er danach der Kündigung nicht, kann im Rahmen einer Räumungsklage der verspätete Widerspruch mit einer Einrede gerügt werden.
Widerspruchgründe sind in § 574 BGB
aufgeführt. Nach Abs. 2 liegt eine Härte auch vor, wenn kein angemessener Ersatzwohnraum zu zumutbaren Bedingungen zur Verfügung steht.
2. Problematisch könnte es hier jedoch wegen der Vorschrift des § 564 c II Satz 1 Nr. 1 BGB
werden. Danach ist eine Eigenbedarfskündigung nach Treu und Glauben (§ 242 BGB
) innerhalb der Fünfjahresfrist dieser Vorschrift ausgeschlossen, wenn der Vermieter im Zeitpunkt des Vertragsschlusses bei verständiger Würdigung und umsichtiger Vorausschau des späteren Eigenbedarf hätte vorhersehen können und dennoch einen Mietvertrag auf unbestimmte Zeit abschließt, obwohl eine Befristung rechtlich zulässig ist (LG Berlin NJW-RR 98, 1093
).
Hier müsste nun die Frage gestellt werden, ob der Zuwachs damals bereits geplant bzw. erwartet wurde und aufgrund des damaligen Gesundheitszustand Ihrer Mutter bereits eine Pflegebedürftigkeit absehbar war.
3. Schließlich ist § 545 BGB
von Bedeutung. Danach verlängert sich das Mietverhältnis allein durch den Umstand, dass der Mieter die Wohnung nach Ablauf der Mietzeit weiternutzt, wenn Sie der Fortsetzung des Mietverhältnisses nicht innerhalb von zwei Wochen widersprechen. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem Sie von der Fortsetzung des Mietverhältnisses Kenntnis erhalten. Fürsorglich sollten Sie daher bereits in der Kündigung oder noch vor Ablauf der Frist Ihren Widerspruch erklären.
4. Räumt der Mieter die Wohnung nach der Kündigung nicht und verhält sich damit vertragswidrig, haben Sie einen Räumungsanspruch, den Sie gerichtlich geltend machen müssten. Ihnen steht ferner ein Schadensersatzanspruch zu. Im Rahmen dieses Anspruchs müssen Sie jedoch Grund und Höhe des Anspruchs begründen und ggf beweisen. Da Sie die zweite Wohnung selbst nutzen und nicht vermieten wollen, entsteht Ihnen durch das vertragswidrige Verhalten des Mieters kein Mietausfall, so dass ein entsprechender Schadensersatzanspruch unbegründet wäre.
Denkbar wäre hier die Differenz zwischen Ihrer Miete und der Miete, die Sie von Ihrem Mieter erhalten, sofern Ihre Miete höher ist. Denn bei Auszug des Mieters könnten Sie Ihre eigenen Wohnungen beziehen und müssten dann keine Miete zahlen.
Bitte beachten Sie, dass bereits kleine Formfehler zur Unwirksamkeit Ihrer Kündigung führen können (Unterschrift sämtlicher Vermieter, Kündigung sämtlicher Mieter, Begründung u.a.). Es ist daher sehr empfehlenswert, bereits mit der Kündigung einen Rechtsanwalt zu beauftragen. Sollte der Mieter tatsächlich nicht ausziehen, sollten Sie daher umgehend einen Rechtsanwalt in der Angelegenheit mit der Prüfung der Rechtslage und ggf Räumungsklage beauftragen.
Für diesen Fall stehe ich Ihnen bei Bedarf und Wunsch selbstverständlich gerne zur Verfügung.
Ich darf Sie abschließend darauf hinweisen, dass diese Plattform eine ausführliche und persönliche Rechtsberatung nicht ersetzen kann. Es wird ausschließlich das Ziel verfolgt, eine erste überschlägige Einschätzung Ihres geschilderten Rechtsproblems auf Grundlage der von Ihnen übermittelten Informationen von einem Rechtsanwalt zu erhalten. Die von mir erteilte rechtliche Auskunft basiert ausschließlich auf den von Ihnen zur Verfügung gestellten Sachverhaltsangaben. Das Hinzufügen oder Weglassen relevanter Informationen im Rahmen Ihrer Sachverhaltsschilderung kann zu einer völlig anderen rechtlichen Beurteilung führen.
Ich hoffe Ihnen mit meiner Antwort weiterhelfen zu können und wünsche Ihnen und Ihrer Familie alles Gute.
Mit freundlichen Grüßen
Korkmaz
Rechtsanwalt
Sehr geehrter Herr Korkmaz,
vielen Dank für Ihre schnelle und verständliche Antwort.
In unserem Kündigungsschreiben vom 25.5.2009 wurden auf unsere Eigeninteressen nach BGB §573 Abs. 2 detalliert hingewiesen.
Allerdings haben wir das Widerspruchsrecht nach § 573 nicht angeführt.
Die Mieter teilten uns schriftlich mit diese Entscheidung nochmals zu Überdenken, da sie ihren Wohnort bis August 2010 sowieso in eine andere Stadt verlegen möchten.
Meinerseits gab ich deutlich zu verstehen das wir nicht bis August 2010 warten können.
Bei unserem letzten Gespräch Anfang Sept. wurde uns mitgeteilt das der Arbeitsplatzwechsel nicht wie geplant stattfinden wird.
Meine Frage: Haben wir einen Formfehler bei der Kündigung gemacht, wenn ja wie könnenwir das nachträglich berichtigen
mfg
Da Sie der stillschweigenden Fortsetzung des Mietverhältnisses weiterhin widersprechen können, empfehle ich Ihnen zunächst bis zum Fristablauf abzuwarten, ob der Mieter auszieht.
Sollten Sie feststellen, dass er nicht ausziehen wird, widersprechen Sie bitte möglichst gleich und binnen der zwei Wochen Frist schriftlich per Boten oder per Einschreiben mit Rückschein. Achten Sie darauf, dass Ihr Widerspruch innerhalb der Frist dem Mieter zugegangen sein muss.
Ansonsten kann ich Ihren Angaben keine Formfehler entnehmen.
Mit freundlichen Grüßen
Korkmaz
Rechtsanwalt