Sehr geehrter Fragesteller,
zu Ihrer Anfrage nehme ich wie folgt Stellung:
1. Können Sie mich in diesem Fall vertreten und gegebenenfalls eine Klage gegen Amazon einreichen?
Ja, eine anwaltliche Vertretung in einem solchen Fall ist grundsätzlich möglich.
Die Durchsetzung Ihrer Ansprüche gegen Amazon kann sowohl außergerichtlich als auch gerichtlich erfolgen. Beachten Sie jedoch, dass die Abwicklung von Verkäuferkonten über Amazon Payments Europe SCA, Luxemburg, erfolgt. Eine Klage müsste daher in Luxemburg eingereicht werden, was mit erhöhtem Aufwand und Kosten verbunden ist.
2. Mit welchen Anwalts- und Prozesskosten müsste ich rechnen?
Nach luxemburgischem Recht muss der Verlierer dem Gewinner nicht automatisch alle Anwalts- und Gerichtskosten ersetzen. Das bedeutet, dass Sie im Falle einer Niederlage einen Teil der Kosten selbst tragen könnten.
Die genauen Kosten hängen vom Streitwert ab (hier mindestens 1.414 € plus etwaige weitere Schäden). Hinzu kommen Übersetzungskosten, Reisekosten und luxemburgische Anwaltsgebühren.
3. Wie schätzen Sie die Erfolgsaussichten in diesem Fall ein?
Ein Anspruch auf Auskehrung von Beträgen gegen Amazon nach § 812 BGB (ungerechtfertigte Bereicherung) kann bestehen, wenn Amazon ohne ausreichende Begründung Gelder oder Leistungen einbehält.
Da Sie eine schriftliche Bestätigung über die korrekte Anlieferung haben, stehen Ihre Chancen nicht schlecht, zumindest einen Teil der Kosten ersetzt zu bekommen. Allerdings ist die Rechtslage nicht abschließend geklärt, da es hierzu noch keine obergerichtliche Entscheidung gibt.
4. Da ich die Zusammenarbeit mit Amazon in Zukunft einstellen möchte, wäre es möglich, mein bereits in Ware investiertes Geld als Kompensation zurückzufordern?
Ein Rückforderungsanspruch besteht grundsätzlich nur, wenn Amazon die Annahme der Ware schuldhaft verweigert und Ihnen dadurch ein Schaden entstanden ist.
Sie müssten nachweisen, dass die Ware aufgrund des Verhaltens von Amazon nicht mehr verwertbar ist oder Ihnen ein konkreter Schaden entstanden ist.
5. Besteht die Möglichkeit, auch die bereits entstandenen Kosten (Zwischenlagerung, Transport etc.) sowie zukünftige Schäden gegenüber Amazon geltend zu machen?
Ja, sofern Sie nachweisen können, dass diese Kosten ursächlich durch das Verhalten von Amazon entstanden sind, können Sie diese als Schadensersatz geltend machen. Voraussetzung ist, dass Amazon eine Pflichtverletzung begangen hat.
6. Auf welcher rechtlichen Grundlage (z. B. AGB von Amazon, deutsches/Europäisches Vertrags- oder Handelsrecht) könnte ein Vorgehen am sinnvollsten aufgebaut werden?
Die rechtliche Grundlage ergibt sich aus dem zwischen Ihnen und Amazon bestehenden Vertragsverhältnis, ergänzt durch die AGB von Amazon sowie ggf. deutsches und europäisches Vertragsrecht. Bei internationalen Sachverhalten ist auch das UN-Kaufrecht (CISG) zu prüfen. Hinzuweisen ist insbesondere auf § 812 BGB (ungerechtfertigte Bereicherung) und das allgemeine Vertragsrecht.
7. Würden Sie empfehlen, zunächst außergerichtlich vorzugehen (z. B. mit einem anwaltlichen Schreiben oder über eine Schlichtungsstelle), oder ist eine Klage von Anfang an der richtige Weg?
Es wird empfohlen, zunächst außergerichtlich vorzugehen, z. B. durch ein anwaltliches Schreiben mit Fristsetzung. Auch die Beschwerdestelle von Amazon sollte eingeschaltet werden. Erst wenn dies erfolglos bleibt, ist eine Klage zu erwägen.
8. Hat es rechtliche Relevanz, dass mein Logistiker kein offizieller Amazon-Partner ist? Darf Amazon dies überhaupt als Ablehnungsgrund verwenden, wenn die Anlieferung nachweislich korrekt erstellt und bestätigt wurde?
Grundsätzlich ist entscheidend, ob die Anlieferung den vertraglichen und logistischen Vorgaben von Amazon entspricht. Wenn Sie eine schriftliche Bestätigung über die Korrektheit haben, dürfte die Partnerschaft des Logistikers keine rechtliche Relevanz haben, sofern keine explizite vertragliche Verpflichtung zur Nutzung eines Partner-Logistikers besteht.
9. Wäre eine Klage gegen Amazon Deutschland sinnvoll, oder müsste man gegen Amazon in Luxemburg/Irland vorgehen?
Für Verkäuferkonten ist Amazon Payments Europe SCA, Luxemburg, zuständig. Eine Klage müsste daher in Luxemburg eingereicht werden. Dies erschwert die Rechtsdurchsetzung und erhöht das Kostenrisiko.
10. Wie lange würde ein Verfahren voraussichtlich dauern, und welches Risiko bestünde, dass ich im Falle einer Niederlage die Prozesskosten tragen müsste?
Die Verfahrensdauer in Luxemburg kann mehrere Monate bis Jahre betragen, abhängig von der Komplexität des Falles. Das Kostenrisiko ist erhöht, da nach luxemburgischem Recht der Verlierer nicht automatisch alle Kosten des Gewinners trägt.
11. Gibt es neben einer Klage weitere mögliche Wege (z. B. Wettbewerbsrecht, Verbraucherschutz oder Handelskammern), um meine Ansprüche durchzusetzen?
Sie können sich an die übergeordnete Beschwerdestelle von Amazon wenden.
Darüber hinaus könnten Sie sich an eine Handelskammer oder ggf. an eine Schlichtungsstelle wenden.
Wettbewerbsrechtliche Ansprüche könnten geprüft werden, wenn Amazon systematisch Händler benachteiligt.
12.
Zusammenfassend:
- Ein außergerichtliches Vorgehen ist zu empfehlen.
- Die Erfolgsaussichten sind nicht schlecht, wenn Sie die Pflichtverletzung von Amazon nachweisen können.
- Das Kostenrisiko ist bei einer Klage in Luxemburg erhöht.
- Die Partnerschaft des Logistikers ist nur relevant, wenn dies vertraglich vorgeschrieben ist.
- Neben einer Klage gibt es außergerichtliche Beschwerde- und Schlichtungswege.
Mit freundlichen Grüßen
Gerhard Raab
Rechtsanwalt
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