Sehr geehrter Fragesteller,
Ihre Anfrage möchte ich wie folgt beantworten:
(1) Vorbemerkungen:
Das Markenrecht ist ein sog. subjektives Recht. Das bedeutet, dass der Markeninhaber ein subjektives Ausschließlichkeitsrecht an der Marke zusteht (vgl. § 14 Abs. 1 MarkenG
). So bestimmt § 14 Abs. 2 MarkenG
, dass es Dritten untersagt ist, ohne Zustimmung des Inhabers der Marke im geschäftlichen Verkehr zu benutzen. Grundsätzlich kann der Markeninhaber demnach jedem Dritten Eingriffe in sein Markenrecht verbieten. Folgerichtig ist es ausschließlich dem Markeninhaber überlassen, zu bestimmen, in welchem Umfang Dritte (auch Lizenznehmer) über die geschützte Marke verfügen dürfen.
Das Ausschließlichkeitsrecht von Marken ist EU-weit anerkannt. Mit der Einführung der sog. Gemeinschaftsmarke hat die EU sogar ein über die nationalen Grenzen hinausgehendes Markenrecht geschaffen, das sich auf das Gebiet der gesamten EU erstreckt und in allen Mitgliedstaaten unmittelbare Gültigkeit hat. Auch die Gemeinschaftsmarke gewährt ihrem Inhaber ein subjektives Ausschließlichkeitsrecht an der Marke (vgl. Art. 9 Abs. 1 GMV).
ABER: Das Ausschließlichkeitsrecht ist gemäß § 24 MarkenG
(sog. Erschöpfung) begrenzt. Danach hat der Markeninhaber nicht das Recht, einem Dritten zu untersagen, die Marke zu benutzen, die unter dieser Marke von dem Markeninhaber oder mit seiner Zustimmung bereits im Inland oder in der EU bzw. im europäischen Wirtschaftsraum in den Verkehr gebracht worden sind. Die Erschöpfungsregelung ist Ausfluss des von Ihnen angesprochenen freien Warenverkehrs (vgl. Ingerl/Rohnke, Markengesetz, Rn. 38).
(2) Zu Ihrer Frage:
Dass Sie als Einzelhändler die markengeschützten Produkte "überall wieder hinliefern" dürfen, ist darin begründet, dass das Ausschließlichkeitsrecht des Markeninhabers gemäß § 24 MarkenG
durch vorheriges "Inverkehrbringen" regelmäßig erschöpft ist. Ich vermute, dass es sich demgegenüber bei den von Ihnen erwähnten "Distributoren" um Vertriebsunternehmen handelt, die das "Inverkehrbringen" erst ermöglichen sollen und deren Alleinvertriebsrecht aus absatzpolitischen Gründen regional begrenzt ist. KONSEQUENZ: Sollte es sich bei den "Distributoren" um die vorgenannten Vertriebsunternehmen mit regionalen Vertriebsbeschränkungen handeln, wird der Bezug Ihrer Produkte von anderen Unternehmen aus dem EU-Ausland nicht möglich sein, ohne dass die Vertriebsunternehmen Markenrecht verletzen würden. Ihr wirtschaftliches Interesse, Ihre Bezugsquelle aussuchen zu können, tritt insoweit leider gegenüber den Interessen der Markeninhaber zurück. Eine Fall der sog. "künstlichen Abschottung", die eine Zustimmung des Markeninhabers entbehrlich machen würde, sehe ich vorliegend nicht.
(3) Fazit:
Ich kann Ihnen nur empfehlen, sich mit Ihren Beschwerden über die defizitären Lieferbedingungen (Lieferengpässe, Verspätungen etc.) an den Markeninhaber selbst zu wenden. Schließlich liegt es auch im Interesse des Markeninhabers, dass der Vertrieb reibungslos abläuft. Mitunter ist es möglich, dass die Vertriebsrechte auf Beschwerden vieler Einzelhändler hin ein anderes - zuverlässigeres - Unternehmen übertragen werden.
Ich hoffe, dass ich Ihnen mit den vorangegangenen Ausführungen vorab weiterhelfen konnte. Für Rückfragen stehe ich Ihnen - auch per E-Mail - gerne zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Iven
Rechtsanwalt
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