Sehr geehrter Fragesteller,
vielen Dank für Ihre Anfrage, die ich gerne auf Basis Ihres Einsatzes und des von Ihnen mitgeteilten Sachverhalts wie folgt beantworte:
Wie Sie sich sicherlich denken können, geht es hier um ein für den anwaltlichen Schlichter in Betracht kommendes Zeugnisverweigerungsrecht.
Für einen Mediator (ich gehe hier von einem derartigem Mediationsverfahren aus) besteht nur dann kein Zeugnisverweigerungsrecht nach § 383 Abs. 1 Nr. 6 ZPO
(Zivilprozessordnung), sofern er nicht zu den dort erfassten Personen (insbesondere: Rechtsanwalt) gehört.
Umgekehrt: Ein Anwalt als Schlichter hat ein Zeugnisverweigerungsrecht (vgl. Huber, Musielak, Kommentar zur ZPO, 8. Auflage 2011, § 383 Rdnr. 6).
Streitig ist das nach meiner ersten Prüfung nur bei nichtanwaltlichen Meditatoren.
Zum Zeugnisverweigerungsrecht:
Zur Verweigerung des Zeugnisses sind berechtigt u. a. Personen, denen kraft ihres Amtes, Standes oder Gewerbes Tatsachen anvertraut sind, deren Geheimhaltung durch ihre Natur oder durch gesetzliche Vorschrift geboten ist, in Betreff der Tatsachen, auf welche die Verpflichtung zur Verschwiegenheit sich bezieht.
Z. B. das Zeugnisverweigerungsrecht eines Notars bezieht sich auf den gesamten Inhalt der notariellen Verhandlung und alle ihm dort bekannt gewordenen Umstände, auch hinsichtlich eigener Erklärungen und Handlungen (z. B. seiner Änderungsvorschläge).
Nach meiner ersten vorläufigen Einschätzung ist dieses bei einem anwaltlichen Mediator genauso.
Die Schweigepflicht entfällt aber bei Entbindung nach § 385 Abs. 2 ZPO
.
Wurde der Zeuge von derjenigen Partei benannt, der gegenüber die Verschwiegenheitspflicht besteht, so beinhaltet das eine schlüssige Befreiungserklärung. Die ausdrückliche Entbindung von der Schweigepflicht erfolgt dem Zeugen, der Partei oder dem Gericht gegenüber.
Folgendes Problem wird sich aber hier bei stellen:
Hier besteht gegenüber beiden Parteien die Verschwiegenheitspflicht.
Die alles entscheidene Frage wäre, sofern nicht anderen Ausnahmen in Betracht kommen, die ich aber nach meiner ersten Einschätzung nicht erkennen kann, ob beide Parteien hier zustimmen.
Ich halte das jedenfalls in Bezug auf B für relativ ausgeschlossen, so dass sich dabei genau dieses Problem ergeben wird.
Nichtsdestotrotz ist eine über eine Erstberatung hinausgehende Prüfung meines Erachtens dringend erforderlich; ich stehe Ihnen bei Bedarf gerne diesbezüglich zur Verfügung - unter Anrechnung/Gutschrift einer hier gezahlten Erstberatung.
Denn nur so lassen sich alle relevanten Einzelfallumstände prüfen (ggf. andere Beweismittel etc.) und sich eine abschließende Einschätzung finden - vielen Dank für Ihr Verständnis.
Ich hoffe, Ihnen trotzdem schon weitergeholfen zu haben und wünsche Ihnen noch einen schönen Abend.
Antwort
vonRechtsanwalt Daniel Hesterberg
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Rechtsanwalt Daniel Hesterberg
Danke für Ihre schnelle Antwort.
Sie haben viel zum Zeugnisverweigerungsrecht geschrieben. Allerdings würde der Schlichter ja gerne zu Gunsten von A aussagen, da auch er der Meinung ist, daß B hier betrogen hat. D.h. er selbst möchte vom Zeugnisverweigerungsrecht gar keinen Gebrauch machen.
Meine Ausgangsfrage war deshalb, was er vor Gericht sagen darf - Insofern noch einmal die Nachfrage: nach der Schweigepflicht des Schlichters.
Wäre der Schlichter tatsächlich an die Schweigepflicht gebunden, würde dies die Aufklärung einer Straftat, die nach der Schlichtung stattfand erschweren - da die durch die Straftat geschaffenen Besitzverhältnisse anders sind, als ursprünglich dem Schlichter gegenüber vermittelt und dem Resultat der Schlichtung zugrunde gelegt.
Unterliegt der Schlichter in diesem Fall immer noch der Schweigepflicht?
Sehr geehrter Fragesteller,
Ihre Nachfrage beantworte ich gerne wie folgt:
Die Schweigepflicht ist wie gesagt nicht ausnahmslos einzuhalten, doch sind derartige Ausnahmen meistens nur dann gegeben, wenn der Anwalt in eigener Sache - zu seiner Verteidigung etwa - etwas offenbaren muss.
Der Rechtsanwalt muss, wenn ihm im Rahmen des Mandatsverhältnisses Tatsachen anvertraut werden, die das Vorhaben oder die Ausführung eines Mordes oder Totschlags, des Völkermords, eines erpresserischen Menschenraubes, einer Geiselnahme oder eines Angriffs auf den Luftverkehr durch eine
terroristische Vereinigung schließen lassen, seine Verschwiegenheitspflicht brechen und die ihm anvertrauten Tatsachen durch Anzeige den Behörden
mitteilen, § 138 StGB
(Nichtanzeige geplanter Straftaten).
Betrug und Urkundenfälschung zählen aber nicht zu den dort genannten Delikten.
Selbst wenn eine gesetzliche Ausnahmeregelung fehlt, kann sich aus dem Grundgedanken des rechtfertigenden Notstands (§ 34 StGB
) und aus dem
Grundsatz der Wahrnehmung berechtigter Interessen (§ 193 StGB
) für den Rechtsanwalt das Recht ergeben, die Verschwiegenheitspflicht zu verletzen.
Ob das hier der Fall ist, ist allerdings höchst fraglich.
Ich würde mich an Stelle des Anwalts an seine für ihn zuständige Rechtsanwaltskammer wenden.
Man kann und sollte hier nach § 387 ZPO
einen sogenannten Zwischenstreit über die Zeugnisverweigerung führen:
Über die Rechtmäßigkeit der Weigerung wird von dem Prozessgericht nach Anhörung der Parteien durch Zwischenentscheidung entschieden.
Ich hätte hier jedenfalls als Anwalt tiefgreifende Bedenken, auszusagen und würde dieses im Vorhinein gründlich und sorgfältig abklären, mit Hilfe der Rechtsanwaltskammer z. B.
Ich hoffe, Ihnen damit gedient zu haben.
Mit freundlichen Grüßen
Daniel Hesterberg
Rechtsanwalt
Sehr geehrter Fragesteller,
eines noch zu Ergänzung, was ich bisher nicht erwähnt habe:
Ein Verstoß gegen die Verschwiegenheitspflicht ist ggf. nach § 203 StGB
auch für den Anwalt strafbar, allenfalls kann man sich auf den gesetzlichen Notstand nach § 34 StGB
berufen, muss es aber nach Meinung Prüfung nicht.
Leider kann dieses im Rahmen einer ERSTberatung wirtschaftlich und aus Zeitgründen nicht eingehender beantwortet werden, ich bitte nochmals um Ihr geschätztes Verständnis.
Mit freundlichen Grüßen
Daniel Hesterberg
Rechtsanwalt