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Corona-Soforthilfe Rückzahlung bei Betriebsaufgabe, Antrag auf Erlass

13. Juni 2024 17:16 |
Preis: 75,00 € |

Verwaltungsrecht


Beantwortet von

Sehr geehrte Damen und Herren,

um Ihre wertvolle Zeit schonend in Anspruch zu nehmen, gehe ich direkt auf meine Frage ein.
Unterhalb der Frage werde ich den Kontext bereitstellen, damit wichtige Details dennoch zur Verfügung stehen, die möglicherweise eine wichtige Rolle bei der Beantwortung der Frage haben könnten. Auch wenn der Text lang aussieht, ist das meiste nur zitiert :)

Ich habe im November 2023 einen Antrag auf Erlass gestellt (Online über den QR-Code).
Zu diesem Zeitpunkt war der zuletzt verfügbare Einkommensteuerbescheid vom Jahr 2020.
Mit diesem Steuerbescheid kriege ich zu 100% einen Erlass, weil hier aufgrund von Verlustvorträgen das zu versteuernde Einkommen unterhalb von 10.000€ lag.
Im Januar 2024 habe ich dann die Einkommensteuerbescheide für 2021 und 2022 bekommen.
Im März 2024 bekam ich folgende E-Mail:

- Ergänzend zu dem vorliegenden Bescheid für das Jahr 2020 Ihr letzter verfügbarer Einkommensteuerbescheid aus dem Jahr 2021 oder 2022.
- Jahresbescheinigung der Krankenkasse für das Jahr 2022 über die Ausgaben des Antragstellers für private oder freiwillig gesetzliche Kranken und Pflegeversicherung

Daraufhin habe ich meine KV-Bescheinigung von 2022 zugesendet und darauf hingewiesen, dass der zuletzt verfügbare Einkommensteuerbescheid zum Antragsdatum der Bescheid von 2020 war.
Somit habe ich keinen weiteren Einkommensteuerbescheid mitgesendet.

Jetzt habe ich im Juni 2024 eine weitere Mail bekommen mit diesem Inhalt:

Der Einkommensteuerbescheid ist nicht ans Datum der Antragstellung geunden. Zur Prüfung Ihres Erlassantrags benötigen wir Ihren aktuellsen Einkommensteuerbescheid. eine nicht Einreichung der Unterlagen kann zu einer Ablehnung Ihres Antrags auf Erlass und somit zu deren Rückforderung führen.

Reichen Sie bitte folgende Unterlagen ein:

- Ihr letzter verfügbarer Einkommensteuerbescheid aus dem Jahr 2021, 2022 oder 2023

Faktisch gesehen habe ich rechtzeitig einen Antrag auf Erlass gestellt und würde mit dem Bescheid von 2020 einen Erlass bekommen. Aufgrund hoher Anträge, die eingegangen sind gibt es auf der Internetseite https://www.stmwi.bayern.de/foerderungen/soforthilfe-corona/ folgendes zu lesen:
"Wir möchten Sie darüber informieren, dass es aufgrund der Masse der gestellten Anträge zu Verzögerungen bei der Bearbeitung der Ratenzahlungs- und Erlassanträge kommt. Es kann daher noch einige Zeit dauern, bis der Bescheid erlassen werden kann. Mit Ihrem Antrag auf Ratenzahlung bzw. Erlass sind Sie Ihrer Verpflichtung zur Rückmeldung nachgekommen. Von Ihnen ist derzeit (außer etwas Geduld) nichts weiter veranlasst. Durch die zeitliche Verzögerung entstehen Ihnen keine Nachteile. Die erste Rate ist erst nach der Zustellung des Bescheides fällig. Das genaue Fälligkeitsdatum der ersten Rate und alle weiteren Zahlungsmodalitäten können Sie dem Bescheid entnehmen."

Durch die zeitliche Verzögerung bei der Bearbeitung droht mir nun aber ein Nachteil zu entstehen!
Jetzt wird aber noch ein weiterer Bescheid angefordert in der Hoffnung, dass man darüber den Erlassantrag ablehnen kann (was auch so kommen wird).

1. Wie ist das rechtlich zu beurteilen?
Wenn jemand bspw. Kindergeld für den letzten Monat beantragt, bei dem er Recht auf Kindergeld hätte wird das ja auch nicht abgelehnt, weil das Amt länger gebraucht hat und derjenige Stand jetzt aufgrund seines Alters nicht mehr Kindergeldberechtigt wäre?! Oder verstehe ich da was komplett falsch? Ist das nicht analog zu meinem Antrag der Fall? Gegebenheiten ändern sich und das ist normal, gibt es nicht deshalb ein sogenanntes Antragsdatum oder ist das ein Platzfüller?

2. Muss ich den Bescheid von 2022 noch einreichen oder bin ich all meinen Verpflichtungen bereits nachgekommen?
Muss ich also darauf antworten? "Darauf ankommen lassen" will ich es eben nicht, weil die mir den Antrag sicherlich sonst ablehnen werden. Klar steht der Klageweg offen aber ich will mir den ganzen Stress nicht geben wenn möglich.

3. Kann die Behörde sich darauf berufen, dass egal wann der Antrag gestellt wurde, aufgrund von fehlender Mitwirkung der Antrag abgelehnt wird?
Faktisch fehlt der Behörde nichts mehr an Unterlagen und sie wollen die neuen Bescheide - die ich erst 2 Monate nach dem Antrag erhalten habe - "ergänzend" anfordern.

4. Wie sollte ich auf die E-Mail antworten?
Mit welchem Paragraphen könnte ich vielleicht überzeugen, bevor das gerichtlich geklärt werden muss? Haben Sie eventuell einen Dreizeiler für mich?

Bei der Beantwortung der Fragen wäre es wünschenswert, wenn ich Paragraphen dazu genannt bekomme. Und bitte, keine Antworten, die man so oder so auslegen könnte. Ich brauche wirklich Klarheit.

Vielen Dank im Voraus!

Ab Hier nur noch KONTEXT:
Jedem ist bekannt, dass das ganze mal anders versprochen und kommuniziert wurde.
Ich habe meinen Antrag am 19.März 2020 gestellt, bei dem noch die Richtlinie vom 17.März 2020 (https://www.verkuendung-bayern.de/baymbl/2020-156/) greifen dürfte, welcher auch als Grundlage so in meinem Bewilligungsbescheid bezeichnet wird!
Diese Richtlinie wurde dann später mehrmals geändert.
In der Richtlinie, von der ich annehme, dass sie für mich gültig sein dürfte (wegen meinem Antragsdatum und dem Verweis darauf im Bewilligungsbescheid) steht nichts von einem 3-Monate Zeitraum, bei der ich wie in späteren Richtlinien angegeben, Einnahmen und Ausgaben verrechnen muss.
Auch im Bewilligungsbescheid vom 03.04.2020 steht nichts hiervon drin.
In Abs. 5 des Bewilligungsbescheid steht:

"... dass die gewährte Soforthilfe im
Falle einer Überkompensation des Liquiditätsengpasses (Entschädigungs-, Versiche-
rungsleistungen, andere Fördermaßnahmen) zurückzuzahlen ist. In diesem Fall ist die
gewährte Soforthilfe zu verzinsen."
Keines dieser Aufzählungen trifft bei mir zu.

Zudem habe ich das Gewerbe 1,5 Jahre nach der Soforthilfeauszahlung dann doch abgemeldet und studiere seitdem.
Bei dem Erlassantrag habe ich sicherheitshalber die 5.000€ als Überkompensation angegeben, weil ich zum einen keine falschen Angaben machen wollte und zum anderen nicht weiss, welche Regeln denn nun für meinen Fall gelten. (In meiner Richtlinie und in meinem Bescheid steht nichts von einem 3-Monate Zeitraum)

13. Juni 2024 | 20:53

Antwort

von


(3187)
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Sehr geehrter Fragesteller,

vielen Dank für Ihre Anfrage.

Basierend auf den von Ihnen geschilderten Informationen und den zitierten Dokumenten komme ich zu folgender rechtlichen Einschätzung:

1. Für die Beurteilung Ihres Erlassantrags ist grundsätzlich die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Antragstellung maßgeblich (vgl. § 51 Abs. 1 VwVfG). Wenn Sie den Antrag im November 2023 gestellt haben und zu diesem Zeitpunkt der Einkommensteuerbescheid 2020 der aktuellste war, muss dieser für die Entscheidung herangezogen werden.

Eine spätere Änderung der Verhältnisse darf nicht zu Ihrem Nachteil berücksichtigt werden. Insofern ist Ihr Vergleich mit dem Kindergeld zutreffend.

2. Sie sind Ihrer Mitwirkungspflicht durch Einreichung des Steuerbescheids 2020 und der KV-Bescheinigung 2022 bereits nachgekommen. Die Behörde darf nicht nachträglich weitere Unterlagen anfordern, die zum Zeitpunkt der Antragstellung noch gar nicht vorlagen (vgl. § 26 Abs. 2 VwVfG). Eine "ergänzende" Anforderung der Steuerbescheide 2021/2022 ist daher unzulässig.

3. Nein, die Behörde kann sich nicht auf fehlende Mitwirkung berufen, wenn Sie die bei Antragstellung erforderlichen Unterlagen vollständig eingereicht haben. Ein Nachfordern weiterer Bescheide verstößt gegen den Grundsatz der Sachverhaltsermittlung zum Zeitpunkt der Antragstellung (§ 24 Abs. 1 VwVfG).

4. In Ihrer Antwort an die Behörde sollten Sie sich auf § 51 Abs. 1 VwVfG berufen, wonach für die Entscheidung die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Antragstellung maßgebend ist.

Mein Vorschlag für eine Antwort:
" für die Entscheidung über meinen Erlassantrag vom November 2023 ist nach § 51 Abs. 1 VwVfG die Sach- und Rechtslage zu diesem Zeitpunkt maßgeblich. Mit Einreichung des Steuerbescheids 2020 bin ich meiner Mitwirkungspflicht nach § 26 Abs. 2 VwVfG vollständig nachgekommen. Die nachträgliche Anforderung weiterer Bescheide ist daher unzulässig. Ich bitte um Entscheidung auf Basis der vorliegenden Unterlagen."

Bitte beachten Sie, dass dieses nur eine erste Einschätzung der Sach- und Rechtslage ist, ohne abschließenden Charakter.

Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.

Mit freundlichen Grüßen


Rechtsanwalt Daniel Hesterberg

Rückfrage vom Fragesteller 13. Juni 2024 | 22:58

Sehr geehrter Herr Hesterberg,

auf Ihre Antwort kann ich nur sagen, dass ich das Gefühl habe, im Voraus zu wenig gedankt zu haben. Ein großes Dankeschön nochmal an dieser Stelle!

Diese abschließenden -bewusst kritisch gestellten- Fragen hätte ich in Bezug auf Ihre Antwort, um sicher zu gehen, dass ich das auch richtig verstanden habe:

1. Sie verweisen auf (§26 Abs. 2 VwVfG), welcher besagt, dass die Beteiligten bei der Ermittlung des Sachverhalts mitwirken und ihnen bekannte Tatsachen und Beweismittel angeben sollen.
In Abs. 1 steht auch, dass die Behörde sich an jedem Beweismittel bedienen kann. Sie kann insbesondere Auskünfte jeder Art einholen (1.1) sowie Urkunden und Akten beziehen (1.2).
Bin ich demnach trotzdem nicht mehr verpflichtet, hier mitzuwirken, weil die Behörde hier Urkunden anfordert, die über den Zustand hinausgehen, der zum Antragszeitpunkt existierte?
Bezieht sich also der Gesetzestext auf alles, was ausschließlich bis zum Antragsdatum existiert hat?

2. Bezüglich des (§24 Abs. 1 VwVfG) wird gesagt, dass die Behörde die Art und den Umfang der Ermittlungen bestimmt. Wenn ich Ihre Antwort richtig verstehe bedeutet das aber trotzdem nicht, dass die Behörde den Umfang der Ermittlung über den Antragszeitpunkt hinaus erweitern kann und somit -obwohl sie die Art und den Umfang der Ermittlungen bestimmen kann- von mir keine weiteren Unterlagen einfordern kann, die es zum Antragszeitpunkt nicht gegeben hätte, ist das richtig?

Wenn ich das alles richtig verstanden habe, darf die Behörde also insgesamt auch keine Steuerbescheide zur Prüfung des Antrags als Grundlage nutzen, die zum Antragszeitpunkt nicht existiert hätten. Auch wenn Sie diese nicht von mir bekommen, sondern auch auf dem Wege der Amtshilfe, bspw. durch eine Anfrage beim zuständigen Finanzamt erhalten würden.

3. Finden all diese Gesetze trotzdem Anwendung, auch wenn auf der Internetseite des Bayerischen Staatsministeriums folgendes gesagt wird (insbesondere: es besteht kein Rechtsanspruch):
-7.1.1 Was sind die rechtlichen Voraussetzungen?
Die Voraussetzungen des Erlasses sind in Art. 59 Abs. 1 Nr. 3 BayHO und den dazugehörigen Verwaltungsvorschriften (VV zu Art. 59 BayHO) geregelt.
-7.1.3 Habe ich, wenn ich die Eckpunkte erfülle, einen Anspruch auf Erlass?
Nein. Beim Erlass handelt es sich immer um eine Einzelfallprüfung ohne Rechtsanspruch.

Ich danke Ihnen nochmals für Ihre professionelle Beratung.
Das gibt 6 von 5 Sternen!

Antwort auf die Rückfrage vom Anwalt 13. Juni 2024 | 23:10

Sehr geehrter Fragesteller,

es freut mich zunächst, dass ich Ihnen weiterhelfen konnte.

Ich antworte Ihnen gerne wie folgt:

1.
Ja, genau, richtig, darauf können Sie sich berufen.

2.
Korrekt, hier ist es derart wie von Ihnen geschildert.

3.
Gut, ein Erlass muss immer gesondert nach Ermessen der Behörde geprüft werden.
Das ist eine andere Thematik.

Ich hoffe, Ihnen damit weitergeholfen zu haben und wünsche Ihnen noch einen schönen Abend.

Mit freundlichen Grüßen Daniel Hesterberg Rechtsanwalt

ANTWORT VON

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