Guten Abend,
bezüglich Ihrer Situation und den Fragen zur Nutzung des Dienstwagens im Rahmen des Betriebsübergangs möchte ich Ihnen die folgende Einschätzung geben:
Dienstwagen und Betriebsübergang
Nach § 613a BGB tritt Ihr neuer Arbeitgeber in die Rechte und Pflichten aus den bestehenden Arbeitsverhältnissen ein, was grundsätzlich auch Zusatzleistungen wie einen Dienstwagen umfasst, sofern diese fest etabliert sind. Hier scheint die private Nutzung des Dienstwagens und die Anwendung der 1%-Regelung darauf hinzudeuten, dass konkludent ein Vertrag über die private Nutzung des Fahrzeugs zwischen Ihnen und Ihrem alten Arbeitgeber bestand. Dies könnte als Teil Ihrer vertraglichen Vereinbarung gesehen werden, was normalerweise im Rahmen des Betriebsübergangs übergehen sollte. Damit wäre die Diskussion bereits hinfällig.
Betriebliche Übung
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist eine betriebliche Übung die regelmäßige Wiederholung bestimmter Verhaltensweisen des Arbeitgebers, aus denen der oder die Arbeitnehmer schließen können, ihm oder ihnen solle eine Leistung oder eine Vergünstigung auf Dauer eingeräumt werden. Für das Entstehen eines solchen Anspruchs kommt es auf den Verpflichtungswillen des Arbeitgebers nicht an. Maßgeblich ist, ob der oder die Arbeitnehmer aus dem Erklärungsverhalten des Arbeitgebers unter Berücksichtigung von Treu und Glauben sowie aller Begleitumstände auf einen entsprechenden Bindungswillen schließen durften und das entsprechende Vertragsangebot stillschweigend annehmen konnten. Eine betriebliche Übung erfordert danach eine bestimmte Verhaltensweise des Arbeitgebers, die den Schluss darauf erlaubt, dass er sich vertraglich auf Dauer entsprechend binden will (ständige Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, z. B. Urteil vom 7. November 2002 - BAG Aktenzeichen 2AZR74200 2 AZR 742/00-).
Die Notwendigkeit, sich auf eine betriebliche Übung zu berufen, könnte in ihrem Fall weniger relevant sein, da bereits eine vertragliche Grundlage für die Nutzung des Dienstwagens besteht. Betriebliche Übung würde hauptsächlich dann eine Rolle spielen, wenn regelmäßige Leistungen vom Arbeitgeber erbracht werden, die nicht explizit im Arbeitsvertrag geregelt sind, jedoch über einen längeren Zeitraum (typischerweise drei Jahre) gewährt wurden. In Ihrem Fall ist die Situation dadurch gekennzeichnet, dass die Nutzung des Fahrzeugs und die entsprechende steuerliche Behandlung bereits fest etablierte Bestandteile Ihres Vertrags geworden sind, da sich die Versteuerung ja auf den Gehaltsabrechnungen findet. Ich würde daher den Fokus auf vertragliche Ansprüche legen und die betriebliche Übung als Rückfallebene vorhalten.
Steuerliche Behandlung
Bitte beachten Sie an dieser Stelle, dass wir als Anwälte keine Steuerberater sind. Ich rate Ihnen daher dazu, dass Sie im Zweifel bitte unbedingt einen Steuerberater konsultieren!
Bezüglich der steuerlichen Behandlung der privaten Nutzung des Dienstwagens ist zu klären, dass es keine gesetzliche Pflicht gibt, dass der Dienstwagen zu mindestens 50% betrieblich genutzt werden muss, zumindest solange Sie "lediglich" einfacher Arbeitnehmer sind und in dem Fahrzug keine verdeckte Gewinnausschüttung (Gesellschafter etc.) zu erkennen sein kann. Die 1%-Regelung, die Sie anwenden, ist eine gängige Methode zur Pauschalversteuerung des geldwerten Vorteils der privaten Nutzung und wird unabhängig vom Umfang der privaten Nutzung angewendet.
Strategie und Empfehlung
Angesichts der Tatsache, dass Ihr neuer Arbeitgeber den Wegfall des Dienstwagens anstrebt und mögliche steuerliche Komplikationen anführt, wäre eine Verhandlung über eine angemessene Kompensationszahlung eine pragmatische Lösung. Dies würde Ihnen ermöglichen, einen offenen Konflikt zu vermeiden, der sowohl arbeitsrechtlich als auch steuerlich für Sie nachteilig sein könnte.
Fazit
Sie sollten weiterhin dokumentieren, dass die private Nutzung des Dienstwagens und dessen steuerliche Behandlung Teil Ihrer vertraglichen Vereinbarungen waren, was Ihre Position stärken könnte
Gerne können wir natürlich auch für Sie gegenüber dem Arbeitgeber auftreten und versuchen, eine gedeihliche Lösung für die Zukunft zu finden. Treten Sie gerne mit uns in Kontakt.
Beste Grüße
Jan Gregor Steenberg, LL.M.
Rechtsanwalt
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Antwort
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Rechtsanwalt Jan Gregor Steenberg, LL.M.
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Hallo Herr Steenberg,
Vielen Dank für ihre ausführliche Antwort, was versteht man unter einer angemessenen Kompensationszahlung?
Die 1% die man versteuert als Brutto oben drauf, damit wenigstens der Brutto Lohn gleich bleibt oder der tatsächliche persönliche Gewinn den ein Firmenwagen mit sich bringt?
Mit freundlichen Grüßen
Guten Abend,
dies ist wirklich eine reine Verhandlungssache und schlussendlich auch vom Wert des Fahrzeugs abhängig.
Am Ende ist ein Dienstwagen eine Möglichkeit die Arbeitgeberattraktivität zu steigern (in Ihrem Fall wohl nahezu 100%). Bei der aktuellen Lage am Arbeitsmarkt sollte der Arbeitgeber eigentlich ein Interesse daran haben, Sie in dem Bertrieb zu halten. Daher würde ich an Ihrer Stelle keine Zahl nennen. Ich würde ein offenes Gespräch mit dem Arbeitgeber forcieren und darlegen, dass Sie seine Sich zwar verstehen, jedoch naturgemäß auch darauf vertraut haben, dass der Wagen bestehen bleibt (bei einer 1%-Versteuerung). Der Arbeitgeber soll dann darlegen, was er Ihnen anbieten möchte. Ansonsten müsste man aber auch ehrlich überlegen, ob dies noch der richtige Arbeitgeber ist. Gehen Sie dann doch einfach in einen Rechtsstreit und bestehen Sie auf der Überlassung als Gehaltsbestandteil. Im Zweifel kommt es zu einem Prozess, in welchem dann eben auch über eine Beendigung des Arbeitsverhätnisses gesprochen wird.
Beste Grüße
Jan Gregor Steenberg