Sehr geehrter Fragesteller,
aufgrund Ihrer Sachverhaltsinformationen kann ich Ihnen Folgendes summarisch mitteilen:
1. Infolge einer Beschlagnahme Ihres Servers kann es durchaus zu Schadensersatzansprüchen daran Beteiligter kommen. Das hängt zum einen von der vertraglichen Regelung mit den möglichen Beteiligten ab, z.B. ob darin verschuldensunabhängige Haftungen vorgesehen sind, zum anderen davon, ob Sie die Beschlagnahme und deren Wirkungen zu vertreten haben, z.B. durch das Setzen eines Grundes für die Beschlagnahme. Näheres muss immer im Einzelfall geprüft werden.
2. Wenn Sie ohne Verschulden von einer Beschlagnahme betroffen sind, haben Sie Entschädigungsansprüche, evtl. sogar Amtshaftungsansprüche (z.B. soweit die Beschlagnahme zu weit geht) gegen die Polizei bzw. das betreffende Land. Sofern Dritte die Beschlagnahme adäquat und schuldhaft (fahrlässig, vorsätzlich) verursacht haben, stehen Ihnen gegen diese Personen i.d.R. Schadensersatzansprüche zu. Entsprechendes gilt für den Housing provider.
3. Um Schadensersatzansprüche durchzusetzen, müssen Sie folgende Voraussetzungen darlegen und beweisen können: die Rechts- o. Pflichtverletzung des Schädigers, eine evtl. vertragliche Bindung zum Schädiger (natürlich nur soweit Sie besteht), die Schuld des Schädigers sowie einen Ihnen durch die Pflichtverletzung entstandenen Schaden. Die Probleme hier sind so vielfältig, dass eine Verallgemeinerung ausscheidet. Wann immer Sie von einem Schadensersatzanspruch ausgehen, muss wohl ein Rechtsanwalt die Voraussetzungen genau prüfen.
4. Wenn sich die Vorwürfe im Zusammenhang einer Beschlagnahme als unbegründet herausstellen und nicht Sie, sondern ein Kunde Ursache für die Beschlagnahme war, stehen Ihnen im Regelfall Entschädigungs- oder Schadensersatzansprüche gegen das Bundesland (als Träger der Polizei) zu.
5. Eine Beschlagnahme ist - soweit der Fall entsprechend gelagert ist - auch auf Infrastruktur Dritter ausdehnbar. Es kann alles beschlagnahmt werden, was dem polizeilichen bzw. strafverfolgenden Zweck dient, ohne Ansehung von Eigentumsgrenzen.
6. Der Betreiber der CoLo ist aus vertraglichen Fürsorgepflichten heraus verpflichtet, die Polizei über evtl. entlastende Momente eines Vertragspartners zu informieren, also z.B. auch, dass es sich um einen fremden Server handelt. Unterlässt er dies, ist die Beschlagnahme zwar möglicherweise rechtmäßig, allerdings stehen Ihnen dann gegen den Betreiber Schadensersatzansprüche zu.
7. Wollen Sie gegen die Beschlagnahme vorgehen, so müssen Sie sich gegen die entsprechende polizeiliche Maßnahme mit verwaltungsgerichtlichen oder strafprozessualen Mitteln (je nach Beschlagnahmezweck) wenden. Dies kann im Wege einstweiligen Rechtsschutzes durchaus zügig (wenige Tage)verlaufen. Eine Pauschalisierung verbietet sich aber, da dies zu sehr vom Einzelfall abhängt.
8. Führt die Beschlagnahme zu existenzbedrohenden Ausmaßen für Ihr Unternehmen, so hat dies sicherlich Auswirkungen auf den Abwägungshorizont der Polizei. Denn diese ist bei allem ihrem Tun an die Verhältismäßigkeit von Mittel und Zweck gebunden. Zum einen kann das dazu führen, dass die Beschlagnahme letztlich unterbleiben muss, zum anderen kann es dazu führen, dass dies bei der späteren Durchsetzung Ihrer Entschädigungsansprüche berücksichtigt wird.
9. Prinzipiell kann die Polizei o. Staatsanwaltschaft innerhalb Ihrer gesetzlichen Ermächtigung und Ihres Ausforschungsauftrages auf jedes und alles zugreifen, somit auch auf einen Rootserver, egal über welches Rechtsverhältnis dieser genutzt wird.
10. Wie Sie sehen bleiben die Antworten notgedrungen sehr allgemein. Für jede Ihrer Fragen könnte man ein anwaltliches Gutachten mit 50+ Seiten erstellen, zuviele Konstellationen sind denkbar. Es gibt für Sie daher zwei prinzipielle Wege, konkretere Antworten zu erhalten: a) Sie wollen im Vorhinein verschiedene Konstellationen durchspielen, um bestens gewappnet zu sein. Dann würde ich Ihnen raten, für bestimmte typische Fallkonstellationen ein Gutachten bei einem Rechtsanwalt o. sonstigen Juristen anzufordern; b) besser noch wäre, den entsprechenden Einzelfall (Beschlagnahme) abzuwarten und rechtzeitig einen Anwalt einzuschalten (was schon vorher abgesprochen sein sollte). Dieser wird dann nicht nur die notwendigen Schritte sofort einleiten können, sondern kann auch im jeweiligen Einzelfall genau prüfen, welche Möglichkeit für Sie am besten ist. Sollten Sie Hinweise auf eine bevorstehende Beschlagnahme haben oder auf Tatsachen, die zu einer Beschlagnahme führen könnten, sollten Sie den Anwalt natürlich sofort hinzuziehen. Wichtig wäre also, sich schon jetzt mit einem Anwalt vor Ort in Verbindung zu setzen, um zu verhindern, dass erst "nachdem das Kind in den Brunnen gefallen ist" ein Anwalt bestellt wird, der sich in die Materie dann neu einarbeiten muss.
Ich hoffe, ich konnte Ihnen damit einen ersten Eindruck vermitteln.
Gern kann ich Ihnen bei Interesse behilflich sein; wenden Sie sich in diesem Fall per E-Mail an mich.
Mit freundlichen Grüßen
Schneider
Rechtsanwalt
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