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BAföG: Falsche Einstufung als Studienabschlusshilfe trotz Kind (§ 15 Abs. 3 Nr. 5)

10. Oktober 2025 12:26 |
Preis: 51,00 € |

Sozialrecht


Beantwortet von


15:15

Sehr geehrte Damen und Herren,

ich bitte um eine rechtliche Einschätzung zu einem möglichen fehlerhaften BAföG-Bescheid und der Möglichkeit eines Überprüfungsantrags nach § 44 SGB X.

Sachverhalt:
Ich studiere an einer Hochschule in Braunschweig und erhalte seit mehreren Jahren BAföG.
Meine Förderungshöchstdauer endete im März 2024.

Im Mai 2024 habe ich beim BAföG-Amt (Studentenwerk OstNiedersachsen) eine schriftliche Erklärung zur Kindererziehung eingereicht,
da ich einen Sohn habe, der damals fünf Jahre alt war.

Daraufhin erhielt ich mit Bescheid vom 19.06.2024 weiterhin reguläres BAföG bis September 2024.

Ab Oktober 2024 wurde mir dann nach einem Folgeantrag die Förderung nur noch als Darlehen bewilligt
(Zuschuss 160 €, Darlehen 1.086 € monatlich).

Im Bescheid steht kein Hinweis auf § 15 Abs. 3a BAföG oder auf „Studienabschlusshilfe" –
lediglich in der Berechnungstabelle steht der Darlehensbetrag.

Ich habe nie einen Antrag auf Studienabschlusshilfe gestellt,
sondern lediglich – wie in den Vorsemestern – eine Prognosebescheinigung eingereicht,
um meinen Studienfortschritt nachzuweisen.

Die Sachbearbeitung oder das System scheint dies automatisch als Antrag auf Studienabschlusshilfe gewertet zu haben.

Ich gehe davon aus, dass ich weiterhin nach § 15 Abs. 3 Nr. 5 BAföG (Kindererziehung) förderberechtigt bin, da mein Sohn im April 2025 sechs Jahre alt geworden ist und somit noch ein Verlängerungsanspruch von sechs Semestern besteht.

Das BAföG-Amt begründet die Einstellung der Förderung nun damit,
dass ich „bereits Studienabschlusshilfe erhalten habe" – was meiner Ansicht nach rechtswidrig ist,
da ich weder einen Antrag gestellt noch über die Umstellung informiert wurde.

Meine Fragen:

1. War die automatische Umstellung auf Studienabschlusshilfe ohne Antrag und ohne Hinweis im Bescheid rechtmäßig?

2. Kann ich den Bescheid trotz abgelaufener Widerspruchsfrist durch einen Überprüfungsantrag nach § 44 SGB X anfechten?

3. Reicht die Tatsache, dass der Bescheid keine ausdrückliche Rechtsgrundlage (§ 15 Abs. 3a BAföG) nennt, als Argument dafür, dass ich keine Kenntnis vom Förderwechsel hatte?

4. Besteht in meinem Fall nach wie vor ein Verlängerungsanspruch nach § 15 Abs. 3 Nr. 5 BAföG wegen Kindererziehung?

Ich bitte um eine kurze rechtliche Einschätzung und ggf. Handlungsempfehlung
(insbesondere zur Begründung eines Überprüfungsantrags).

Ich bitte um eine Antwort innerhalb von 24 Stunden, da ich am Montag einen Termin beim BAföG-Amt habe.

Vielen Dank im Voraus!


Freundliche Grüße
M. B.

10. Oktober 2025 | 13:42

Antwort

von


(477)
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Sehr geehrter Fragesteller,

Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegebenen Informationen verbindlich wie folgt beantworten:

Nach Ihrer Schilderung spricht vieles dafür, dass der BAföG-Bescheid vom 19.06.2024 fehlerhaft ist und im Wege eines Überprüfungsantrags nach § 44 SGB X korrigiert werden kann.

Die automatische Umstellung auf eine reine Darlehensförderung („Studienabschlusshilfe") ohne ausdrücklichen Antrag und ohne entsprechenden Hinweis im Bescheid war rechtlich nicht zulässig. Nach § 15 Abs. 3a BAföG setzt die Gewährung der Studienabschlusshilfe voraus, dass die Förderungshöchstdauer bereits überschritten ist und der Auszubildende die Ausbildung innerhalb eines Jahres abschließen kann. Dies erfolgt auf gesonderten Antrag. Wird ein solcher Antrag nicht gestellt, darf die Behörde eine laufende Förderung nicht automatisch umstellen. Entscheidend ist, dass die Studienabschlusshilfe in der Regel als reines Bankdarlehen nach § 18c BAföG gewährt wird und damit eine völlig andere Rechtsgrundlage und Rückzahlungsverpflichtung besteht. Ohne Hinweis auf diese Änderung und ohne Beteiligung des Betroffenen liegt ein Verstoß gegen das Gebot des rechtlichen Gehörs (§ 24 SGB X) sowie gegen das Transparenzgebot vor.

Da Sie stattdessen eine Erklärung zur Kindererziehung abgegeben hatten, kommt vielmehr eine Verlängerung der Förderungshöchstdauer nach § 15 Abs. 3 Nr. 5 BAföG in Betracht. Diese Vorschrift sieht ausdrücklich vor, dass sich die Förderungshöchstdauer um bis zu sechs Semester verlängert, wenn der Auszubildende ein Kind unter 14 Jahren betreut. Ihr Sohn war zum Zeitpunkt der Antragstellung fünf Jahre alt, sodass der Tatbestand erfüllt ist. In solchen Fällen wird die Förderung weiter als Zuschuss und Darlehen gewährt, nicht als reine Abschlusshilfe.

Zu Ihren einzelnen Fragen:

1. Rechtmäßigkeit der Umstellung:
Nein. Eine automatische Umstellung ohne Antrag und ohne Rechtsgrundlagenhinweis im Bescheid ist rechtswidrig. Die Behörde hätte Sie vor Erlass des Bescheids darauf hinweisen und Ihnen Gelegenheit zur Stellungnahme geben müssen (§ 24 SGB X).

2. Überprüfungsantrag (§ 44 SGB X):
Da die Widerspruchsfrist abgelaufen ist, können Sie die Rechtswidrigkeit mittels Überprüfungsantrag geltend machen. Der Antrag ist schriftlich beim zuständigen Amt zu stellen und sollte ausdrücklich auf § 44 SGB X gestützt werden. Eine Rücknahme des fehlerhaften Verwaltungsakts ist auch rückwirkend möglich, da der Bescheid rechtswidrig war und Sie dadurch beschwert sind.

3. Fehlende Rechtsgrundlage im Bescheid:
Das Fehlen einer ausdrücklichen Nennung von § 15 Abs. 3a BAföG spricht deutlich dafür, dass Sie keine Kenntnis vom Förderwechsel hatten. Dies stützt Ihre Argumentation, dass der Bescheid nicht hinreichend bestimmt (§ 33 SGB X) und damit rechtswidrig war.

4. Verlängerungsanspruch (§ 15 Abs. 3 Nr. 5 BAföG):
Ja, der Anspruch besteht fort. Solange Sie ein Kind unter 14 Jahren betreuen, kann die Förderungshöchstdauer verlängert werden. Eine Begrenzung auf nur ein Semester oder eine Abschlusshilfe ist gesetzlich nicht vorgesehen, solange die tatsächliche Betreuung besteht.

Empfehlung:
Stellen Sie umgehend einen Überprüfungsantrag nach § 44 SGB X, mit dem Sie die Aufhebung des Bescheids vom 19.06.2024 sowie aller darauf aufbauenden Folgeentscheidungen beantragen. Begründen Sie, dass

– kein Antrag auf Studienabschlusshilfe gestellt wurde,
– der Bescheid keine ausreichende Rechtsgrundlage nennt,
– die Behörde Ihre Erklärung zur Kindererziehung nach § 15 Abs. 3 Nr. 5 BAföG hätte werten müssen,
– und Ihnen dadurch ein rechtswidriger Nachteil entstanden ist (Reduzierung auf Darlehen).

Sie können ergänzend beantragen, die Förderung rückwirkend als Zuschuss/Darlehen im Rahmen des verlängerten Förderungszeitraums zu gewähren.

Für das Gespräch beim Amt sollten Sie diese Argumentation kurz vorbereiten und eine Kopie des § 15 Abs. 3 Nr. 5 BAföG beifügen. Sollte das Amt den Antrag ablehnen, wäre eine Klage vor dem Verwaltungsgericht erfolgversprechend, da ein eindeutiger Verstoß gegen Verfahrens- und Begründungspflichten vorliegt.

Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.

Mit freundlichen Grüßen

El-Zaatari
Rechtsanwalt


Rechtsanwalt Mohamed El-Zaatari

Rückfrage vom Fragesteller 10. Oktober 2025 | 14:45

Sehr geehrter Herr El-Zaatari,

vielen Dank für Ihre ausführliche und hilfreiche Einschätzung.
Eine kurze Nachfrage habe ich noch zur zeitlichen Einordnung der Bescheide:

Der Bescheid vom 19.06.2024 bewilligte die Förderung für den Zeitraum 04/2024–09/2024 noch als Zuschuss, also offenbar korrekt.
Erst der folgende Bescheid vom 30.10.2024 enthält ausschließlich Darlehensanteile
und dürfte daher der fehlerhafte sein.

Ändert das etwas an Ihrer rechtlichen Einschätzung —
also sollte sich mein Überprüfungsantrag konkret gegen den Bescheid vom 30.10.2024 richten (und ggf. Folgeentscheidungen),
nicht gegen den vom 19.06.2024?

Außerdem:
Im Mai 2024 hatte ich die „Schriftliche Erklärung zur Einschränkung durch Kindererziehung" auf Forderung der Bafög-Amtes eingereicht, die im Bescheid vom 19.06.2024 offenbar auch berücksichtigt wurde.
Musste ich für den Folgeantrag ab Oktober 2024 diese Erklärung erneut einreichen,
oder war die einmalige Vorlage ausreichend, um den Verlängerungstatbestand nach § 15 Abs. 3 Nr. 5 BAföG fortwirken zu lassen?

Vielen Dank für Ihre Rückmeldung!

Mit freundlichen Grüßen
Marius Beine

Antwort auf die Rückfrage vom Anwalt 10. Oktober 2025 | 15:15

Ihre ergänzenden Angaben bestätigen die bisherige Einschätzung, präzisieren aber den Anknüpfungspunkt für den Überprüfungsantrag. Maßgeblich fehlerhaft ist nicht der Bescheid vom 19.06.2024, sondern der Folgebescheid vom 30.10.2024, da erst dort eine unzulässige Umstellung auf eine reine Darlehensförderung erfolgt ist. Der Überprüfungsantrag nach § 44 SGB X sollte sich daher ausdrücklich gegen den Bescheid vom 30.10.2024 richten, einschließlich etwaiger späterer Änderungs- oder Folgebescheide, die auf dieser falschen Rechtsgrundlage beruhen. Der frühere Bescheid vom Juni 2024 war ordnungsgemäß, da er die Verlängerung wegen Kindererziehung offenbar bereits anerkannte.

Zur zweiten Frage: Die von Ihnen im Mai 2024 eingereichte „Erklärung zur Einschränkung durch Kindererziehung" genügte grundsätzlich, um den Verlängerungstatbestand nach § 15 Abs. 3 Nr. 5 BAföG auszulösen. Es handelt sich um einen fortwirkenden Tatbestand, solange sich die tatsächlichen Verhältnisse (Betreuung eines Kindes unter 14 Jahren) nicht ändern. Eine erneute Vorlage im Folgeantrag ist rechtlich nicht erforderlich, sofern keine wesentliche Änderung eingetreten ist. In der Praxis verlangen einige Ämter zwar routinemäßig eine Aktualisierung der Angaben, die materielle Wirkung der Verlängerung bleibt aber auch ohne erneute Einreichung bestehen.

Das BAföG-Amt hätte also die Verlängerung aus dem vorangegangenen Bewilligungszeitraum übernehmen müssen. Dass stattdessen eine Umstellung auf „Studienabschlusshilfe" erfolgte, obwohl die Voraussetzungen (§ 15 Abs. 3a BAföG, gesonderter Antrag, Abschluss binnen Jahresfrist) nicht gegeben waren, spricht deutlich für einen Verfahrensfehler.

Sie sollten daher im Überprüfungsantrag ausführen,
– dass der Bescheid vom 30.10.2024 ohne Antrag auf Studienabschlusshilfe erging,
– dass die bereits anerkannte Verlängerung nach § 15 Abs. 3 Nr. 5 BAföG fortwirkte,
– und dass die Behörde die Fortgeltung Ihrer Kindererziehungszeiten zu Unrecht unberücksichtigt ließ.

Damit bleibt die bisherige rechtliche Einschätzung inhaltlich unverändert, lediglich der anzufechtende Bescheid verschiebt sich auf den 30.10.2024.

Mit freundlichen Grüßen

El-Zaatari
Rechtsanwalt

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