Sehr geehrter Fragesteller,
Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegebenen Informationen verbindlich wie folgt beantworten:
Der von Ihnen geschilderte Komplex
"Eine ca. 300 Jahre alte Eiche auf meinem Grundstück am Ende des besagten Weges wurde in meiner Abwesenheit ohne mein Wissen und selbstredend ohne meine Erlaubnis gefällt. Von weiteren Eichen wurden dicke Äste abgesägt, mehrere hohe sehr alte Fliederbüsche gestutzt und der Weg am Ende (also direkt an der Grenze zum Nachbarn) von 4 Meter auf 8 Meter verbreitert. Ein Gartenschuppen mit Betonfundament wurde nicht nur auf sondern sogar über die Grenze gebaut, obwohl nicht einmal eine Baulasteintragung besteht"
sehe ich als unrechtmäßig erfolgt an, denn das hat ja nichts mit dem reinen Wegerecht oder einem sonstigen Nutzungsrecht zugunsten Ihres Nachbarn zu tun.
Ein Bauvorhaben müsste erst einmal initiiert werden, was Ihren Nachbarn betrifft und das ist es schließlich noch nicht. In der Tat gilt zu Ihren Gunsten:
Das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) schreibt nämlich in
§ 1023, Verlegung der Ausübung, vor:
"(1) Beschränkt sich die jeweilige Ausübung einer Grunddienstbarkeit auf einen Teil des belasteten Grundstücks, so kann der Eigentümer die Verlegung der Ausübung auf eine andere, für den Berechtigten ebenso geeignete Stelle verlangen, wenn die Ausübung an der bisherigen Stelle für ihn besonders beschwerlich ist; die Kosten der Verlegung hat er zu tragen und vorzuschießen. Dies gilt auch dann, wenn der Teil des Grundstücks, auf den sich die Ausübung beschränkt, durch Rechtsgeschäft bestimmt ist.
(2) Das Recht auf die Verlegung kann nicht durch Rechtsgeschäft ausgeschlossen oder beschränkt werden."
Es gibt hier jetzt eine Reihe von Fällen, die gleichermaßen oder sehr ähnlich rechtlich gehandhabt werden, also man die oben genannte Vorschrift analog, also entsprechend anwendet. Ein solcher Fall könnte hier nach meiner ersten Einschätzung aufgrund folgenden Umstandes gegeben sein:
"Die Gartenpacht ist inzwischen ausgelaufen, der Gartenteil ist wieder zum ursprünglichen Grundstück zugefügt worden, was, wie erwähnt, separat erreichbar ist."
Wahrscheinlich werden Sie aber nach meiner Erfahrung nur dann weiterkommen, wenn Sie anwaltlich etwas zum Thema schreiben lassen.
Denn die Materie ist durchaus anspruchsvoll und komplex.
Aber wie gesagt, ich sehe hier doch einen deutlichen Ansatzpunkt im oben genannten Sinne, um die Sache derart weiter zu verfolgen.
Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.
Mit freundlichen Grüßen
Antwort
vonRechtsanwalt Daniel Hesterberg
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Rechtsanwalt Daniel Hesterberg
Sehr geehrter Herr Rechtsanwalt,
danke für die Rückmeldung.
Ich möchte bitte noch einmal ganz konkret auf meine am Ende der Situationsschilderung gestellten Fragen zurückkommen.
Eine Verlegung der Grunddienstbarkeit innerhalb meines Grundstücks, wie von Ihnen erörtert, ist nicht möglich und war nicht Gegenstand meiner Anfrage.
Hier noch mal kurz die Eckpunkte: Nach Ende der Gartenverpachtung haben sich die Überfahrten von mehrfach jährlich auf mehrfach täglich erhöht. Das scheint mir bereits eine Nutzungsänderung zu sein. Eine weitere würde sich ggf. durch ein Bauvorhaben ergeben.
„Ich frage mich daher, muss ich eine Nutzungsänderung des Wegerechts hinnehmen und falls ja, in welchem Umfang?"
Aus meiner Sicht übt der Nachbar sein Wegerecht keineswegs in der vom Gesetzgeber vorgeschriebenen „schonenden Ausübung der Grunddienstbarkeit" aus. Möglicherweise liegt auch ein Verstoß gegen das Schikaneverbot vor (u.a. Vergraulen von Miet- und Kaufinteressenten). Die weiteren Vorkommnisse (Baumfällung etc.) haben sicherlich bereits strafrechtliche Relevanz, zeichnen aber ebenfalls auf, wie „weit" der Nachbar das Wegerecht für sich auslegt, respektive missbraucht. Soweit ich weiß, kann eine eingetragene Grunddienstbarkeit nur im beidseitigen Einvernehmen gelöscht werden, doch soll eine einseitige Löschung in bestimmten Fällen möglich sein. Etwas laienhaft formuliert könnte man sagen, mein Nachbar braucht das Wegerecht zwar nicht (er kann seinen Garten auch über seine eigene Zufahrt erreichen), aber er missbraucht sein Wegerecht.
„Wäre es aufgrund der genannten ziemlich extremen Vorkommnisse evtl. möglich, meinem Nachbarn das Wegerecht entziehen zu lassen? Welche Reaktion auf das übergriffige Verhalten meines Nachbarn (Baum, Büsche, Grenzbebauung) ist sinnvoll?"
Vielen Dank und lieben Gruß
Sehr geehrter Fragesteller,
ich antworte Ihnen auf Ihre Nachfrage gerne wie folgt:
Richtig, dass meinte ich ja: "Eine Verlegung der Grunddienstbarkeit innerhalb meines Grundstücks, wie von Ihnen erörtert, ist nicht möglich und war nicht Gegenstand meiner Anfrage."
Eine entsprechende Anwendung der von mir genannten Vorschrift wäre aber durchaus möglich.
In der Tat gilt zudem:
Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)
§ 1020 Schonende Ausübung (S. 1):
"Bei der Ausübung einer Grunddienstbarkeit hat der Berechtigte das Interesse des Eigentümers des belasteten Grundstücks tunlichst zu schonen."
Die Nutzungsänderung kann also da durchaus entscheidend sein.
Wie gesagt, im vorliegenden Fall kann aufgrund der Nutzungsänderung und der Gegebenheiten durchaus eine Verlegung jedenfalls auf das eigene Grundstück B Ihres Nachbarn verlangt werden, wenn auch keine Löschung, was aber ebenfalls zum Ziel führt. Verlegung im dem Sinne heißt aber, dass der Nachbar eben auch eine Benutzung des eigenen Grundstücks nunmehr zulassen muss.
Das sind die Fälle, die nach meiner Prüfung von der Rechtsprechung analog eben entsprechend angewendet werden, es sich also um Fälle handelt, die über die Verlegung auf einen anderen Teil des eigenen Grundstücks hinausgehen und etwa hier das Nachbargrundstück selbst einschließen.
Die Sache mit der Grenzbebauung, den Büschen und Bäumen kann ich nur im Rahmen einer gesonderten Anfrage klären, wozu ich Ihnen ein Angebot unterbreitet habe, danke für Ihr Verständnis.
Ich hoffe, Ihnen damit gedient zu haben.
Mit freundlichen Grüßen
Daniel Hesterberg
Rechtsanwalt