Willkommen beim Original und Testsieger.
Online seit 2004, mit über 140.000 Fragen & Antworten. 
00.000
Bewertungen
0,0/5,0
Günstige Rechtsberatung für alle.
Anwalt? Mitmachen

Arbeitszeugnis - Schlechte Bewertung Sozialverhalten bei Autismus

| 7. November 2024 18:49 |
Preis: 51,00 € |

Arbeitsrecht


Beantwortet von


in unter 2 Stunden

Hallo, ich bin 57 Jahre und seit 8 Jahren bei meinem jetzigen Arbeitgeber als Software Architect tätig. Wegen eines Wechsels des Abteilungsleiters habe ich ein Zwischenzeugnis angefordert.
Bis auf die Bewertung des Sozialverhaltens ist das Zeugnis auch gut und zutreffend. Die Bewertung des Sozialverhaltens ist offensichtlich schlecht.
Es gab in der Vergangenheit auch in jeder meiner bisherigen Anstellungen Streitigkeiten zwischen mir und Kollegen, nie auf fachlicher Ebene sondern immer auf der zwischenmenschlichen Ebene.
Vor ca 1 Jahr wurde bei mir (Asperger) Autismus diagnostiziert, welches viele der Probleme erklärt. Dies habe ich auch meinen Vorgesetzten besprochen.
Meine Frage ist: ist unter diesen Umständen eine schlechte Bewertung des Sozialverhaltens gerechtfertigt oder ist es ein möglicher Verstoß gegen das allgemeine Gleichstellungsgesetz, da ich wegen einer Behinderung schlecht bewertet wurde?

7. November 2024 | 20:02

Antwort

von


(1239)
Meisenweg 14
41239 Mönchengladbach
Tel: 01722456077
Web: https://www.frag-einen-anwalt.de/anwalt/Rechtsanwalt-Valentin-Becker-__l108658.html
E-Mail:
Diesen Anwalt zum Festpreis auswählen Zum Festpreis auswählen

Guten Abend,

in Ihrem Fall gibt es tatsächlich Ansatzpunkte, über das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) zu prüfen, ob eine negative Bewertung des Sozialverhaltens in Ihrem Zwischenzeugnis möglicherweise eine Diskriminierung aufgrund Ihrer Diagnose (Asperger-Autismus) darstellt. Nachfolgend einige relevante Punkte:

1. Relevanz des AGG bei Behinderung
Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) schützt Menschen vor Diskriminierung aufgrund verschiedener Merkmale, darunter Behinderung. Auch Autismus – darunter Asperger-Syndrom – kann als Behinderung im Sinne des AGG gelten, da es sich um eine langfristige Einschränkung der Teilhabe am sozialen Leben handeln kann.
Nach dem AGG darf eine Benachteiligung wegen einer Behinderung nicht dazu führen, dass eine Person ungleich oder schlechter behandelt wird, wenn dies nicht objektiv gerechtfertigt ist. Ein Arbeitnehmer mit einer diagnostizierten Behinderung wie Autismus hat das Recht, dass in seiner Leistungsbeurteilung die Beeinträchtigungen durch die Behinderung fair und objektiv betrachtet werden.

2. Zwischenzeugnisse und das AGG:
Ein Zwischenzeugnis muss grundsätzlich wahr und wohlwollend formuliert sein, da es oft für Bewerbungen oder berufliche Weiterentwicklung herangezogen wird. Das Sozialverhalten darf zwar erwähnt werden, es muss jedoch mit Bedacht und in einer Weise formuliert sein, die den gesetzlichen Anforderungen entspricht.
Wird das Sozialverhalten als schlecht dargestellt, ohne angemessene Berücksichtigung der Ihnen zugrunde liegenden Behinderung, könnte dies als Diskriminierung gewertet werden. Entscheidend ist hierbei, ob sich das Sozialverhalten in einem Maße vom üblichen Verhalten unterscheidet, dass ein gerechtfertigter Kritikpunkt besteht, oder ob es möglicherweise auf autismusbedingte Einschränkungen zurückzuführen ist, die anders zu gewichten wären.

3. Pflicht des Arbeitgebers zur Rücksichtnahme:
Gerade weil Sie Ihren Arbeitgeber über die Autismus-Diagnose informiert haben, ist dieser verpflichtet, dies bei der Beurteilung des Sozialverhaltens zu berücksichtigen. Das bedeutet:
Soziale Interaktionsschwierigkeiten gehören häufig zu den Merkmalen des Asperger-Syndroms und sind damit ein typisches Symptom einer solchen Behinderung. Wenn der Arbeitgeber Ihre Schwierigkeiten im Sozialverhalten bewertet, ohne die Diagnose zu berücksichtigen, könnte dies eine Form der indirekten Diskriminierung sein.
Ein fairer Arbeitgeber würde gegebenenfalls auf eine differenzierte Beurteilung setzen, in der die autismusbedingten Schwierigkeiten nicht negativ bewertet werden, wenn diese nicht die fachliche Zusammenarbeit beeinträchtigen.

4. Mögliche Formulierungen als Lösung:
Falls das Sozialverhalten in einem negativen Licht dargestellt ist, könnten Sie um eine neutrale Formulierung bitten. In Ihrem Fall könnte dies eine Formulierung sein, die das Sozialverhalten weder besonders betont noch kritisiert, sondern neutral und sachlich beschreibt.

5. Anpassung an Ihre Behinderung und rechtliche Prüfung:
Falls der Arbeitgeber die Bewertung ablehnt, könnten Sie erwägen, sich durch einen Rechtsanwaltskollegen oder eine Kollegin vor Ort oder über den Betriebsrat unterstützen zu lassen, um eine wohlwollende Formulierung zu erreichen. Das AGG könnte in diesem Fall als Argumentationsgrundlage dienen, um eine Anpassung des Zwischenzeugnisses zu fordern, da Sie aufgrund der Behinderung nicht schlechter bewertet werden dürfen.
Entsprechende Anwaltskontakte vor Ort für Arbeitsrecht finden Sie etwa hier auf dieser Plattform.

6. Weiterführende Schritte, die Sie in Betracht ziehen könnten:
Weisen Sie höflich auf die Diagnose und Ihre Erwartungen im Sinne des AGG hin.
Wenn Ihr Betrieb über diese Einrichtungen verfügt, könnten sie hilfreiche Partner sein, um eine gerechte und wohlwollende Formulierung im Zwischenzeugnis zu erreichen.

Da die schlechte Bewertung des Sozialverhaltens auf einem Merkmal beruht, das direkt mit Ihrer diagnostizierten Behinderung in Verbindung steht, könnte dies tatsächlich als Diskriminierung im Sinne des AGG gewertet werden. Sie haben das Recht, auf eine fairere und wohlwollende Formulierung zu drängen, die Ihre Diagnose berücksichtigt und die spezifischen Einschränkungen durch den Autismus nicht als allgemeine „Fehler" wertet.

Viele Grüße


Bewertung des Fragestellers 7. November 2024 | 20:07

Hat Ihnen der Anwalt weitergeholfen?

Wie verständlich war der Anwalt?

Wie ausführlich war die Arbeit?

Wie freundlich war der Anwalt?

Empfehlen Sie diesen Anwalt weiter?

Mehr Bewertungen von Rechtsanwalt Valentin Becker »
BEWERTUNG VOM FRAGESTELLER 7. November 2024
5/5,0

ANTWORT VON

(1239)

Meisenweg 14
41239 Mönchengladbach
Tel: 01722456077
Web: https://www.frag-einen-anwalt.de/anwalt/Rechtsanwalt-Valentin-Becker-__l108658.html
E-Mail:
RECHTSGEBIETE
Familienrecht, Ausländerrecht, Vertragsrecht, Arbeitsrecht, Miet- und Pachtrecht