Sehr geehrter Fragesteller,
Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegeben Informationen verbindlich wie folgt beantworten:
Die Datenerhebung, -verarbeitung und -nutzung für Zwecke des Beschäftigungsverhältnisses sind in § 32 BDSG
geregelt. Nach diesem Gesetz ist in Deutschland ein Persönlichkeitstest (Einstellungstest) grundsätzlich nur dann erlaubt, wenn der Arbeitgeber ein berechtigtes, billigenswertes und schutzwürdiges Interesse hieran hat. Dies kann allerdings nur dann gegeben sein, wenn der Persönlichkeitstest vor der Einstellung/Versetzung des Mitarbeiter erfolgt. Des Weiteren müssen die Test von einem Fachpsychologen ausgewertet werden, da nur diese in der Lage sind, die Tests sachgerecht auszuwerten und zu interpretieren. Des Weiteren ist das allgemeine Persönlichkeitsrecht (GRUNDRECHT!) des Arbeitnehmers zu berücksichtigen. Eine Auswertung ohne die Zustimmung des Arbeitnehmers darf nicht erfolgen. Die Untersuchung kann nur auf freiwilliger Basis erfolgen. Ist ein Betriebsrat gegeben, so bedarf es der Zustimmung des Betriebsrates nach § 95 BetrVG
. Ein Zweck für die Datenerhebung ist nicht erkennbar.Daher gehe ich davon aus, dass die Datenerhebung, Datenspeicherung und Verarbeitung rechtswidrig gewesen ist.
Die Übermittlung der Daten an Dritte (Konzernunternehmen) ist des Weiteren von Ihrer schriftlichen Einverständnis und davon abhängig, ob die Daten rechtmäßig erworben wurde.
Eine Verletzung Ihres Persönlichkeitsrechte berechtigt grundsätzlich zu einem Schadensersatz nach § 823 Abs.1 BGB
. Da die Datenerhebung hier rechtswidrig erfolgt ist, haben Sie auch einen Anspruch auf Löschung der gesammelten Daten nach § 35 Abs. 2 S. 2 Nr. 1
., 3
. BDSG. Sie sollten sich an den Datenbeauftragen Ihres Unternehmens wenden. Hierbei sollten Sie auf die Bußgeld- / Strafvorschriften nach §§ 43f BDSG
hinweisen. Auf eine Anzeige ausserhalb des Unternehmens sollten Sie solange verzichten, wie eine Abhilfe im Unternehmen möglich ist. Auch eine gerechtfertigte Anzeige ist nach der Rechtsprechung des BAG ein Kündigungsgrund, da gegen die arbeitsrechtliche Treuepflicht verstoßen wird. Dies gilt nach dieser Rechtsprechung nicht, wenn es sich um ein schwerwiegendes Delikt handelt. Nach meiner Einschätzung ist ein Verstoß gegen das BDSG kein solches Delikt.
Ich hoffe, meine Antwort hat Ihnen weitergeholfen. Diese Beantwortung Ihrer Frage kann nicht eine individuelle Beratung ersetzten. Selbstverständlich können Sie sich für weitere Fragen, Beratungen und Vertretungen an mich wenden.
Ihr Rechtsanwalt aus Mainz
Sebastian Scharrer, LL.M.
www.mainzer-rechtsanwaltskanzlei.de
Vielen Dank Herr RA Scharrer ...
für Ihre ausführliche Antwort!
es sind keine rechtlichen Schritte beabsichtigt, sondern nur die Zuordnung und Bewertung des Vorgangs unsererseits in eine Reihe anderer Vorgänge beim Wechsel von der rein deutschen Unternehmenskultur zur nunmehr europäischen.
Erlauben Sie mir bitte diese Fragen zur Vergewisserung:
1. Können die von mir zitierten Beispielfragen inhaltlich der Erstellung eines Verkäuferprofiles ( !! ) zugeordnet werden?
2. Ersetzt die Betätigung eines Online-Assessment- Button per Mausklick die schriftliche Einwilligung?
3. Darf eine britische Tochterfirma in der das europäische Management örtlich als auch organisatorisch angesiedelt ist Daten zu Mitarbeitern der deutschen Tochterfirma abfordern und auswerten?
4. Sollte der Betriebsrat zugestimmt haben - wir wissen es nicht - war er dazu berechtigt?
Herzlichen Dank & Schönes Schwitzen nach Mainz
Frage 1:
Ob die Zuordnung technisch möglich ist, kann ich nicht beantworteten. Dies ist eine Frage des Programmes. Ich gehe allerdings davon aus, dass eine Zuordnung zu den einzelnen Personen möglich ist, da diese in Gruppen aufgeteilt werden konnten.
Frage 2:
Ein Mausklick kann nicht die schriftliche § 126 BGB
ersetzten. Nur eine qualifizierte digitale Signatur ersetzt die Schriftform.
Frage 3:
Auch im Konzern muss das Bundesdatenschutzgesetz eingehalten werden. Voraussetzung für die Übermittlung an ein andere Stelle (Tochterunternehmen) ist nach § 15
, 4a BDSG
nur dann, wenn die Nutzung der Daten nach dem Erhebungszweck notwendig ist und die Erhebung rechtmäßig erfolgt ist. Somit ist eine Weitergabe bereits dann nicht mehr möglich, wenn die Daten nicht rechtmäßig erhoben wurde.
Frage 4:
Die Arbeit des Betriebsrates dient dem Schutz der Arbeitnehmer. Da die Datenerhebung hier nicht rechtsmäßig erfolgte, hätte der Betriebsrat dieser Maßnahme nicht zustimmen dürfen.
Grüße aus meinen kühlen Kanzlei
Sebastian Scharrer, LL.M.
Rechtsanwalt
www.mainzer-rechtsanwaltskanzlei.de