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Anpassung von Erbbauzinsen

| 16. Mai 2012 19:38 |
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Hauskauf, Immobilien, Grundstücke


Beantwortet von

Zusammenfassung

Kann der Erbbauzins für ein Grundstück, das seit 1961 im Erbbaurecht verpachtet ist, ohne Anpassungsklausel erhöht werden?

Ja, auch ohne Anpassungsklausel im Erbbaurechtsvertrag kann der Erbbauzins angepasst werden. Dies erfolgt über den rechtlichen Grundsatz des Wegfalls der Geschäftsgrundlage. Maßgeblich ist die Entwicklung der Lebenshaltungskosten und Einkommen seit Vertragsabschluss. Bei Grundstücken mit Wohnbebauung wird die Entwicklung der Bodenrichtwerte nicht berücksichtigt, bei anderen Grundstücken schon. Die Anpassung ist durch die wirtschaftlichen Veränderungen begrenzt.

Ich habe ein Grundstück geerbt, welches 99 Jahre im Erbbaurecht verpachtet ist. Das Erbbaurecht wurde 1961 bestellt und der jährliche Erbbauzins mit 0,25 DM pro qm festgelegt. In der Urkunde findet sich keine Anpassungsklausel. Es wurde keine Erhöhung des Erbbauzinses vereinbart und bisher seit Vertragsabschluss auch keine Anpassung verlangt.

Nun habe ich ein bisschen recherchiert und wenn ich das richtig verstanden habe, wäre allerdings mit Inkrafttreten des Sachenrechtsänderungsgesetzes seit 1994 eine Anpassung des Erbbauzinses möglich gewesen, da der Kaufkraftschwund seit 1961 größer als 60 Prozent ist.

Ist das richtig? Wie kann ich den genauen Maximalwert einer zukünftigen Anpassung ermitteln?

Mit freundlichen Grüßen

17. Mai 2012 | 12:14

Antwort

von


(154)
ADOLFSALLEE 55
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Sehr geehrter Herr W.,

auch in den Fällen, in denen in dem Erbbaurechtsvertrag eine Anpassungsklausel für den Erbbauzins nicht enthalten ist, gibt es eine Möglichkeit zur Anpassung und des Erbbauzinses. Diese richtet sich allerdings nicht nach der gesetzlichen Regelung, weil es dafür eine Regelung grundsätzlich nicht gibt. Die Rechtsprechung wendet auf die in aller Regel sehr alten Verträge, die keine Anpassungsklausel haben, die Regeln über den sog. Wegfall der Geschäftsgrundlage an. Das war auch schon vor der von Ihnen erwähnten Gesetzesänderung Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs.

Grundsätzlich ist Maßstab für die mögliche Anpassung die Entwicklung der Kosten der allgemeinen Lebenshaltung. Der Bundesgerichtshof schreibt dazu: " In der Regel ist bei einem Vertrag ohne wertsichernde Klausel für den Umfang der Anpassung des Erbbauzinses die seit Vertragsabschluß eingetretene Steigerung der Lebenshaltungskosten und der Einkommen nach dem Mittelwert aus beiden Komponenten maßgebend, weil sich darin die Entwicklung der allgemeinen wirtschaftlichen Verhältnisse widerspiegelt und der Gesetzgeber in § ERBBAUVO § 9a ERBBAUVO § 9A Absatz I 2 ErbbauVO zum Ausdruck gebracht hat, daß eine über die Änderung dieser Verhältnisse nicht hinausgehende Erhöhung regelmäßig der Billigkeit entspricht" (BGH NJW 1993,52 )

Wichtig ist dann noch, ob es sich um ein Erbbaurecht für ein Grundstück mit Wohnbebauung handelt oder um ein sonstiges Grundstück, insbesondere um eine Gewerbefläche. Bei Wohnbebauung kann nicht auf die Entwicklung der Bodenrichtwerte zurückgegriffen werden. In den anderen Fällen kann dies berücksichtigt werden und ist regelmäßig auch Maßstab. Ist allerdings die Entwicklung der Bodenrichtwerte geringer als die Entwicklung der allgemeinen Lebenshaltungskosten, dann ist das die Grenze. So schreibt der BGH dazu:"Für die Erhöhung des Erbbauzinses infolge Wegfalls der Geschäftsgrundlage ist die seit Vertragsabschluß eingetretene Entwicklung des Bodenwerts maßgebend, wenn diese hinter der Änderung der allgemeinen wirtschaftlichen Verhältnisse zurückgeblieben ist. Die Anpassung des Erbbauzinses muß von dem vereinbarten prozentualen Wertverhältnis zwischen Erbbauzins und Bodenwert ausgehen, wird aber durch das Ausmaß der Änderung der allgemeinen wirtschaftlichen Verhältnisse begrenzt." (BGH a.a.O.)

Sie müssen also im Ergebnis zwei Rechnungen vornehmen. Einmal müssen Sie die Entwicklung der allgemeinen Lebenshaltungskosten an Hand der vom Statistischen Bundesamt vorgelegten Indexwerte berücksichtigen und zum anderen die konkrete Entwicklung der Bodenrichtwerte für das betroffene Grundstück. Mit diesen Zahlen kennen Sie dann die maximale Anpassungsmöglichkeit die von dem Erbbaurechtsgeber verlangt werden kann.


Rechtsanwalt Jörg Klepsch
Fachanwalt für Arbeitsrecht, Fachanwalt für Familienrecht

Rückfrage vom Fragesteller 17. Mai 2012 | 13:30

Sehr geehrter Herr Klepsch,

besten Dank für Ihre Antwort. Es handelt sich um ein Grundstück mit Wohnbebauung. Der Bodenrichtwert beträgt ca. € 120.000. Ein heute üblicher Erbbauzins von 4% wäre also ca. € 5000 jährlich. Der Erbbaunehmer zahlt bisher allerdings einen Zins von nur ca. € 80.

So wie ich ihre Antwort verstanden habe kann ich den Pachtzins nur Anhand der Entwicklung der allgemeinen Lebenshaltungskosten und der Einkommen ermitteln und nicht nach dem Bodenrichtwert. Der aktuelle Verbrauerpreisindex des Statistischen Bundesamts ist 112,8. Bei Vertragsabschluss 1961 lag dieser Wert bei 27,9. Mir ist allerdings nun noch völlig unklar, wie ich aus diesen beiden Werten die Erhöhung ermitteln kann. Wie funktioniert diese Berechnung?

Mit freundlichen Grüßen

Antwort auf die Rückfrage vom Anwalt 18. Mai 2012 | 01:27

Sehr geehrter Herr W.,

grundsätzlich ist das eine Dreisatzrechnung:
0,25 DM zu 27,9 = x zu 112,8, also 0,25 DM*112,8/27,9 = 1,01 DM.
Die Indexwerte habe ich nicht geprüft. Sie müssen auch sehen, dass die Indexwerte unterschiedliche Basiswerte und Basisjahre haben können und damit nicht direkt vergleichbar sind. Eine solche Berechnung geht dann aber weit über die hier mit dem Einsatz abgedeckte Erstberatung hinaus. Sie können dazu aber gerne direkt mit mir Kontakt aufnehmen.

Bewertung des Fragestellers 18. Mai 2012 | 22:12

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