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Andere gewerbliche Mietpartei beschädigt Internet

| 3. Juni 2025 16:50 |
Preis: 30,00 € |

Mietrecht, Wohnungseigentum


Beantwortet von


18:24

Zusammenfassung

Der Vermieter ist nach § 535 Abs. 1 S. 2 BGB verpflichtet, auch Telefonleitungen instand zu halten, wenn sie Teil der Mietsache sind. Der Mieter kann bei Defekten Ansprüche gegen Vermieter, Handwerker (§ 823 BGB) oder Auftraggeber (§ 831 BGB) geltend machen. Internet-Ausfall ist ersatzfähig.

In einer gewerblichen Immobilie sind vier Mietparteien untergebracht. Dabei läuft das Internetkabel der Partei A durch die Räumlichkeiten der Partei B. B saniert seine Räume, beauftragt einen Elektriker mit der Beseitigung von Altlasten, Kabel werden neu gezogen.
Dabei wird auch eine alte TK-Anlage entfernt, die angeschlossenen Kabel aber nicht erneut verbunden – A steht plötzlich ohne Internet da. Später schließt der Elektriker Kabel falsch an – erst eine Woche später ist der Schaden behoben, bis das Internet von A wieder funktioniert.
A möchte den Ausfall gegenüber dem Vermieter geltend machen, da er kein Vertragsverhältnis zu B oder dessen Elektriker als Schadensverursacher hat. Der Vermieter lehnt jegliche Verantwortung ab, da „Telefonleitungen nicht Bestandteil der Mietsache sind, sondern zum Verantwortungsbereich des jeweiligen Nutzers bzw. des Betreibers der Telefonanlage zählen". A hat die Telefonleitungen bei Übernahme der Mietsache so übernommen ohne jemals etwas an der Anlage verändert zu haben.
An wen kann und muss sich A nun wenden? A hat den Schaden gegenüber dem Vermieter geltend gemacht, der diesen an B weiterreicht, der wiederum seinen Elektriker in die Haftung nehmen soll. Der Vermieter sieht sich aber nicht in dieser Kette – darf A sich also direkt an den Elektriker wenden auch wenn er kein Vertragsverhältnis zu diesem pflegt?

3. Juni 2025 | 17:51

Antwort

von


(54)
Braamkamp 14
22297 Hamburg
Tel: (040) 87 50 47 34
Web: https://www.kanzlei-alsterland.de
E-Mail:

Sehr geehrter Fragesteller,

vielen Dank für Ihre Anfrage, die ich gern wie folgt beantworten möchte:

Anspruch des Mieters A gegen den Vermieter

Der Vermieter ist gemäß § 535 Abs. 1 Satz 2 BGB verpflichtet, die Mietsache dem Mieter in einem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand zu überlassen und sie während der Mietzeit in diesem Zustand zu erhalten. Diese Pflicht umfasst auch die Instandhaltung von Telefonleitungen, die zur Mietsache gehören.

Der BGH hat in seinem Urteil vom 5. Dezember 2018 (VIII ZR 17/18) entschieden, dass ein Vermieter für die Instandhaltung von Telefonleitungen verantwortlich ist, wenn diese Teil der Mietsache sind. In diesem Urteil stellte der BGH klar:

Zitat:
"Die nach § 535 Abs. 1 Satz 1 BGB durch den Mietvertrag entstehende Verpflichtung des Vermieters, dem Mieter den Gebrauch der Mietsache während der Mietzeit zu gewähren, gestaltet § 535 Abs. 1 Satz 2 BGB zum einen dahin aus, dass der Vermieter die Mietsache dem Mieter in einem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand zu überlassen hat (Überlassungspflicht). Zum anderen trifft den Vermieter danach auf Dauer die Verpflichtung, die Mietsache während der Mietzeit in diesem Zustand zu erhalten (Erhaltungspflicht), was zugleich die Pflicht beinhaltet, eine nach der Überlassung eingetretene Verschlechterung der Mietsache zu beseitigen und den zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand wiederherzustellen."


Der BGH führt weiter aus:

"Die Instandhaltungspflicht des Vermieters beschränkt sich nicht nur auf das eigentliche Mietobjekt, sondern erstreckt sich auch auf die nicht ausdrücklich mitvermieteten Hausteile, die, wenn auch nur mittelbar, dem Mietgebrauch unterliegen."

Im vorliegenden Fall hat A die Telefonleitungen bei Übernahme der Mietsache so übernommen, ohne jemals etwas an der Anlage verändert zu haben. Die Leitungen waren also Bestandteil der Mietsache und der Vermieter ist grundsätzlich für deren Instandhaltung verantwortlich.

Die Behauptung des Vermieters, dass "Telefonleitungen nicht Bestandteil der Mietsache sind, sondern zum Verantwortungsbereich des jeweiligen Nutzers bzw. des Betreibers der Telefonanlage zählen", ist nach der Rechtsprechung des BGH nicht haltbar.

Dies gilt allerdings nur, wenn der Vermieter diese Pflichten nicht wirksam auf den Mieter übertragen hat. Das ist im Gewerbemietrecht zumindest möglich. Ob dies allerdings bei Telefonleitungen, die durch fremde Mietbereiche verlaufen, überhaupt wirksam vereinbar ist, halte ich für unwahrscheinlich. Denn als Mieter besteht ja kein Zugang zu den fremden Bereichen, sodass eine derartige Pflichtenverlagerung schwer zu vereinbaren sein dürfte. Trotzdem sollten Sie vorsichtshalber noch einmal den Vertrag überprüfen, ob sich daraus gegebenenfalls Anhaltspunkte für eine solche Übertragung ergeben.

Anspruch des Mieters A gegen B oder den Elektriker

Mieter A kann auch direkt gegen den Elektriker einen Anspruch aus unerlaubter Handlung gemäß § 823 Abs. 1 BGB geltend machen. Hierfür ist kein Vertragsverhältnis erforderlich. Der Elektriker hat durch sein Handeln (Entfernung der TK-Anlage ohne Wiederverbindung der Kabel und spätere falsche Verbindung) das Eigentum bzw. sonstige Rechte des A verletzt.

Alternativ könnte A auch gegen B einen Anspruch aus § 831 BGB (Haftung für Verrichtungsgehilfen) geltend machen, da der Elektriker als Verrichtungsgehilfe von B tätig wurde.

Ausfall des Internetzugangs als ersatzfähiger Vermögensschaden

Der BGH hat in seinem Urteil vom 24. Januar 2013 (III ZR 98/12) entschieden, dass der Ausfall eines Internetzugangs einen ersatzfähigen Vermögensschaden darstellen kann:

Zitat:
"Es kann einen ersatzfähigen Vermögensschaden darstellen, wenn dem Inhaber eines DSL-Anschlusses die Möglichkeit genommen wird, seinen Zugang zum Internet zu nutzen, ohne dass ihm hierdurch Mehraufwendungen entstanden oder Einnahmen entgangen sind."

Dies ist besonders relevant für gewerbliche Mieter wie A, für die der Internetzugang geschäftlich notwendig ist.

In der vorliegenden Konstellation bestehen folgende Anspruchsmöglichkeiten:

A gegen den Vermieter aus § 535 Abs. 1 Satz 2 BGB (Instandhaltungspflicht (wenn vertraglich nicht wirksam auf den Mieter übertragen))
A gegen B aus § 823 Abs. 1 BGB (unerlaubte Handlung) oder § 831 BGB (Haftung für Verrichtungsgehilfen)
A gegen den Elektriker aus § 823 Abs. 1 BGB (unerlaubte Handlung)
Vermieter gegen B aus § 280 BGB (Schadensersatz wegen Pflichtverletzung), sofern B gegen mietvertragliche Pflichten verstoßen hat
B gegen den Elektriker aus § 280 BGB (Schadensersatz wegen Pflichtverletzung)

A kann sich also sowohl an den Vermieter als auch direkt an B oder den Elektriker wenden. Es besteht keine Pflicht, die "Haftungskette" einzuhalten. A kann frei wählen, wen er in Anspruch nimmt.

Fazit
Der Vermieter ist entgegen seiner Behauptung grundsätzlich für die Instandhaltung der Telefonleitungen verantwortlich, da diese Teil der Mietsache sind.

A kann sich direkt an den Elektriker wenden, auch ohne Vertragsverhältnis, da ein deliktischer Anspruch aus § 823 Abs. 1 BGB besteht.

A kann auch B als Auftraggeber des Elektrikers in Anspruch nehmen (§ 831 BGB).

Der Ausfall des Internetzugangs stellt einen ersatzfähigen Vermögensschaden dar, insbesondere bei gewerblicher Nutzung.

A hat die Wahl, wen er in Anspruch nimmt - er muss nicht den Weg über den Vermieter gehen.

Ich hoffe, dass Sie durch meine Antwort einen ersten Überblick gewonnen haben. Sollten Sie noch eine Ergänzungs- oder Verständnisfrage haben, können Sie diese über die kostenlose Nachfragefunktion stellen.

Freundliche Grüße aus Hamburg


Rechtsanwalt Jörn Blank

Rückfrage vom Fragesteller 15. Juli 2025 | 13:28

Danke für die tolle, ausführliche Beratung!
Gestallen Sie mir eine kurze Rückfrage: Aus welchem Wert bemesse ich den Schaden, Tagespauschale aus dem Umsatz aus 2024 geteilt durch 230 (übliche Arbeitstage)?
Eom entgangener Gewinn ist in meinen Augen schwer messbar, da ungewiss - auch bezahlt ein "Gewinn" keine laufenden Kosten, diese werden einzig durch Umsätze gedeckt.
Herzlichen Dank

Antwort auf die Rückfrage vom Anwalt 15. Juli 2025 | 18:24

Sehr geehrter Fragesteller,

vielen Dank für Ihre Bewertung. Allein den Umsatz können Sie nicht ansetzen. Denn es gilt der Grundsatz, dass ein Geschädigter durch den Schadensersatz, den er als Ausgleich erhält, nicht besser stehen darf, als wenn das schädigende Ereignis gar nicht eingetreten wäre. Ich weiß nicht genau, woher Sie in Bezug auf die Schadensberechnung das Wort „Gewinn" haben. Jedenfalls ist hier nicht „Gewinn" im engeren Sinne gemeint. Ein Vermögensschaden wird nach der sogenannten Differenzhypothese berechnet. Dabei ist zu vergleichen, wie sich das Vermögen ohne das schädigende Ereignis entwickelt hätte und wie es sich tatsächlich entwickelt hat. Zur Berechnung nehmen Sie den Umsatz abzüglich der variablen Kosten, die Sie also während des Ausfalls erspart haben. Ein kleines Beispiel macht es vermutlich deutlicher:

Normaler Geschäftstag ohne Ausfall:

Umsatz: 1.000 EUR
Variable Kosten: 200 EUR
Fixkosten: 500 EUR
Ergebnis: 300 EUR

Tag mit Internetausfall:

Umsatz: 0 EUR
Variable Kosten: 0 EUR (erspart)
Fixkosten: 500 EUR (laufen weiter)
Ergebnis: -500 EUR
Schaden = 300 EUR + 500 EUR = 800 EUR

Sie können das natürlich auch für ein Jahr machen. Dann nehmen Sie den Jahresumsatz, ziehen die variablen Kosten ab und teilen das dann durch 230. Voraussetzung dafür ist jedoch, dass Sie auch tatsächlich einen Umsatzrückgang hatten. Wenn nicht, bzw. bei fehlender Nachweisbarkeit bliebe Ihnen lediglich eine Nutzungsausfallentschädigung, die sich an den Kosten für eine Ersatzbeschaffung oder den anteiligen Kosten des ausgefallenen Anschlusses orientiert.

Freundliche Grüße
Jörn Blank

Bewertung des Fragestellers 5. Juni 2025 | 07:20

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