Laut meines Mietvertrages gilt folgendes für die Nebenkostenumlegung „Die Umlegung erfolgt jeweils im Verhältnis der einzelnen Nutzfläche zur Gesamtnutz-/Wohnfläche." Für das Jahr 2019 wurde dies in der Nebenkostenabrechnung auch so umgesetzt. Im Oktober 2021 habe ich die Nebenkostenabrechnung für das Jahr 2020 erhalten, worin nun die Umlegung bei einigen Positionen anhand der Anzahl der Wohneinheiten erfolgte. Dies führt in meinem Fall zu einer Erhöhung dieser Positionen um einen Faktor von 3,5. Der Mietvertrag enthält auch die Klausel „Der Vermieter ist berechtigt, den Umlageschlüssel hinsichtlich der Betriebs-/Neben- und Heizkosten nach billigem Ermessen zu ändern, wenn dies wichtige Gründe erfordern. Ein wichtiger Grund ist z.B. die verwaltungsmäßige Zweckmäßigkeit." Die Frage die sich mir nun stellt: Hätte mich der Vermieter im Vorfeld über diese Änderung informieren müssen oder ist dies im Gewerbemietrecht nicht erforderlich?
"Hätte mich der Vermieter im Vorfeld über diese Änderung [des Betriebskostenumlagemaßstabes] informieren müssen",
wie folgt beantworten.
Der Vertrag sieht zunächst die Umlegung der Betriebskosten nach Nutzfläche vor.
Grundsätzlich geht eine Änderungs des Vertrages nur beidseitig.
Damit der Vermieter nicht "um Erlaubnis" fragen muss und weil § 556a Abs. 2 S. 1 und S. 2 BGB (einseitige Änderung des Umlagemaßstabs) nicht auf Gewerbemietverhältnisse Anwendung findet, enthält der Vertrag eine Anpassungsklausel, mit der eine Änderung nach "billigem Ermessen" möglich ist.
Zum billigen Ermessen trifft § 315 BGB Regelungen.
Im Rahmen des billigen Ermessens sind die Interessen beide Vertragsparteien zu berücksichtigen.
Ihr Interesse geht dahin, dass Sie vor dem jeweiligen Abrechnungszeitraum wissen, was Vertragsinhalt ist und nicht rückwirkend. Sie teilen mit, dass nun "einige Positionen" auf Anzahl der Wohnheinheiten umgestellt wurde.
Völlige Unklarheit bei der vertraglichen Bestimmungen für den vergangenen Abrechnungszeitraum entspricht nicht billigem Ermessen. (Der Vermieter könnte dann ja jedes Jahr seine Meinung ohne Ihre Kenntnis ändern.)
Eine einseitige rückwirkende Vertragsänderung ist nicht denkbar.
Die Änderung des Umlagemaßstabs hätte vorher mitgeteilt werden müssen.
(Es ließe sich sicher auch argumentieren, dass die Klausel gegen § 307 BGB verstöß und unwirksam ist.)
Mit freundlichen Grüßen
Peter Eichhorn
Rechtsanwalt
Rückfrage vom Fragesteller6. Januar 2022 | 23:08
Vielen Dank für die Antwort! Verstehe ich Sie richtig, dass ich bereits vor Beginn des Abrechnungszeitraumes informiert hätte werden müssen und somit die Änderung des Umlagemaßstabes auch für das Jahr 2021 ungültig wäre?
Antwort auf die Rückfrage vom Anwalt7. Januar 2022 | 08:21
Sehr geehrte Ratsuchende.
vielen Dank für Ihre Nachfrage.
Jein.
Die Mitteilung / Information muss - anders als bei der Wohnraummiete - nur vor Beginn der Geltung gegeben werden, nicht zwingend vor Beginn des Abrechnungszeitraums.
Der geänderte Umlageschlüssel, d.h. die Vertragsänderung, gilt - unterstellt die Vertragsklausel ist überhaupt wirksam und die Umstellung ist "zweckmäßig" - ab November 2020, sodass der Vermieter ab diesem Monat den neuen Maßstab anwenden dürfte. Ob eine zeitanteilige Aufsplittung in verschiedene Umlageschlüssel in einer Betriebskostenabrechnung sinnvoll/praktikabel ist, ist eine andere Frage.
Weisen Sie den Vermieter auf die unrichtige Abrechnung hin.