Sehr geehrter Ratsuchender,
ich möchte Ihre Frage auf Grund des dargelegten Sachverhalts und unter Berücksichtigung Ihres Einsatzes wie folgt beantworten:
Ich weise darauf hin, dass dies einer ersten Orientierung über die bestehende Rechtslage dient und ein ggf. persönliches Beratungsgespräch bei einem Anwalt Ihrer Wahl nicht ersetzt.
Grundsätzlich kann ich Ihnen empfehlen, den Antrag bei der ARGE auf jeden Fall zu stellen.
Unabhängig der Frage der Angemessenheit der Unterkunftskosten, sind diese in jeden Fall durch die ARGE im angemessenen Umfang zu gewähren. In Ihrem Fall, sind dies die entstprechenden Nebenkosten, die für ein selbstgenutztes Einfamilienhaus anfallen, wie etwa Grundsteuer, Gebäudeversicherung, Müllgebühren, Schornsteinfeger, Heizkosten, Wasserkosten um die Bedeutendsten zu nennen.
Selbst wenn die ARGE die Kosten der Unterkunft für unangemessen halten würde, muss zunächst Ihnen dieser Hinweis erteilt werden, mit der Auffordeung die Unterkunftskosten zu senken. In der Regel sind die unangemessenen Unterkunftskosten durch die ARGE jedoch 6 Monate zu zahlen.
Darüber hinaus auch dann, wenn das Senken der Unterkunftskosten auf andere Art und Weise nicht möglich ist und ein Umzug Ihrerseits unzumutbar erscheint.
Die Frage der Unzumutbarkeit entscheidet sich auf Grund der Besonderheiten des Einzelfalls. In Ihrem Fall spricht viel für die Unzumutbarkeit eines Umzuges, zum einen schon auf Grund Ihrer Behinderung. Auch kann die ARGE grundsätzlich nicht Verlangen, ein selbstgenutzes Einfamilienhaus von angemessener Größe, zumal dieses noch lastenfrei ist, zu veräußern.
Nach § 12
III 1 Nr. 4 SGB II ist ein selbst genutztes Hausgrundstück von angemessener Größe nicht zu berücksichtigen.
Nach der Rechtsprechung des 7b. Senats des BSG (NZS 2007, 428
= SGb 2007, 432
= Breith 2007, 597) ist bei der Konkretisierung des Rechtsbegriffs der angemessenen Größe i.S. des § 12
III 1 Nr. 4 SGB II im Grundsatz bundeseinheitlich auf die Vorgaben des außer Kraft getretenen II. WoBauG vom 19. 8. 1994 (BGBl I, 2137
) abzustellen, wobei eine Differenzierung nach der Bewohnerzahl - nicht nur beschränkt auf die Bedarfsgemeinschaft - angebracht ist.
Diese auf den Fall einer selbst bewohnten Eigentumswohnung bezogene Rechtsprechung des 7b. Senats, der sich der Senat im Urteil vom 16.05.07 anschließt, ist einerseits im Hinblick auf den Gesetzeswortlaut des § 12
III 1 Nr. 4 SGB II, der ein selbst genutztes Hausgrundstück von angemessener Größe „oder eine entsprechende Eigentumswohnung“ anspricht, andererseits aber auch aus Praktikabilitätsgründen auf den Fall eines selbst genutzten Einfamilienhauses zu übertragen. Im Grundsatz - also vorbehaltlich etwaiger besonderer Umstände des Einzelfalls - handelt es sich deshalb bei einem von vier Personen bewohnten Einfamilienhaus mit einer Wohnfläche von mehr als 130 m2 (vgl § 39 I 1 Nr. 1 des II. WoBauG - „Familienheime mit nur einer Wohnung - 130 m2“) nicht mehr um ein Hausgrundstück von „angemessener Größe“ i.S. des § 12
III 1 Nr. 4 SGB II.
Demnach ist eine Hausgröße von 117 qm noch im Bereich des angemessenen nach dem WoBauG, wobei dann die Anzahl der Bewohner, in Ihrem Fall 2 zu berücksichtigen ist.
Sie vergeben sich in keinem Fall etwas, wenn Sie den Antrag auf Leistungen nach dem SGB II stellen, da die Besonderheiten des Einzelfalls in Ihrem Fall dafür sprechen, dass das Einfamilienhaus im Sinne des § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 SGB II
als Vermögen unberücksichtigt bleibt.
Das Urteil des BSG vom 16.05.2007 hat die Rechtsprechung des Senats des BSG vom 07.11.06 nicht "gekippt", sondern die Heranziehung der Vorschriften des WoBauG zur Beurteilung der Angemessenheit von Wohnraum sogar bestätigt.
Bei den Wohnflächenwerten nach § 39 WoBauG II (130 qm) handelt es sich um Richtwerte für den Durchschnittsfall. Abweichungen nach oben und unten sind möglich.
Ich empfehle Ihnen sich im Falle eines ablehnenden Bescheides sich auf jedem Fall dagegen mit einem Widerspruch zur Wehr zu setzten, das es immer maßgeblich auf die Besonderheiten des Einzelfalls ankommt und keine pauschalierte Betrachtungsweise sachgerecht ist.
In eine "Zwangsverrentung" kann man Sie auf Grund der von Ihnen abgegebenen Erklärung nicht drängen. Zumal ließe dies nicht die Hilfebedürftigkeit zwangsläufig entfallen. Im Falle einer Zwangsverrentung wären Sie dauerhaft aus dem Erwerbsleben ausgeschieden. Ein Anspruch zur Hilfe zum Lebensunterhalt besteht dann nicht mehr nach dem SGB II sondern nach dem SGB XII.
Der Bedarf ist in beiden Fällen derselbe. Zugegebener Maßen haben Sie dann jedoch ein Einkommen durch die Rentenzahlung. Allerdings ist es, wie bereits oben dargelegt, nicht möglich, Sie in eine Rente zu drängen, wenn Sie dadurch Abzüge der Rentenleistung zu befürchten haben.
Ich hoffe ich konnte Ihnen mit meiner Beantwortung zu Ihrer Zufriedenheit behilflich sein.
Ich wünsche Ihnen ein Gesundes und Frohes Neues Jahr 2008.
Mit freundlichen Grüßen
Marco Liebmann
Rechtsanwalt
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