Sehr geehrter Ratsuchender,
1.
im Telekommunikationsrecht gilt der Anschlussinhaber (Teilnehmer) als Vertragspartner auch der Mehrwertdienste.
§ 3 Nr. 20 TKG
: "Teilnehmer ist jede [...] Person, die mit einem Anbieter von Telekommunikationsdiensten einen Vertrag über die Erbringung derartiger Dienste abgeschlossen hat.
Der Minderjährige wird als (Anscheins-) Bevolmächtigter angesehen.
Daher ist es nicht zu einem Vertrag mit dem Minderjährigen gekommen. Es sind die Vorschriften des Minderjährigenschutzes nicht anwendbar.
In § 45i Abs. 4 S. 1
Telekommunikationsgesetz (TKG) ist geregelt, dass der "Anbieter" "keinen Anspruch auf Entgelt" hat, "[s]oweit der Teilnehmer nachweist, dass ihm die Inanspruchnahme von Leistungen des Anbieters nicht zugerechnet werden kann [...]".
Ein Anspruch des Telekommunikationsanbieters besteht vor allem dann nicht, wenn Fremde von außen das Telefon nutzen.
Die Gerichte gehen bei der missbräuchlichen Nutzung durch Minderjährige von einer Zahlungspflicht aus, wenn der Anschlussinhaber die Nutzung nicht unterbunden hat.
Der Anschlussinhaber muss alle zumutbaren und geeigenten Vorkehrungen treffen, um eine nicht gebilligte Nutzung zu unterbinden.
Wird ein Anschluss für 0900er Nummern nicht gesperrt, so werde die Nutzung dem Anschlussinhaber zugerechnet (LG Bochum, 29.04.2009 - I-4 O 408/08
; LG Saarbrücken, 28.04.2009, 9 O 312/08
; BGH, Urt. v. 16.03.2006
- III ZR 152/05
).
In den genannten landgerichtlichen Entscheidungen ging es um Spielwährungen in fünfstelliger Höhe.
Da Ihr Sohn die Anrufe getätigt hat, haften Sie zunächst einmal grundsätzlich.
2.
Gem. § 45e TKG
haben Sie einen Einzelverbindungsnachweis bereits angefordert.
3.
Ratsam ist es, einen Rechtsanwalt einzuschalten, der - nach Einsicht in alle Unterlagen - die Begründetheit der Forderungen prüft.
Zum Beispiel könnte der Anbieter nicht über die tatsächlich anfallenden Kosten informiert haben, sodass es nicht zu einer Einigung über das Entgelt der Mehrwertdienstleistung gekommen wäre.
Oder aber eine nichtberechtigte (nicht aktiv legitimierte) Firma macht die Forderung geltend.
Unter Umständen kommt eine Anfechtung oder ein Widerruf in Betracht.
4.
Falls die Forderung berechtigt ist (richtiger Forderungsinhaber, rechtmäßige Einbeziehung der AGB, Einigung über den Preis des Mehrwertdienstes; kein Anfechtungs- oder Widerrufsrecht), müssen Sie zahlen.
Bitte nutzen Sie die kostenlose Nachfragefunktion.
Mit freundlichen Grüßen,
Peter Eichhorn
Rechtsanwalt
Antwort
vonRechtsanwalt Peter Eichhorn
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Sehr geehrter Herr Eichhorn,
vielen Dank für die rasche Antwort. Sie schrieben: „Oder aber eine nichtberechtigte (nicht aktiv legitimierte) Firma macht die Forderung geltend."
Deswegen hatte ich den Rechnungssteller in zwei Briefen aufgefordert, mir die Firma oder Firmen zu nennen, welche die Mehrwertdienste anbieten. Als Antwort erhielt ich den Verweis und Adresse eines in London sitzenden Serviceproviders, an den ich mich leider wenden müsse. Nur der könne mir Antworten geben.
Muß ich mich von einer Firma zur nächsten schicken lassen, (bis ich mich womöglich im Sande verlaufe)?
Und vielen Dank für die ergänzende Information bezüglich Onlinespiele des LG Saarbrücken. (Habe ich soeben gelesen) Das ist ein Hoffnungsschimmer am Horizont, denn:
Dieser Fall liegt bei meinem Kind vor. Es hat online gespielt und bekam dort das Angebot, sich durch Anrufen der 0900er Nummern virtuelle Ausrüstungsgegenstände zu besorgen, um das Spiel (leichter) zu gewinnen.
Was raten Sie mir? Gibt es eine Chance, gegen diese Art von Piraterie vorzugehen?
Mit freundlichen Grüßen
PS. Es ist schön, daß Fragen und Antworten öffentlich zugänglich sind, so können hoffentlich noch viele andere davon profitieren, (so habe ich schon einen Querverweis zu ähnlicher Frage gelesen)
Sehr geehrter Ratsuchender,
beauftragen Sie einen Rechtsanwalt in Ihrer Nähe, der die Zahlungsforderung unter Verweis auf das LG Saarbrücken zurückweist.
Ein ausländischer Anbieter hat unter Umständen nicht ordnungsgemäß über die Kosten belehrt oder aber gegen zahlreiche deutsche Informations- und Belehrungspflichten verstoßen.
Der Mehrwertdienste-Anbieter muss seinen Anspruch begünden.
Sie müssen sich mit diesem zunächst nicht auseinandersetzen.
Ein Rechtsanwalt vor Ort kann in Kenntnis aller Umstände entscheiden, wie weiter vorzugehen ist.
Auch auf Grund der genannten Entscheidung stehen die Chancen nicht schlecht.
Mit freundlichen Grüßen
Peter Eichhorn
Rechtsanwalt
Für den Bereich Onlinespiele hat das LG Saarbrücken, Urteil vom 22.6.2011 - 10 S 60/10 die Klage eines Mehrwertdienstleisters wegen Verstoßes gegen die guten Sitten abgewiesen.