Sehr geehrter Fragesteller,
gerne beantworte ich Ihre Frage auf Grundlage der mir vorliegenden Informationen und unter Berücksichtigung Ihres Einsatzes wie folgt:
Die Ansprüche des Nachbarn richten sich nach dem Berliner Nachbarrechtsgesetz. Gem. § 27 NachbarrechtsG Berlin sind für Bäume ein Abstand zwischen 1,50 m und 3 m von der Grenze zum Nachbarn einzuhalten. Der Abstand ist abhängig von der Art des Baumes. Nach Ihrer Darstellung sind diese Grenzabstände eindeutig unterschritten.
Damit steht Ihrem Nachbarn gem. § 31 NachbarrechtsG Berlin ein Beseitigungsanspruch zu. Das bedeutet, daß er grundsätzlich die Beseitigung und damit die Fällung des Baumes verlangen kann. Allerdings gibt es von diesem Grundsatz eine Ausnahme, die hier zu Ihren Gunsten greift: So ist der Beseitigungsanspruch gem. § 32 NachbarrechtsG Berlin ausgeschlossen, wenn mehr als fünf Jahre seit der Anpflanzung vergangen sind, ohne daß der Nachbar Klage auf Beseitigung des Baumes erhoben hat. Diese Frist ist hier eindeutig überschritten, so daß der Beseitigungsanspruch ausgeschlossen ist. Ihr Nachbar kann somit nicht die Beseitigung Ihrer Tanne verlangen.
Ich hoffe, Ihnen eine erste rechtliche Orientierung gegeben zu haben, und verbleibe
mit freundlichen Grüßen
Sonja Richter
- Rechtsanwältin -
Vielen Dank für Ihre Antwort.
Das bedeutet auch, dass der Nachbar nicht verlangen kann, dass wir den Baum auf einer Seite "abrasieren", indem wir alle Äste abschneiden, die auf sein Grundstück ragen (in einer Höhe ab 3 m)? Der Baum würde dann nämlich aus dem Gleichgewicht geraten.
Gruß
makasnel
Sehr geehrter Fragesteller,
die Frage, ob und inwieweit herüberragende Äste abgeschnitten werden dürfen, bestimmt sich nach § 910 BGB
. Danach dürfen herüberragende Äste abgeschnitten werden, wenn diese das Nachbargrundstück beeinträchtigen. Ab wann eine Beeinträchtigung zu bejahen ist, läßt sich nicht generell sagen. Als Beispiel lassen sich hier zwei Urteile nennen: Das AG Norden (Az.: 5 C 884/01
) hat entschieden, daß jedenfalls Äste in einer Höhe von 6 m nicht stören und daher nicht zu beseitigen sind. Das AG Wiesbaden (Az.: 96 C 1504/89
) hat sogar entschieden, daß Äste nur bis Griffhöhe zu entfernen sind. Darüber hinaus beeinträchtigten diese nicht das Nachbargrundstück.
In Ihrem Fall ragen die Äste erst ab einer Höhe von 3 m herüber. Auch ohne die örtlichen Verhältnisse zu kennen, gehe ich davon aus, daß diese Äste das Grundstück des Nachbarn nicht beeinträchtigen. Daher hat er keinen "Abschneide-Anspruch" gem. § 910 BGB
.
Mit freundlichen Grüßen
Sonja Richter
- Rechtsanwältin -